„Die Schokoladenvilla - Zeit des Schicksals“ | |
von Maria Nikolai | |
Bewertung
★★★★★
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Verlag | Penguin |
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Buchform | Taschenbuch, eBook |
Erschienen | Oktober 2020 |
Seiten | 640 |
Erhältlich bei | AP Buch Baldham, Buchladen Vaterstetten |
Vor zwei Jahren wurde der erste Teil der Trilogie rund um „Die Schokoladenvilla“ veröffentlicht und seitdem bin ich ein großer Fan der Geschichte, die letztes Jahr mit „Die Schokoladenvilla – Goldene Jahre“ ihre Fortsetzung fand. Nun ist endlich mit „Zeit des Schicksals“ der dritte und letzte Teil der Trilogie erschienen, den ich bereits mit Spannung erwartet habe.
Dennoch war mir, als ich das Buch angefangen habe, etwas beklommen zumute. Denn die Geschichte spielt im Jahr 1936, deshalb war schon klar, dass den Figuren, die mir inzwischen so ans Herz gewachsen sind, noch schlimme Zeiten bevorstehen werden. Die Tragik beginnt für Judith Rheinberger mit einem privaten Schicksalsschlag, als ihr geliebter Mann Victor überraschend stirbt. Nun muss Judith die Geschäfte der Schokoladenfabrik Rothmann alleine führen, was ihr, von Trauer gelähmt, sehr schwerfällt. Zum Glück kommt ihr Tochter Viktoria zu Hilfe, die gerade in Frankreich ihre Ausbildung zur Chocolatière absolviert hat. Doch die Nazis machen ihnen das Leben schwer, denn es wird nicht gerne gesehen, dass „Weiberleute“ ein Unternehmen führen. So setzt Ortsgruppenleiter Weber die beiden unter Druck, die Firma zu verkaufen, was Judith rundheraus ablehnt.
Zeitgleich macht sich Andrew Miller auf den Weg von New York nach Stuttgart. Andrew ist Leiter der Firma SweetCandy, der Victor Rheinberger einst ein Darlehen gewährt hat. Nun hat SweetCandy große finanzielle Probleme, die Great Depression wirkt noch nach, zudem scheint jemand der Firma bewusst schaden zu wollen und Andrew kann den Kredit nicht zurückzahlen. Er kann nur hoffen, dass Judith sich bereit erklärt, das Darlehen zu verlängern. Er ahnt nicht, dass die Schokoladenfabrik Rothmann gerade selbst große Probleme hat.
Währenddessen finden in Berlin die Olympischen Spiele statt und Nazi-Deutschland gibt sich noch einmal weltoffen und tolerant und wiegt damit nicht nur das Ausland, sondern auch die eigene Bevölkerung in trügerischer Sicherheit. Auch Judith, ihre Zwillingsbrüder Karl und Anton und ihre Familien hoffen noch, dass alles doch nicht so schlimm werden wird wie befürchtet. Und Judiths Sohn Martin hat zur Zeit ohnehin ganz andere Probleme, denn er kommt einem wohlgehüteten Familiengeheimnis auf die Spur, das sein ganzes Leben auf den Kopf stellt.
Kaum sind die Olympischen Spiele jedoch vorbei, zeigt das Nazi-Regime wieder sein wahres Gesicht. Viele jüdische Mitarbeiter der Schokoladenfabrik verlassen das Land. Und plötzlich droht Weber Judith sogar mit Enteignung. Bedeutet das das Ende der Firma Rothmann? Es scheint nur einen Ausweg zu geben und der führt Viktoria nach New York…
Dieses Buch anzufangen war wie ein Wiedersehen mit liebgewonnenen Freunden, deshalb war ich auch in Nullkommanichts wieder mittendrin in der Geschichte und habe voller Sorge und Mitgefühl das Schicksal der Familie Rothmann/Rheinberger mitverfolgt. Wie schon die Vorgängerbände wird auch dieser Roman aus wechselnden Perspektiven erzählt und es gibt verschiedene Handlungsorte, was zusätzlich für Spannung und so manchen Cliffhanger sorgt. Es werden ein paar neue Figuren in die Geschichte eingeführt und es gibt ein Wiedersehen mit früheren Nebenfiguren, die nun wieder auf der Bildfläche erscheinen und für zusätzliche Aufregung sorgen.
Man kann diesen Roman auch lesen, wenn man die beiden Vorgängerbände nicht kennt, denn alles, was man aus der Vorgeschichte wissen muss, wird erklärt. Aber es empfiehlt sich doch, alle drei Bände der Reihe nach zu lesen, um alle Zusammenhänge richtig zu erfassen. Außerdem ist es einfach schön, die Entwicklung der Figuren mitzuerleben und die Kinder aus Band 1 quasi aufwachsen zu sehen.
Am Ende des Buches gibt es ein Glossar, in dem wichtige Begriffe und reale Personen der damaligen Zeit näher erklärt werden. In ihrem Nachwort erläutert die Autorin zudem den historischen Hintergrund. Sie schreibt dort (Zitat): „Eine Familiensaga wie die Schokoladenvilla in die Zeit des Nationalsozialismus zu führen, dabei die Leichtigkeit und das Glitzern zu erhalten, das diese Geschichte von Beginn an ausmacht, ohne wiederum die ernsthafte Auseinandersetzung mit jenem düsteren Zeitabschnitt völlig zu vermeiden – das war eine der Herausforderungen beim Konzipieren und Ausarbeiten des vorliegenden dritten Teiles.“ Ich finde, Maria Nikolai hat diese Herausforderung ganz wunderbar gemeistert, denn bei aller Beklommenheit, die ich beim Lesen oft empfand, vor allem natürlich bei den Kapiteln, die in Nazi-Deutschland spielen, so hat dieser Roman doch gleichzeitig mein Herz gewärmt und mir beim Lesen wohlige Gefühle verschafft – ein Segen gerade jetzt in Corona-Zeiten.
Es gibt nur einen winzigen Nachteil an der Geschichte: Sie macht so wahnsinnig Lust auf Schokolade! Obwohl – ist das denn überhaupt ein Nachteil? 😉