„Das Vermächtnis von Granada“ | |
von Ulrike Schweikert | |
Bewertung
★★★★☆
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Verlag | Blanvalet |
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Buchform | gebunden, Taschenbuch, eBook |
Erschienen | März 2016 als Taschenbuch |
Seiten | 512 Seiten als Taschenbuch |
Erhältlich bei | AP Buch Baldham, Buchladen Vaterstetten |
Aller guten Dinge sind drei: Frisch zurück aus dem Andalusien-Urlaub (Reisebericht folgt) kommt hier nun noch meine dritte und letzte Buchvorstellung eines Romans, der in Andalusien spielt. Wieder wurde es ein historischer Roman, diesmal aber aus einer ganz anderen Sichtweise geschrieben als das zuvor gelesene „Die Nacht von Granada“ von Brigitte Riebe.
Dieser Roman spielt auf zwei Zeitebenen: Die historische Ebene beginnt im Jahr 1476, als die beiden Cousinen Teresa und Jimelda die kastilische Königin Isabel als Hofdamen auf ihren Reisen begleiten. Isabel und ihr Mann Ferdinand sind mitten in ihrer Reconquista, der Rückeroberung der von den Mauren seit Jahrhunderten besetzten Gebiete. Auch die Inquisition beginnt und richtet sich zunächst gegen die Juden. Der Inquisitor Tomás de Torquemada flößt den Cousinen Angst ein, denn beide verfügen über gewisse seherische Fähigkeiten, die sie in den Augen Torquemadas zu möglichen Hexen machen. Als der Hof gerade in Córdoba weilt, geschieht ein Unglück: Von Torquemada in die Enge getrieben, weicht Teresa immer weiter zurück, bis sie schließlich über ein morsches Balkongeländer in die Tiefe stürzt und bewusstlos liegen bleibt. Erst eineinhalb Jahre später erwacht sie aus ihrem Koma.
Im Jahr 2012 besucht die deutsche Journalistin Isaura das Land ihrer Vorfahren. In Tordesilla nahe Valladolid hat sie von ihrer Großtante ein Haus geerbt. Hier hat sie auch den Arzt Marco kennengelernt, mit dem sie eine Liebesbeziehung eingeht. Gemeinsam unternehmen die beiden eine Reise nach Andalusien, auf den Spuren des Buches „La Caminata de la edad“ (die Reisende durch die Jahrhunderte), das Isaura mit wachsender Faszination liest und das die Geschichte von Isabel von Kastilien erzählt.
Doch immer wieder erlebt Isaura in einer Art Vision Szenen aus dem 15. Jahrhundert in einer Deutlichkeit, als sei sie selbst dabei gewesen. Beispielsweise steht sie in Sevilla auf dem von Touristen bevölkerten Platz vor der Kathedrale und wähnt sich plötzlich zwar am selben Ort, jedoch inmitten einer Szene, die sich dort im Jahr 1481 zugetragen hat: Das erste große Autodafé, bei dem konvertierte Juden auf dem Scheiterhaufen verbrannt wurden. Marco ist besorgt und glaubt, dass Isaura sich zu sehr in ihre Lektüre von „La Caminata“ hineinsteigert. In Córdoba kommt es schließlich zur Katastrophe: Bei der Besichtigung des Alcazar, des königlichen Palastes, stürzt Isaura und fällt ins Koma.
Sie erwacht im 15. Jahrhundert im Körper von Teresa und erlebt fortan als diese die Rückeroberung Granadas und die Schicksalsjahre von Königin Isabel bis zu deren Tod, während Marco in der Gegenwart verzweifelt versucht, Isaura wieder zu Bewusstsein zu bringen. Als die Wochen vergehen und Isaura weiterhin im Koma liegt, schmiedet er einen wahnwitzigen Plan…
Zu Beginn fand ich diese Geschichte ausgesprochen verwirrend. Von Isauras Vorgeschichte wird vieles als bekannt vorausgesetzt und folglich nur in knappen Nebensätzen ohne weitere Erklärung erwähnt, so dass ich mir manches Mal dachte: Hä, hab ich was verpasst? Hab ich was überlesen? Immer stärker wurde meine Vermutung, dass es zu diesem Buch eine Vorgeschichte geben muss und tatsächlich: Das Buch „Das kastilische Erbe“ erzählt das, was diesem Roman vorausgegangen ist. Schade nur, dass das im Buch selbst nirgends erwähnt wird, weder im Klappentext noch sonst irgendwo, das hätte mir viel Verwirrung erspart und ich hätte von Vorneherein mit dem ersten Roman angefangen.
Aber auch so kam ich schließlich gut in die Lektüre hinein. Hier wird die Geschichte Andalusiens während der Reconquista quasi aus der Sicht Isabels bzw. ihrer ihr treu ergebenen Hofdamen erzählt und somit aus einer gänzlich anderen Perspektive als im oben erwähnten Roman von Brigitte Riebe. Allerdings fehlt auch eine kritische Betrachtung nicht, dadurch, dass Isaura zu Teresa wird und fortan zwar im 15. Jahrhundert lebt, aber mit ihrem Wissen aus dem 21. Jahrhundert.
Der Roman umspannt den Zeitraum von 1476 bis 1504, dabei erfährt man sehr viel über Isabels Leben und Wirken, ihre Schlachten und Kreuzzüge, wobei mir diese Schilderungen manchmal etwas zu detailliert und zu blutrünstig waren, aber diese Zeit war eben leider so grausam. Anders als der Buchtitel vermuten lässt, spielt das Buch nicht nur in Granada, sondern u.a. auch in Sevilla, Córdoba, Ronda und vielen anderen Orten Andalusiens, was für mich als Reisevorbereitung besonders erfreulich war.
Alles in allem ein spannendes Buch mit einem etwas fantastischen Element dank der Zeitreise von Isaura. Einen Punktabzug gibt es für die Verwirrung am Anfang, ich kann jedem nur empfehlen, zunächst Band 1 dieser Geschichte zu lesen, das erspart sicher viele Fragezeichen.
Der Roman ist 2014 als gebundene Ausgabe erschienen, zwei Jahre später dann als Taschenbuch und eBook.