„Presssack und Olive“ | |
von Reinhard Seibold | |
Bewertung
★★★☆☆
|
|
Verlag | Spielberg |
---|---|
Buchform | Taschenbuch, eBook |
Erschienen | Januar 2020 |
Seiten | 277 |
Erhältlich bei | Spielberg-Verlag, Buchladen Vaterstetten |
Wisst Ihr, was ein Presssack (auf dem Buchcover Preßsack geschrieben) ist? Dabei handelt es sich um eine bayerische Spezialität, die anderswo auch unter den Namen Schwartenmagen, Blunzen oder Saumagen existiert. Die gehört zu den Lieblingsspeisen von Bene, Protagonist dieser Geschichte. Außerdem liebt Bene Weißwürste, Weißbier und seine bayerische Heimat, die er noch nie verlassen hat. Er hat auch gar nicht das Bedürfnis, woanders hinzufahren, seine weiteste Reise führte ihn auf den Wendelstein. Und seit ihn seine Vroni verlassen hat, hat er sich noch mehr zurückgezogen. Er ist sozusagen das wandelnde Klischee eines Urbayern: ständig am Granteln, trägt nur Lederhose, alles Fremde ist ihm erstmal suspekt.
Doch zu seinem 60. Geburtstag beschließen seine Freunde, dass es so nicht weitergehen kann. Durch eine List findet sich Bene schließlich da, wo er nie sein wollte: In einem Reisebus auf dem Weg nach Italien, eingezwängt zwischen lauter fremden Menschen, die allesamt ihre mehr oder weniger liebenswerten Macken haben. Schon die Anreise gestaltet sich abenteuerlich und als der Bus schließlich in der Cinque Terre ankommt, wird es nicht besser für Bene, denn statt Presssack, Weißwürsten und Weißbier gibt es hier Pizza, Pasta und Vino. Allerdings gibt es hier auch Valentina, die sich von Benes schlechter Laune nicht beeindrucken lässt. Dafür beeindruckt sie den Bene, der so ganz allmählich beginnt, die Welt mit anderen Augen zu sehen…
Reinhard Seibold ist eigentlich Theaterbuchautor, Schauspieler, Regisseur und Kabarettist. Das Stück „Tutto Bene“ hat er für seine Theatergruppe, das Haager Komödienbrettl, geschrieben und erst später auch einen Roman daraus gemacht. Entsprechend enthält die Geschichte sehr viel bayerische Mundart! Das macht es für jemanden, der des Bayerischen nicht mächtig ist, bestimmt sehr schwer, den Dialogen zu folgen. Ich habe damit zwar keine Probleme, empfinde das Lesen von Dialekten generell aber als eher anstrengend, weil das, was da geschrieben steht, irgendwie immer komisch aussieht und so ganz anders als das, was man beim Dialekt im Ohr hat – zumal es ja bei jedem Dialekt auch viele regionale Unterschiede gibt.
Die Geschichte fand ich sehr lustig und unterhaltsam, allerdings sind die einzelnen Figuren doch sehr stark überzeichnet: Neben Bene gibt es da noch den aufdringlichen Staubsaugervertreter nebst Gattin, die nur noch an der Kreditkarte ihres Mannes Gefallen findet, die Familie mit resoluter Mutter, die ihren Mann mit „Vati“ anspricht und ansonsten nie zu Wort kommen lässt (da musste ich immer an Gerhard Polt und Gisela Schneeberger in ihrem Film „Man spricht deutsh“ denken!), das dauerknutschende Liebespärchen, eine Moralapostel-Mutter mit altjüngferlicher Tochter… alles in allem kann ich mir die Geschichte sehr gut als Theaterstück vorstellen, auch unsere Brettlbühne Vaterstetten hätte sicherlich ihre helle Freude daran. Als Roman hingegen fehlt mir da doch ein klein wenig der Tiefgang und das Mehrschichtige der Personen. Aber eine unterhaltsame Lektüre für zwischendurch ist es allemal.
Eine Leseprobe des Romans kann man sich auf der oben verlinkten Artikelseite des Buchladens Vaterstetten herunterladen. Darüber hinaus gibt es auch noch eine sehr schöne Lesung aus dem Roman auf YouTube: Dabei konnte Autor Reinhard Seibold sogar einige Filmszenen einspielen, denn er ist mit seiner Theatergruppe nach Italien gereist und hat dort den zweiten Akt als Spielfilm gedreht. Näheres dazu erzählt er bei seiner Lesung, die ich wirklich empfehlen kann.