„Rendezvous im Café de Flore“ | |
von Caroline Bernard | |
Bewertung
★★★★★
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Verlag | Aufbau Verlag |
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Buchform | Taschenbuch, eBook |
Erschienen | November 2016 |
Seiten | 432 als Taschenbuch |
Erhältlich bei | AP Buch Baldham, Buchladen Vaterstetten |
Eine spannende Geschichte aus Paris, die auf zwei Zeitebenen spielt: 2015 unternimmt Marlène mit ihrem Mann eine Reise nach Paris. Es ist der vergebliche Versuch, ihre angeknackste Ehe zu retten, denn in Paris werden in Marlène die Erinnerungen wach an die Zeit, als sie hier als Kunststudentin ihre erste große Liebe erlebte. Bei einem Besuch im Musée d’Orsay entdeckt Marlène ein Bild des eher unbekannten Malers David Marlowe Scott. Die darauf abgebildete Frau gleicht Marlène bis hin zum Leberfleck neben der Augenbraue. Marlène kommt es vor, als blicke sie in einen Spiegel, doch das Bild ist 1939 entstanden – wie kann das sein? Das fragt sich auch Étienne, ein Kunsthistoriker, der zufällig neben Marlène steht. Die beiden kommen ins Gespräch und beschließen, gemeinsam nach dem Maler und seinem Modell zu forschen. Doch das Ergebnis ist zunächst eher mager.
Wieder zuhause, spricht Marlène mit ihren Eltern, denn sie ist sich sicher, dass das Modell eine Verwandte von ihr sein muss. Tatsächlich finden sie heraus, dass es sich um Vianne, Marlènes Großtante, gehandelt hat, die aber von ihrer Familie totgeschwiegen wurde, auch Marlènes Vater wusste nichts von der Existenz seiner Tante, doch warum? Immer tiefer taucht Marlène in die Geschichte von Vianne ein und erfährt dabei immer mehr über diese starke Frau, die dadurch zu einem Vorbild für ihr eigenes Leben wird, denn es wird Zeit für Marlène, einige Weichen neu zu stellen.
Parallel erzählt der Roman von Vianne, die 1928 als junges Mädchen aus einem strengen Elternhaus ausbricht, um in Paris ihr Glück zu suchen. Ihr Traum ist es, als Botanikerin zu arbeiten und tatsächlich ergattert sie eine Stelle im Jardin des Plantes. Auch privat findet sie ihr Glück mit dem englischen Maler David. Doch ihr Glück ist nur von kurzer Dauer, denn der Ausbruch des Zweiten Weltkrieges steht kurz bevor. David muss Frankreich verlassen und erfährt nicht, dass Vianne ein Kind von ihm erwartet. Der kleine Sohn wächst in Südfrankreich bei einer Amme auf, während Vianne in Paris für ihren Lebensunterhalt arbeitet, auch wenn die Trennung von Kind und Geliebtem ihr schier das Herz zerreißt. Durch ihren Chef im Jardin des Plantes kommt Vianne zur Résistance, der Widerstandsbewegung, die im Untergrund gegen Hitler arbeitet. Anfangs schreibt Vianne nur Flugblätter und verteilt sie heimlich, doch dann versteckt sie einen Flüchtling und bringt andere Flüchtlinge illegal über die Grenze, wodurch sie sich selbst immer mehr in Lebensgefahr bringt. Wie lange kann das gutgehen, bevor sie entdeckt wird?
Ich konnte diesen Roman kaum aus der Hand legen, so spannend fand ich ihn. Da ist zum einen die Geschichte von Vianne, einer mutigen Frau, die ihr Leben sehr selbstständig führt zu einer Zeit, als dies für Frauen noch alles andere als selbstverständlich ist. Für ihren großen Traum und für ihre große Liebe ist sie bereit, ihr Leben zu riskieren.
Auf der anderen Seite ist Marlène, die mir in ihrem Handeln oft zu zögerlich und zu duldsam ist und aus Gewohnheit und Bequemlichkeit in einer Beziehung ausharrt, die schon lange nicht mehr glücklich, ja oft sogar demütigend ist. Doch ich habe es geliebt, mit Marlène durch Paris zu streifen und an ihrer Seite die Stadt zu entdecken, abseits der ausgetretenen Touristenpfade. Wenn Marlène in kleinen Gassen und teils noch mittelalterlich anmutenden Vierteln unterwegs ist, dann ist das so schön beschrieben, dass ich die Szenen bildlich vor Augen hatte. Ich muss diese Stellen im Roman unbedingt noch einmal lesen, mir dabei die Straßennamen notieren und dann selbst einmal in Paris auf Entdeckungsreise gehen. Mein Mann, dem ich von dem Buch erzählt habe, war von dieser Reiseidee sofort begeistert.
Viel gelernt habe ich außerdem über den Widerstand in Frankreich während des Krieges. Nun ist über den Zweiten Weltkrieg ja schon viel geschrieben worden und ich habe zu diesem Thema auch schon etliche Romane gelesen. Die Résistance wurde dabei aber nur höchst selten behandelt, bisher habe ich nur ein Buch gelesen, das auch in diese Richtung geht, nämlich „Eine Liebe in der Provence“ von Tanja Schlie. So offenbarte dieser Roman auch auf der geschichtlichen Ebene viel Neues für mich. Deshalb eine ganz klare Leseempfehlung.