Kürzlich nutzte ich einen freien Tag zu einem Ausflug an den Chiemsee bzw. ganz konkret zur Fraueninsel. Dort war ich zuletzt vor etwa 15 Jahren, allerdings an einem eiskalten Dezemberwochenende zum Christkindlmarkt. Der soll zwar sehr romantisch sein, ist aber meiner Erinnerung nach vor allem eines: hoffnungslos überlaufen. Nun ist der Chiemsee im Sommer auch nicht gerade ein Geheimtipp, dennoch kann man dort auch sehr stille Stunden genießen und sich eine Auszeit vom Alltag nehmen.
Ausgangspunkt meiner Tour war Gstadt am Chiemsee. Hier stellte ich das Auto gleich am Ortsrand auf einem Großparkplatz ab. Nach Auskunft der netten Dame in der Postagentur direkt gegenüber gibt es zwar noch Parkplätze, die näher am See liegen, doch sei dort das Parken teurer. Die Wege sind aber allesamt nicht weit, ich brauchte etwa fünf Gehminuten bis zum Schiffsanleger. Dort hatte ich Glück, das nächste Schiff zur Fraueninsel war schon bereit zum Ablegen, ich kam gerade noch mit. Doch ich hätte auch sonst nicht lange warten müssen, die Schiffe der Chiemsee-Schifffahrt verkehren vor allem im Sommer sehr häufig.
Die Fahrt von Gstadt bis zur Fraueninsel dauert nur wenige Minuten. So früh am Tag – Abfahrt war um 9.50 Uhr – waren noch nicht so viele Leute auf dem Schiff, so dass ich einen schönen Sitzplatz direkt an der Reling bekam und die Aussicht genießen konnte.
Auf der Insel angekommen, führt der Weg quasi geradewegs zum Benediktinerinnenkloster Frauenwörth. Man kann dort auch übernachten, an Seminaren und Exerzitien teilnehmen oder einfach nur die klösterliche Ruhe genießen. Und es gibt wohl kaum einen Inselbesucher, der nicht früher oder später im gut sortierten Klosterladen landet, wo auch einige Produkte aus eigener Herstellung angeboten werden wie zum Beispiel das leckere Marzipan.
Im Inneren des Münsters erinnert eine Kapelle an die selige Irmengard, die einst hier gelebt und gewirkt hat. Zwar sind die historischen Quellen dürftig, doch bis heute gilt die selige Irmengard als Fürsprecherin der Armen. Viele Votivtafeln und Danksagungen in und um die Kapelle verdeutlichen das. So wird der ersten Äbtissin von Frauenwörth unter anderem gedankt für ein lange ersehntes Kind, für Heilung von schwerer Krankheit oder für Hilfe in großer Not. Sehr berührend.
Rund um die Fraueninsel führt ein herrlicher Spazierweg, auf dem man die Insel je nach Tempo in etwa einer Dreiviertelstunde umrunden kann. Doch meist braucht man deutlich länger, denn alle paar Meter lädt eine Bank dazu ein, die herrliche Aussicht auf den See zu genießen. Man sieht von hier aus die Orte und die Landschaft entlang des Sees, im Süden die Alpenkette und davor die benachbarten Inseln: die kleine Krautinsel und die weltberühmte Insel Herrenchiemsee.
Während meines Rundgangs warf ich im Vorbeigehen schon mal einen ersten orientierenden Blick auf die Speisekarten der verschiedenen Restaurants, die allesamt mit herrlichem Seeblick und leckerem, fangfrischen Chiemseefisch lockten. Ich war noch früh dran, die Uhr zeigte gerade mal halb zwölf, doch weil mir nach einer Pause war, landete ich schließlich beim Inselhotel zur Linde, wo ich einen schönen Tisch im wunderbaren Biergarten fand – übrigens keine Minute zu früh, denn auf einmal füllte sich das Restaurant rasend schnell, weil wohl gerade ein größeres Ausflugsschiff angekommen war. Trotz dieses Andrangs wurde ich sehr freundlich und zuvorkommend bedient. Übrigens fühlte ich mich hier als Alleinreisende nicht eine Minute lang unwohl, ich konnte im Gegenteil feststellen, dass hier viele Ausflügler alleine unterwegs waren und wie ich die Entschleunigung genossen.
Nach einem leckeren Essen – Chiemseerenke nach Matjesart mit Salzkartoffeln, mmmmmh! – machte ich mich auf zu dem Ort, der dem Hotel und Restaurant seinen Namen gegeben hat: Dem Lindenplatz mit seinen tausendjährigen Linden, zugleich der höchste Punkt der Insel.
