„Wie man die Zeit anhält“ | |
von Matt Haig | |
Bewertung
★★★☆☆
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Verlag | dtv |
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Buchform | gebunden, eBook |
Erschienen | April 2018 |
Seiten | 379 Seiten als gebundenes Buch |
Erhältlich bei | AP Buch Baldham, Buchladen Vaterstetten |
Tom Hazard wurde 1581 geboren – und lebt heute immer noch. Er hat eine Veranlagung, die verschiedene Aspekte des natürlichen Alterungsprozesses extrem verlangsamt ablaufen lässt. Er ist also nicht unsterblich, doch er sieht mit über 430 Jahren noch immer aus wie ein Vierzigjähriger.
Was zunächst verlockend klingen mag (schließlich lebt davon eine ganze Industrie von Anti-Aging-Produkten), ist in Wahrheit eine große Bürde. Bis zu seinem 13. Lebensjahr alterte Tom noch ganz normal, doch mit 18 sah er immer noch aus wie mit 13 – und das fiel in einem kleinen Dorf in Suffolk im Jahre 1599 natürlich auf. Tom stammt eigentlich aus einer französisch-hugenottischen Adelsfamilie, musste dann aber mit seiner Mutter nach England fliehen, wo beide unter ärmlichen Bedingungen zurückgezogen lebten. Wie es scheint, nicht zurückgezogen genug: Toms Mutter wurde der Hexerei bezichtigt und getötet.
Heute lebt Tom in London und arbeitet als Geschichtslehrer. Niemand kann das Fach so lebendig unterrichten wie er – kein Wunder, hat er das alles doch selbst erlebt: Er war mit Shakespeare im Globe Theatre, mit Captain Cook auf Reisen, kannte Scott Fitzgerald, Josephine Baker und zahlreiche andere Größen ihrer Zeit. Doch er war in ständiger Gefahr: Blieb er irgendwo zu lange, erregte er Misstrauen. Hexenverfolgung, Irrenhaus oder die moderne Forschung, das waren die Bedrohungen, denen er ausgesetzt war.
Im Jahre 1891 lernte er Hendrich und die Albatros-Gesellschaft kennen: So erfuhr er, dass es außer ihm noch andere Menschen mit der gleichen Veranlagung gibt. Viele davon haben sich in der Albatros-Gesellschaft zusammengeschlossen, so genannt, weil Albatrosse im Ruf standen, sehr lange zu leben, im Gegensatz zu den normalen Menschen, den Eintagsfliegen. Hendrich bot Tom an, ihn unter seine Fittiche zu nehmen, ihm alle acht Jahre eine neue Identität zu geben und für ihn zu sorgen. Dafür sollte er allerdings hin und wieder einen Auftrag für ihn ausführen, der meist darin bestand, andere Albas aufzuspüren und zur Gesellschaft zu bringen. Manchmal aber lautete der Auftrag auch, einen unliebsamen Mitwisser „zum Schutz der Gesellschaft“ zu töten.
Und noch eine Bedingung gab es: „Du darfst dich niemals verlieben. Niemals lieben. Niemals von der Liebe träumen.“ Kein Problem für Tom, hat er doch seine große Liebe Rose bereits 1623 an die Pest verloren. Denn Rose war eine Eintagsfliege und damit im Gegensatz zu Tom anfällig für Krankheiten. Nie wieder, glaubt Tom, kann er je so lieben. Allerdings hatten Rose und er eine gemeinsame Tochter, Marion, die Toms Veranlagung geerbt hat. Doch Marion ist verschwunden und Tom setzt bis heute alles daran, sie wiederzufinden, wobei ihn die Gesellschaft unterstützen soll.
Aber an seiner Londoner Schule gibt es eine Kollegin, die Französischlehrerin Camille. Tom fühlt sich zu ihr hingezogen, doch er weiß, dass er sich nicht auf eine Beziehung einlassen darf, zumal er Camille so in große Gefahr bringen würde. Er hat genug mit sich selbst zu tun, mit seinen schlimmen Kopfschmerzen, die durch die Flut an Erinnerungen hervorgerufen werden, und mit seiner Melancholie, die er dem Verlust von Rose und Marion ebenso verdankt wie der Erkenntnis, dass die Menschheit in all den Jahrhunderten nicht wirklich klüger geworden ist…
Ich bin bei der Münchner Bücherschau auf dieses Buch aufmerksam geworden, angezogen durch das wunderschöne Cover und den Klappentext. Während ich noch mitten in der Lektüre war, wurde die Geschichte vom Leserportal Lovelybooks mit dem Leserpreis 2018 in der Kategorie Romane ausgezeichnet. Trotzdem: Ich fand das Buch vor allem in der ersten Hälfte ausgesprochen anstrengend und ermüdend. Ich konnte selten mehr als fünf, sechs Seiten lesen, ohne darüber einzunicken. Dabei ist der Schreibstil angenehm zu lesen, doch das Buch transportierte eine negative Stimmung, die mich regelrecht fertig gemacht hat. Denn Tom hat wahrlich keine Freude an seinem Leben, hat schon viele Verluste erlitten, die er über Jahrhunderte mit sich herumschleppen musste – kein Wunder, dass er depressiv ist und das überträgt sich direkt auf den Leser. Das Buch spielt quasi in der Gegenwart, in die immer wieder Episoden aus der Vergangenheit als Erinnerungen eingestreut werden, allerdings nicht chronologisch. Meist dient dieses Stilmittel dazu, die Spannung zu erhöhen, hier ist das meiner Meinung nach nicht gelungen.
Besser wurde es erst in der zweiten Hälfte des Buches, als Tom beginnt, sein Dasein in seiner jetzigen Form in Frage zu stellen. Am Ende des Romans wurde es sogar noch richtig dramatisch, so dass ich die letzten 70 Seiten fast in einem Rutsch gelesen habe. Insgesamt bleibt aber der Eindruck, dass die Lektüre etwas mühsam war. Schade, denn vom Ansatz her fand ich die Story richtig gut.