„Die Oleanderfrauen“ | |
von Teresa Simon | |
Bewertung
★★★★★
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Verlag | Heyne |
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Buchform | Taschenbuch, eBook |
Erschienen | Januar 2018 |
Seiten | 544 als Taschenbuch |
Erhältlich bei | AP Buch Baldham, Buchladen Vaterstetten |
Hamburg 2016: Nach dem Tod ihrer Mutter muss Johanna Martens deren Haus ausräumen. Dabei findet sie ein Medaillon und ein Tagebuch. Das Medaillon enthält das Foto eines ihr unbekannten jungen Mannes und eine getrocknete Oleanderblüte. Das Tagebuch wurde im Jahr 1936 von der damals 16-jährigen Sophie Terhoven begonnen, die als Tochter eines Hamburger Kaffeebarons sehr behütet aufwuchs. Ihr Freund aus Kindertagen ist Hannes Kröger, Sohn von Köchin Käthe. Als die beiden Kinder heranwachsen, wird aus Freundschaft Liebe, doch das wird von Sophies Eltern nicht gern gesehen. Da ist zum einen der Standesunterschied, zum anderen offenbart sich nun ein dunkles Geheimnis von Sophies Vater. Doch es ist zu spät, Sophie ist schwanger. Als nun auch noch ein Geheimnis von Sophies Mutter ans Licht kommt, wird Sophie verstoßen und ist fortan mit ihrer Tochter Marie auf sich allein gestellt – fast, denn zum Glück hält Käthe zu ihr, während ihr Sohn Hannes als Soldat in den Krieg ziehen muss, woran er fast zerbricht. Auch Malte, Sophies langjähriger guter Freund, unterstützt sie nach Kräften. Doch Malte ist schwul und hat deshalb ganz besonders unter den Nationalsozialisten zu leiden. Schließlich bricht der Zweite Weltkrieg aus und bringt noch mehr Leid und Hunger mit sich. Sophie ist oft genug nahe daran, aufzugeben, doch für ihre kleine Tochter nimmt sie jede Pein auf sich, getreu dem Familienmotto „Dum spiro spero – Solange ich atme, hoffe ich“ (Cicero). Schließlich bleibt Sophie kein anderer Ausweg mehr als ein herzzerreißendes Opfer mit dramatischen Auswirkungen bis in die Gegenwart.
Johanna kann kaum mehr aufhören, das Tagebuch zu lesen, obwohl sie keine Ahnung hat, wie diese Aufzeichnungen der ihr fremden Sophie in den Besitz ihrer Mutter gelangt sein könnten. Johanna weiht ihre junge Freundin, die Cafébesitzerin Jule, in ihre Nachforschungen ein. Beide Frauen werden immer tiefer in Sophies erschütternde Geschichte hineingezogen, nichtsahnend, welche Auswirkungen das auch auf sie selbst und auf ihre Familien hat.
Mir ging es beim Lesen dieses Romans wie Johanna beim Lesen des Tagebuchs: Ich konnte einfach nicht mehr aufhören. Der beständige Wechsel der Erzählperspektiven und der Wechsel zwischen Gegenwart und Vergangenheit sorgt immer wieder für Cliffhanger am Ende der Kapitel. Eine leise Ahnung, welcher Art die Verbindung zwischen Johanna und Sophie sein könnte, ließ mich gar nicht mehr ruhen, sondern immer noch gespannter weiterlesen. Anfangs hatte ich mich gewundert, warum im Titel eines Buches, das in Hamburg spielt, die eher mediterrane Pflanze Oleander vorkommt, doch das erklärt sich im Laufe der Lektüre.
Nach „Die Frauen der Rosenvilla“ und „Die Holunderschwestern“ ist dies der dritte Roman der Münchner Autorin Teresa Simon und er ist mindestens so gelungen wie seine Vorgänger. Ganz nebenbei erfährt man bei der Lektüre auch einiges an Wissenswertem über Kaffee, seine Herstellung und Zubereitung. Und wie schon in den beiden ersten Romanen finden sich auch hier im Anhang wieder leckere Rezepte zum Nachbacken. Außerdem weckte das Buch bei mir viele Erinnerungen an eigene Reisen nach Hamburg, die mich unter anderem auch zur Speicherstadt Kaffeerösterei geführt hatten.
Alles in allem ein sehr aufwühlender, bewegender Roman, über den ich auch nach dem Ende der Lektüre noch einige Zeit nachgedacht habe. Ein absolutes Muss für Liebhaber von akribisch recherchierten Romanen, die tatsächliche historische Begebenheiten mit einer spannenden Geschichte verknüpfen. Wahrlich ein gelungener Auftakt für das Lesejahr 2018!