Kreizkruzefix

Erstellt am 17.3.20. Kategorie: Buchrezensionen
„Kreizkruzefix“
von Monika Pfundmeier
Bewertung
★★★☆☆
Verlag Servus Verlag
Buchform Taschenbuch, eBook
Erschienen März 2020
Seiten 318
Erhältlich beiAP Buch Baldham, Buchladen Vaterstetten

Alle zehn Jahre finden im bayerischen Oberammergau die Passionsspiele statt, ein ganz besonderes Theaterstück rund um das Leiden Christi. Fast der ganze Ort macht mit, die männlichen Darsteller dürfen sich schon Monate vorher nicht mehr rasieren oder die Haare schneiden lassen und die Besucher kommen von weit her. Regisseur der Passionsspiele ist seit 1990 Christian Stückl, der Intendant des Münchner Volkstheaters. Im vergangenen Sommer durfte ich Stückl bei der Eröffnung der Theatertage der bayerischen Gymnasien kennenlernen, die an unserem hiesigen Gymnasium stattfanden und deren Schirmherr Stückl war (im verlinkten Bericht ganz nach unten scrollen).

Kein Wunder also, dass ich sehr neugierig auf diesen Krimi von Monika Pfundmeier war, da dieser in Oberammergau kurz vor Beginn der Passionsspiele spielt. Hauptfigur der Geschichte ist Theres, die nach längerer Zeit in Wien zurück in die Heimat gekommen ist, wo sie die elterliche Metzgerei übernommen und modernisiert hat. Nicht jeder im traditionsbewussten Ort findet Gefallen an der Modernisierung, schon gar nicht Theres‘ Vater. Ähnliche Erfahrungen macht auch das Ehepaar Thaller, das seine Landwirtschaft aufgegeben hat und stattdessen auf dem Bauernhof eine Gin-Destillerie gründet. Die aufwändige Werbekampagne richtet sich an trendige Hipster in den Großstädten.

Doch eines Tages findet Theres das Ehepaar Thaller tot auf seinem Hof – ermordet. Die Gerüchteküche im Ort brodelt, obwohl versucht wird, den Ball flach zu halten, schließlich sind es nur noch wenige Tage bis zum Beginn der Passionsspiele. Manch einer im Ort denkt gar, Theres selbst sei die Mörderin. Schließlich ist sie nicht nur Metzgerin, sondern auch Jägerin, kann also mit Messern und anderen Waffen umgehen und hat einen kräftigen Körper.

Dann taucht die junge Influencerin Alessia aus Hamburg in Oberammergau auf, die ehrgeizige Marie, Hauptdarstellerin der Passionsspiele, will endlich richtig Karriere machen, der Co-Regisseur der Passionsspiele ist zugleich Geschäftsführer der Marketingagentur, die sowohl Marie als auch die Thallers vertritt, der Pfarrer (Theres‘ Jugendfreund) hat eine heimliche Leidenschaft fürs Online-Gaming und die beiden attraktiven jungen Kommissare werden allzu oft in Theres‘ Gegenwart gesichtet. Und dann geschieht ein weiterer Mord…

Leider bin ich von Anfang an nicht mit Theres warm geworden. Sie ist ein sehr sperriger Charakter, sehr zynisch und wortkarg, der sich nicht gern in die Karten schauen lässt, auch nicht vom Leser. So fiel es mir schwer, mit ihr mitzufühlen oder gar mitzufiebern. Und einige ihrer Handlungen waren für mich einfach nicht nachvollziehbar. Als sie beispielsweise die beiden Leichen der Thallers entdeckt, erscheint sie wenig schockiert, sondern macht sich daran, im Haus der Thallers herumzuschnüffeln. Sie denkt sogar daran, Fotos zu machen. Dabei erweckt sie nicht den Eindruck einer neugierigen Möchtegern-Miss Marple, sondern wirkt kühl und berechnend, so dass ich mich gefragt habe, ob sie womöglich selbst etwas zu verbergen hat, das die Ermittler nicht sehen sollen. Auf der anderen Seite tauscht sie sich mit den Kommissaren intensiv aus und diese nehmen das auch dankbar an. Wäre es nicht eher normal, dass die Polizei Theres ermahnt, nicht auf eigene Faust herumzuschnüffeln und sich aus den Ermittlungen herauszuhalten?

Erst im letzten Drittel konnte mich der Krimi etwas mehr fesseln. Das war, als der dritte Mord passierte – ein Opfer, das ich so gar nicht auf dem Schirm hatte, weshalb mich dieser Tod recht betroffen gemacht hat. Auch den Täter hatte ich lange Zeit nicht auf dem Schirm, so dass die Auflösung für mich sehr überraschend war, das Motiv jedoch durchaus schlüssig.

Alles in allem fand ich den Krimi etwas zäh zu lesen, was auch am Schreibstil lag, der sehr umgangssprachlich gehalten war, mit viel wörtlicher Rede in oft sehr ruppigem Tonfall. Manche Dialoge kamen auch arg gewollt lustig daher, das waren dann die Momente, in denen ich mir dachte: „Hallo? So redet doch kein Mensch, schon gar nicht angesichts eines Mordfalls!“

Sehr interessant und übersichtlich fand ich hingegen den Anhang des Krimis. Da gibt es viele Informationen und eine Zeittafel zu den Passionsspielen, weiterführende Links sowie ein Nachwort der Autorin, das zum Nachdenken über althergebrachte Traditionen und ihre Bedeutung in Zeiten der Veränderung anregt.

Alles in allem eine recht unterhaltsame, aber nicht ganz einfache Lektüre, vielleicht aber auch einfach nur das falsche Buch zur falschen Zeit für mich. Auf der Webseite der Autorin kann man sich selbst einen Eindruck verschaffen, denn dort gibt es weitere Infos sowie eine Leseprobe zum Buch. Wie im Klappentext erwähnt wird, handelt es sich hier wohl um den Beginn einer Krimireihe. Vielleicht enthüllen die Folgebände dann etwas mehr von Theres und ihrer Geschichte.