Zeit des Mutes

Erstellt am 15.1.19. Kategorie: Buchrezensionen
„Zeit des Mutes“
von Christiane Lind
Bewertung
★★★★★
Verlag Nova MD
Buchform Taschenbuch
Erschienen November 2018
Seiten 392
Erhältlich beiAP Buch Baldham, Buchladen Vaterstetten

Bei meiner letzten Lektüre ging es unter anderem um das Thema Frauenrechte, da bot es sich an, gleich mit diesem Roman weiterzumachen, um das Ganze noch etwas zu vertiefen. Denn sowohl in England als auch in Deutschland jährte sich im Jahre 2018 die Einführung des Frauenwahlrechts zum 100. Mal und zeitlich passend dazu ist dieser Roman erschienen.

Das Buch spielt im Jahre 1913 und erzählt von Emma aus Braunschweig, die von ihren Eltern zu Verwandten nach England geschickt wird, einerseits, um einen gesellschaftlichen Skandal zu vertuschen und andererseits, um dort einen Heiratskandidaten zu finden. Emma kommt also nach Hazelwell Manor, wo sie Percival, den Sohn der Familie trifft. Der allerdings macht sich über die plumpe Deutsche nur lustig, doch das ändert nichts an Emmas Schwärmerei für ihn.

Parallel wird die Geschichte von Lucy erzählt, die als Hausmädchen auf Hazelwell Manor arbeitet, um mit dem Verdienst ihre Familie zu unterstützen, die nach dem Tod des Vaters in Armut geraten ist. Lucys Arbeit ist hart, zumal sie unter den Dienstboten des Hauses auf der untersten Stufe steht. Dennoch bietet die Stellung ihr eine gewisse Sicherheit und ein Dach über dem Kopf.

Eines Tages geschieht auf Hazelwell Manor ein tragisches Unglück, an dem Percival schuld ist, was aber außer Emma niemand weiß. Stattdessen wird Lucy die Schuld gegeben, sie wird mit Schimpf und Schande davon gejagt und flüchtet nach London. Dort schlägt sie sich als Wäscherin durch und muss sich gegen ihren übergriffigen Onkel zur Wehr setzen. Hilfe bekommt sie schließlich von Eleanor Ingham, einer leidenschaftlichen Suffragette, also einer Kämpferin für Frauenrechte. Auch Lucy setzt sich fortan vehement für diesen Kampf ein.

Emma erpresst indessen Percival mit ihrem Wissen zur Heirat, doch die Ehe steht – wen wundert’s – unter keinem guten Stern. Das Paar zieht nach London, wo auch Emma zufällig auf Eleanor und damit auch wieder auf Lucy trifft. Frustriert von ihrem Leben, das sie in ein enges Korsett aus Konventionen zwingt, ist Emma neugierig auf die Arbeit der Suffragetten, auch wenn sie die Gewalttaten verurteilt, die damit mittlerweile einher gehen. Bei einer Kundgebung werden Eleanor, Emma und Lucy verhaftet und landen im Gefängnis Holloway. Wie schon ihr Idol Emmeline Pankhurst, die bekannte Suffragette und Anführerin der Frauenrechtlerinnen, treten sie in den Hungerstreik und werden zwangsernährt. Nach qualvollen Tagen werden Eleanor und Emma aus dem Gefängnis entlassen, doch was ist mit Lucy?

Und dann ist da auch immer noch Percival, dem es natürlich überhaupt nicht passt, dass seine Frau sich mit den Suffragetten eingelassen hat. Als Emma die Scheidung verlangt, lässt er seine Kontakte spielen und sorgt dafür, dass sie England verlassen muss…

Ich habe den Roman am Sonntag Nachmittag angefangen und habe ihn gestern, am Montag, vormittags beendet – daran sieht man schon, dass das Buch ein wahrer Pageturner ist! Da die Geschichte abwechselnd aus Emmas und Lucys Perspektive erzählt wird, bleibt es immer abwechslungsreich und spannend. Sehr schön beschrieben fand ich die Hierarchie und die Arbeitsabläufe in einem großen englischen Herrenhaus Anfang des 20. Jahrhunderts. Und mindestens genau so interessant waren auch die Erläuterungen im Buchanhang, vor allem zum Kampf der Suffragetten und die dazu gehörige Zeittafel. Beinahe erschüttert hat es mich, dass z.B. in der Schweiz erst im Jahre 1971 das Frauenwahlrecht eingeführt wurde, da war ich schon geboren. Noch später dran waren Portugal (1976) und Liechtenstein (erst 1984!). Das hat mir schon zu denken gegeben und verdeutlicht wieder einmal, wie kostbar unser Wahlrecht doch ist.

Fazit: Ein unglaublich spannender Roman zu einem wichtigen Thema. Unbedingt lesen!