„Die Seebadvilla“ | |
von Kathleen Freitag | |
Bewertung
★★★★★
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Verlag | HarperCollins |
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Buchform | Taschenbuch, eBook |
Erschienen | März 2020 |
Seiten | 316 |
Erhältlich bei | AP Buch Baldham, Buchladen Vaterstetten |
Eigentlich wollten mein Mann und ich vor zwei Jahren Urlaub auf Usedom machen. Ich hatte mich monatelang darauf gefreut, Bücher gelesen, die dort spielen, und hier auf meinem Blog sogar ein „Usedom-Spezial“ veranstaltet. Doch dann mussten wir die Reise aus familiären Gründen stornieren. Diesen Sommer wollten wir einen zweiten Anlauf wagen, doch auch diesmal ist es – Corona-bedingt – unsicher, ob die Reise stattfinden kann. Ich bleibe erstmal vorsichtig optimistisch und schüre meine Hoffnung auch diesmal wieder mit einem Buch, das vor Ort spielt.
Der Roman „Die Seebadvilla“ spielt im Jahr 1952 im Seebad Ahlbeck auf Usedom. Dort betreibt Grete mit ihren heranwachsenden Töchtern Henni und Lisbeth die Pension „Ostseeperle“ unter denkbar schwierigen Bedingungen. Zum einen ist Gretes Mann im Krieg verschollen, noch immer geht Grete jeden Tag zum Bahnhof und hofft vergebens darauf, dass ihr Gustav zurückkehrt. Zum anderen ist die DDR gerade im Aufbau, es herrscht Mangelwirtschaft und die privaten Betreiber von Hotels und Gaststätten werden unter Druck gesetzt, ihre Betriebe dem FDGB, dem Freien Deutschen Gewerkschaftsbund, zu überlassen. Vor allem der SED-Genosse Heinz Ebert macht Grete das Leben schwer.
Die ältere Tochter Henni ist brav und gewissenhaft und tut alles, um ihrer Mutter zu helfen. Ganz anders Nesthäkchen Lisbeth: Mit ihren 15 Jahren ist sie ein richtiger Backfisch, sie interessiert sich für Jungs, Partys und Musik und ist lieber mit ihren Freundinnen unterwegs, als ihrer Mutter bei der Arbeit in der Pension zu helfen. Ihr vorlautes Mundwerk sorgt für so manchen Ärger, doch da Lisbeth als Kind sehr schwer krank war und noch immer unter Asthma leidet, drückt Grete meist ein Auge zu. Bei all ihren Sorgen entgeht ihr, dass Henni sich zum ersten Mal so richtig verliebt. Doch Kurt ist ausgerechnet der Neffe von Heinz Ebert.
Vierzig Jahre später, also im Jahr 1992 kurz nach der Wende, entdeckt die Münchner Studentin Caroline im Nähatelier ihrer Mutter Henriette zufällig ein altes Foto, das drei Frauen auf den Stufen einer Villa zeigt. Eine der drei Frauen ist Henriette, eine weitere muss Carolines Großmutter sein, doch wer ist die dritte Frau? Das Foto lag einem Schreiben bei, das von einer Anwaltskanzlei aus Greifswald stammt und Henriette darüber informiert, dass sie als Geschädigte der DDR das Recht auf Rückübertragung ihres Eigentums habe. Caroline weiß so gut wie gar nichts über die Vergangenheit ihrer Mutter, doch die blockt alle Fragen ab, es kommt zu einem bösen Streit. So reist Caroline schließlich zu ihrer mittlerweile dementen Großmutter nach Berlin und von dort aus weiter nach Ahlbeck, um auf eigene Faust die Vergangenheit ihrer Familie zu erforschen.
Die Geschichte wird aus wechselnden Perspektiven erzählt, zu Wort kommen Grete, Henni und Lisbeth in den Jahren 1952 und 1953, dazwischen immer wieder Caroline und bisweilen auch Henriette im Jahr 1992. Diese Kapitel, die in der jüngeren Vergangenheit spielen, empfand ich anfangs eher als störende Unterbrechung, zu spannend waren die Geschehnisse in Ahlbeck anno 1952. Erst ganz zum Schluss schließt sich der Kreis zwischen den beiden Erzählsträngen und gegen Ende der Geschichte habe ich mehrmals Rotz und Wasser geheult, denn die geschilderten Vorgänge in der DDR während der „Aktion Rose“, in der etliche Hotel- und Gaststättenbetreiber drangsaliert, unter teils fadenscheinigen Vorwänden verhaftet, verurteilt und ins Gefängnis gesteckt wurden, haben mich ziemlich mitgenommen. Gerade jetzt in Corona-Zeiten, wo manche ihre mangelnde Freiheit aufgrund der Ausgangsbeschränkungen beklagen, rücken diese Beschreibungen die Relationen wieder zurecht und mir wurde beim Lesen wieder einmal bewusst, was für ein kostbares Gut unsere Freiheit, auch die Meinungsfreiheit, doch ist.
Sollte es mit unserer Usedom-Reise heuer doch noch klappen, so werde ich unter dem Eindruck dieses Romans die herrlichen Bädervillen sicher mit anderen Augen sehen und an die wechselvolle Geschichte der Orte denken. Und außerdem hoffe ich, dass die Autorin irgendwann eine Fortsetzung schreibt, denn die Geschichte von Henriette und Caroline ist mit dem Jahr 1992 noch lange nicht zu Ende erzählt.
Eine Leseprobe zum Roman gibt es übrigens auf der Homepage des Verlages.
PS: Zum Abschluss noch eine Bitte:
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(ausführlichere Infos dazu gibt es auch in meinem Beitrag Buchladen statt Amazon)