Von hier aus setzte ich meinen Inselrundgang fort und erkundete nun auch die Wege, die nicht direkt am Ufer entlangführen, sondern mitten über die Insel. Es lohnte sich, allein schon wegen der Blumenpracht, aber auch, weil hier erfreulich wenig los war:
Am frühen Nachmittag schließlich bestieg ich ein Schiff zur Herreninsel. Blicke zurück:
Hier war es vorbei mit Ruhe und Beschaulichkeit, aber das hatte ich nicht anders erwartet, schließlich gehört das (neue) Schloss Herrenchiemsee zu den meist besuchten Touristenattraktionen Bayerns. Zu sehen ist es vom Schiff aus noch nicht, am Ufer thront das alte Schloss, das Augustiner-Chorherrenstift. Der Touristentross setzte sich vom Anleger in Richtung Schloss in Bewegung und ich war mittendrin. Zum Glück gibt es einige Wege, die mehr oder weniger parallel verlaufen, so verteilte sich die Menschenmenge bald. Und nach den ersten Metern in der prallen Sonne ging es über herrlich schattige und entsprechend kühle Waldwege, bis ganz plötzlich und unvermittelt das berühmte Königsschloss vor mir auftauchte:
Inzwischen war es richtig heiß geworden und so suchte ich mir erst einmal eine schattige Bank, um von dort aus in Ruhe den Anblick zu genießen. Dann startete ich zu einem kleinen Spaziergang durch die schön gepflegten Parkanlagen. Unvermittelt setzten die Wasserspiele in den zahlreichen Springbrunnen ein. Als großer Brunnen-Fan konnte ich mich hier beim Fotografieren natürlich nicht mehr zurückhalten:
Für den Rückweg zum Schiffsanleger gönnte ich mir und meinen inzwischen schmerzenden Füßen eine Fahrt mit einer der Pferdekutschen, die hier regelmäßig verkehren und erschöpfte Touristen hin und her transportieren. Auf die Innenbesichtigung des Schlosses verzichtete ich, da ich hier früher schon mehrmals war. Jetzt war mir mehr nach einer Pause in einem schattigen Biergarten mit Seeblick, doch obwohl die Herreninsel größer ist als die Fraueninsel, gibt es hier deutlich weniger Gastronomie und die wenigen Restaurants waren an diesem sonnigen Sommertag hoffnungslos überlaufen. Außerdem kann man zwar auf Spazierwegen rund um die Insel laufen, hat dabei aber selten freien Blick auf das Wasser, weil die Wege deutlich weiter im Inselinneren verlaufen. So beschloss ich, zur Fraueninsel zurückzukehren. Bis zur Abfahrt des nächsten Schiffes war aber noch reichlich Zeit, also spazierte ich einfach mal vom Schiffsanleger einen Weg entlang, der nicht zum Schloss führt, sondern genau in die entgegengesetzte Richtung. Und ich hatte Glück: Nach etwa zehn Minuten zweigte rechts ein kleiner Pfad ab, der zwischen Bäumen hindurch bis ans Seeufer führte, zu einer kleinen Badestelle. Zwar hatte ich keine Badesachen dabei, aber die Hosenbeine hochzukrempeln und bis zum Knie ins Wasser zu waten, erfrischte auch schon ganz wunderbar. Zumal man hier auch ganz wunderbar am Ufer sitzen und die Aussicht genießen konnte. Sogar der historische Raddampfer „Ludwig Fessler“ kam vorbei.
Schließlich war es aber doch Zeit, zum Schiffsanleger zurückzukehren. Das nächste Schiff fuhr nicht bis nach Gstadt, sondern nur bis zur Fraueninsel, wo ich umsteigen musste. Da ich ein Rundfahrtticket gekauft hatte, mit dem ich jedes Schiff benutzen konnte, blieb ich zunächst noch ein wenig auf der Fraueninsel. Zwar war es auch hier inzwischen deutlich voller als am Vormittag, dennoch war die Stimmung insgesamt beschaulicher als auf der Nachbarinsel. Ich bummelte noch ein wenig durch die schönen Läden am Seeufer, darunter eine Galerie, eine Töpferei und ein, zwei Geschäfte mit durchaus geschmackvollen Souvenirs. Dann suchte ich mir erneut einen schattigen Platz am Ufer, wo ich die Füße im Wasser baumeln lassen und in den Tag hinein träumen konnte. Erst am späten Nachmittag machte ich mich schließlich auf den Rückweg nach Gstadt – erschöpft, sonnendurchglüht und glücklich.
Auf der Rückfahrt holte ich meinen Mann in Amerang von seiner Arbeitsstelle ab (wo ich ihn am Morgen auch schon abgesetzt hatte, denn der Arme hatte im Gegensatz zu mir nicht frei). Bei einem leckeren Abendessen in einem Restaurant in Wasserburg am Inn ließen wir den Tag gemeinsam ausklingen. Diesen Ausflug würde ich jederzeit wiederholen – aber nur unter der Woche und so früh am Tage wie möglich, um den Touristenmassen zu entgehen.