„Das Schicksal der Schäfflerin“ | |
von Yngra Wieland | |
Bewertung
★★★★☆
|
|
Verlag | Burgenwelt Verlag |
---|---|
Buchform | gebunden, eBook |
Erschienen | Dezember 2016 |
Seiten | 362 |
Erhältlich bei | Buchladen Vaterstetten, AP Buch Baldham |
Genau ein Jahr ist es her, seit ich den Roman „Der Tanz der Schäfflerin“ von Yngra Wieland verschlungen habe, eine Geschichte, die im Jahr 1634 in München spielt und in der man – verpackt in eine spannende Story – ganz nebenbei viel über das Schäfflerhandwerk und die Tradition des Schäfflertanzes erfährt. Nun erschien die Fortsetzung des Romans, die ich bereits mit Spannung erwartet hatte.
Mittlerweile schreiben wir das Jahr 1636, Jakoba und Sylvester sind verheiratet und haben eine kleine Tochter, Anni. Sie leben in München Tür an Tür mit Jakobas Vater Wilhelm in der Himmelsschäfflerei, die Sylvester in naher Zukunft von Wilhelm übernehmen soll. Auch Lene, Jakobas mütterliche Freundin, ist ein oft und gern gesehener Gast, zumal sich zwischen ihr und Wilhelm allmählich zärtliche Gefühle entwickeln. Doch die Idylle ist nur von kurzer Dauer. Lene, eine Kräuterexpertin und Wehmutter, wird zu Maria Anna, der Frau von Kurfürst Maximilian I., gerufen, um dieser in der Schwangerschaft und bei der Geburt beizustehen. Das missfällt nicht nur den Hofärzten, sondern auch Cecilie, Zunftmutter der Münchner Hebammen, die ihre eigenen Intrigen spinnt. Lene wird als Hexe verleumdet und muss fliehen. Zuflucht findet sie zunächst im Angerkloster, von dort aus verlässt sie mit einer Gruppe Nonnen auf Pilgerreise unerkannt die Stadt in Richtung Italien. Das allein macht Wilhelm und Jakoba schon Kummer genug, doch als sie erfahren, dass das Kloster in Mittenwald, wo Lene und die Nonnen übernachten wollten, von marodierenden Schweden niedergebrannt wurde, bricht diese Nachricht vollends Wilhelms Herz.
Dabei gibt es in München noch ganz andere Aufregungen, denn eine Mordserie an kleinen Jungen, die mit durchgeschnittener Kehle aufgefunden werden, erschüttert die Stadt. Vinzent, Sylvesters bester Freund und langjähriger Weggefährte, wird für die Morde verantwortliche gemacht und ins Gefängnis geworfen. Sylvester setzt alles daran, die Unschuld Vinzents zu beweisen. Dabei bringt er sich selbst in große Gefahr und muss den schlimmsten Albtraum seines Lebens ein zweites Mal durchleben.
Jakoba bangt nicht nur um Sylvester, plötzlich wird auch noch ihre Tochter Anni entführt, die Pest bricht wieder aus, es gibt einen Brandanschlag auf die Himmelsschäfflerei, der Viertelshauptmann stellt ihr nach und Jakobas alte Widersacherin Agnes taucht plötzlich wieder auf. Und welche Rolle spielt eigentlich der zwielichtige Dottore Alvise Montecuccioli, ein italienischer Gelehrter, der zu Gast im Hause der Familie Arco ist?
Das Buch ist besonders ab der zweiten Hälfte unglaublich spannend, ein echter „Pageturner“, wobei es mir häufig fast schon zu viel wurde und ich mir dachte: „Oh nein, was kommt denn jetzt noch? Was muss Jakoba noch alles erleiden?“ Manche der Grausamkeiten wurden in drastischer Deutlichkeit beschrieben, was mir oftmals etwas zu heftig war, so dass ich das Buch zuklappen und eine Lesepause einlegen musste. Dabei ist die Geschichte ausgesprochen gut recherchiert und ich hatte beim Lesen unwillkürlich Bilder des mittelalterlichen Münchens vor meinem inneren Auge. Anders als im ersten Roman „Der Tanz der Schäfflerin“ spielen das Schäfflerhandwerk und der Schäfflertanz hier nur eine sehr untergeordnete Rolle. Dafür gibt es aber ein Vorwort von Wilhelm Schmid, der nicht nur der erste Vorsitzende des Fachvereins der Schäffler München ist, sondern auch Geschäftsführer der letzten noch in München ansässigen Fassfabrik.
Sehr hilfreich fand ich das Glossar am Ende des Buches, in dem historische Begriffe wie etwa Pfründner, Schranne, Krötel usw. erläutert sind. Auch die alten Bezeichnungen für die Kalendermonate findet man hier, wie zum Beispiel Gilbhard (Oktober) oder Hartung (November). Außerdem gibt es ein Register mit sämtlichen im Buch vorkommenden fiktiven und realen historischen Personen und als Zuckerl obendrauf ein Rezept für Münchner Lebzelten aus dem 15. Jahrhundert.
Alles in allem hat mir das Buch sehr gut gefallen und ich kann es jedem empfehlen, der gut recherchierte, spannend geschriebene historische Romane liebt.