„Die Schwestern vom Ku'damm: Wunderbare Zeiten“ | |
von Brigitte Riebe | |
Bewertung
★★★★★
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Verlag | Wunderlich |
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Buchform | gebunden, eBook |
Erschienen | September 2019 |
Seiten | 480 |
Erhältlich bei | AP Buch Baldham, Buchladen Vaterstetten |
Vor einem Jahr erschien „Jahre des Aufbaus“, der erste Band von Brigitte Riebes Trilogie rund um die Schwestern vom Ku’damm. Die Trilogie erzählt das Schicksal dreier Schwestern im Berlin der Nachkriegsjahre, beginnend mit dem Kriegsende 1945 bis hinein in die 1960er-Jahre. Im ersten Band stand Rike, die älteste der drei Schwestern, im Mittelpunkt, im jetzt neu erschienenen zweiten Band „Wunderbare Jahre“ dreht sich alles um die mittlere Tochter Silvie.
Der Roman beginnt im Jahr 1952: Nach den ersten harten Jahren floriert das familieneigene Kaufhaus Thalheim endlich wieder und überhaupt merkt man zumindest in Westberlin endlich den Aufschwung, der im Rest der BRD schon eingesetzt hat: Die Menschen können sich endlich wieder etwas leisten, die Jugend tanzt Rock’n’Roll, die Petticoats schwingen und mit der Berlinale kommt auch wieder etwas Glamour in die Stadt. Auch Silvie schwimmt auf einer Erfolgswelle, zumindest beruflich: Ihre Arbeit beim Rundfunksender RIAS macht ihr Spaß und mit „Stimmen“ bekommt sie eine eigene Sendung, die von den Hörern sehr gut angenommen wird und in die Silvie sehr viel Herzblut steckt.
Wenn nur privat auch alles so gut liefe… Silvie hat leider das Talent, sich immer in die falschen Männer zu verlieben. Nun ist es Wanja, ein aufstrebender Schauspieler, der ihr Herz entflammt und sie ständig zwischen himmelhochjauchzend und zu Tode betrübt taumeln lässt. Silvies 30. Geburtstag naht und ihr Traum von Mann, Haus und Kind scheint so weit entfernt wie eh und je.
Und dann ist da auch noch Oskar, ihr Zwillingsbruder, der erst vor wenigen Monaten als Spätheimkehrer aus russischer Gefangenschaft zurückgekehrt ist. Schwer traumatisiert, wird er von Vater Friedrich dennoch sofort in die Geschäftsleitung des Kaufhauses geholt, sehr zum Kummer von Rike, die sich nach allem, was sie in den letzten Jahren geleistet hat, zurückgesetzt fühlt, zumal Oskar sich einige folgenschwere Fehlentscheidungen leistet. Silvie hat alle Hände voll zu tun, zwischen ihren Geschwistern zu vermitteln und Oskar immer wieder aufzubauen.
War Silvie im ersten Band noch eher die Leichtfertige, Flatterhafte, so wird sie im zweiten Band als diejenige mit dem großen Herzen dargestellt, diejenige, die sich um all ihre Lieben kümmert, ob es nun der Zwillingsbruder ist, die aus Israel zurückgekehrte jüdische Freundin Miriam, die aufsässige kleine Schwester Flori, die älteste Schwester Rike samt ihrer angeheirateten italienischen Verwandtschaft oder die ehemalige Familie ihres Onkels Carl, die in Ost-Berlin lebt und dort zunehmend in Schwierigkeiten gerät.
Aktuelle politische Geschehnisse der Zeit, wie etwa der Volksaufstand in der DDR am 17. Juni 1953, aber auch die Fußballweltmeisterschaft 1954 werden geschickt in die Geschichte eingewoben und zur Rahmenhandlung für so manche dramatische Entwicklung. Die Frankfurter Buchmesse im Herbst 1954 hat für Silvies ganz persönliches Schicksal eine entscheidende Bedeutung und gibt ihrem Leben eine vollkommen neue Richtung. So ist der Titel „Wunderbare Zeiten“ manchmal fast ironisch zu verstehen, denn während die BRD und West-Berlin insgesamt betrachtet tatsächlich Jahre des Aufschwungs erleben, so hat die Familie Thalheim doch auch in den Jahren 1952 bis 1957 (hier endet das Buch) so manchen Rückschlag zu verkraften. Auch einige Abschiede für immer müssen Silvie und ihre Familie verkraften. Und vor allem das letzte Kapitel hält noch einige Paukenschläge bereit, die schon jetzt neugierig auf den dritten Teil machen.
Wieder einmal schließt sich für mich mit dieser Lektüre ein Kreis: So hatte ich vor eineinhalb Jahren den Roman „Der Himmel über unseren Träumen“ von Heidi Rehn gelesen, der in den 1950er-Jahren in München spielt, und gerade eben erst den Roman „Kastanienjahre“ von Anja Baumheier, der das Leben in der DDR beschreibt, beginnend im Jahr 1950. So habe ich von dieser Zeit nun einen sehr guten Eindruck aus verschiedenen Perspektiven gewinnen können. Sehr hilfreich war dabei auch diesmal die ausführliche Zeittafel im Anhang von Brigitte Riebes Roman.
Im dritten Band „Tage der Hoffnung“, der im kommenden Frühjahr erscheinen soll, wird es dann um die jüngste Schwester Florentine gehen. Ich muss gestehen, mit ihr bin ich bislang noch nicht so recht warm geworden, sie macht bisher nur durch irgendwelche Eskapaden auf sich aufmerksam, wirklich einfühlen konnte ich mich in sie noch nicht. Umso gespannter bin ich aber auf ihre Geschichte.