„Dampfer ab Triest“ | |
von Günter Neuwirth | |
Bewertung
★★★★★
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Verlag | Gmeiner |
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Buchform | Taschenbuch, eBook |
Erschienen | März 2021 |
Seiten | 471 |
Erhältlich bei | genialokal.de (Affiliate-Link, siehe Infos hier) |
Schon seit längerem hege ich den Wunsch, einmal nach Triest zu reisen. Dieser Wunsch wurde noch stärker, seit ich „Die Tränen von Triest“ von Beate Maxian gelesen habe. Denn die Stadt, die heute zu Italien gehört und an der Grenze zu Slowenien liegt, hat eine spannende Geschichte, gehörte einst zu Österreich-Ungarn und war ein wichtiger Freihafen und für die Donaumonarchie der Zugang zum Mittelmeer. Von hier starteten Handelsrouten u.a. nach Alexandria, Konstantinopel und Bombay. Triest gilt als westliches Ende der Seidenstraße. Ein Erzählstrang des o.g. Romans spielt in der Zeit um 1914 und etwas früher, nämlich im Jahr 1907, ist diese Geschichte hier angesiedelt, die ich als historischen Kriminalroman bezeichnen würde.
Hauptfigur ist der Triestiner Kommissar Bruno Zabini, angesichts einer österreichischen Mutter und eines italienischen Vaters ein Paradebeispiel für die kosmopolitische Hafenstadt. Als in Triest ein Mordanschlag auf den Grafen Urbanau verübt wird, bei dem dessen Chauffeur ums Leben kommt, weckt das beim Statthalter von Triest große Besorgnis. Zwar lehnt der Graf Polizeischutz ab, dennoch wird Bruno Zabini dazu verdonnert, den Grafen unauffällig zu beobachten und zu beschützen. Das bedeutet, dass er ebenso wie der Graf und dessen Tochter Carolina an Bord des Dampfers „Thalia“ gehen muss, als dieser zu einer Vergnügungsfahrt in Richtung Konstantinopel aufbricht.
Bruno ist davon wenig begeistert, er ist eine Landratte und erwartet auf dem Schiff nichts als Langeweile. Doch weit gefehlt: Bei einem Landgang wird plötzlich der Schiffskommissär Paolo vermisst und schließlich erschlagen am Fuße einer Klippe aufgefunden. Und wenig später scheint es an Bord Diebe zu geben, die vom Grafen Urbanau höchstpersönlich mit der Schusswaffe verjagt werden. Dann wird Carolina entführt und der Graf setzt alles daran, seine Tochter wieder zu finden, tatkräftig unterstützt von Bruno Zabini. Und das ist noch längst nicht das letzte von vielen aufregenden Ereignissen an Bord.
Auf dem Schiff macht Bruno die Bekanntschaft vieler unterschiedlicher Passagiere: Da sind mehrere junge und alte Paare, eine forsche Reiseschriftstellerin, ein armer Künstler (Carolinas Liebhaber, von ihr heimlich an Bord geholt), ein Schiffssteward, der sich als unehelicher Sohn des Grafen Urbanau entpuppt, eine berühmte Musikerin aus Prag samt ihrer hübschen Töchter, zwei wortkarge allein reisende Männer – und als besondere Überraschung kommt in Konstantinopel auch noch Brunos heimliche Geliebte Luise an Bord. Der Kommissar hat also alle Hände voll zu tun, um den Grafen und seine Tochter zu beschützen.
Der Kriminalfall an sich ist hochgradig spannend und wartet mit einigen überraschenden Wendungen auf. Die Geschichte ist aus wechselnden Perspektiven geschrieben, eine davon ist die des Mörders, der für den Leser etwa in der Mitte des Buches enttarnt wird, was der Spannung aber keinen Abbruch tut, denn das Motiv des Mörders ist trotzdem noch lange Zeit unklar.
Besonders gefallen hat mir an diesem Roman die Sprache, die – soweit ich das beurteilen kann – perfekt die damalige Zeit und auch die herrliche österreichische Färbung wiederspiegelt. Ein Beispiel:
„Ihr müsst mir die Ehre eines Tanzes erweisen.“
Carolina lächelte Bruno geschmeichelt an. „Mit dem größten Vergnügen.“
„Ich antizipiere, dass das Vergnügen im Übermaß auf meiner Seite liegen wird.“
„Wie charmant Sie sein können, Herr Zabini.“ (Zitat)
Und wie eingangs schon erwähnt, zeichnet der Roman ein ganz wunderbares Bild von Triest zu Beginn des 20. Jahrhunderts, zu einer Zeit, als der Österreichische Lloyd ein bedeutendes Schifffahrtsunternehmen war. Eines seiner Flagschiffe war das Dampfschiff „Thalia“, das zunächst als Frachtschiff, später als Passagierschiff eingesetzt wurde. 1907 wurde es zum Schiff für Vergnügungsfahrten umgebaut und gilt als das älteste (nicht das erste) Kreuzfahrtschiff überhaupt. Wie die Stadt Triest kann auch der Dampfer auf eine sehr wechselvolle Geschichte zurückblicken.
Der aus Wien stammende Autor Günter Neuwirth hat beim Gmeiner-Verlag bereits zahlreiche Krimis veröffentlicht. Für mich war es das erste Buch dieses Autors, aber hoffentlich nicht das letzte, denn der Schreibstil hat mir sehr gut gefallen. Auf der Autorenhomepage habe ich zudem gelesen, dass „Dampfer ab Triest“ der erste Teil einer Trilogie rund um Triest anno 1907 sein soll, d.h. ich kann mich schon jetzt auf zwei weitere Teile freuen. Für Teil 1 kann ich auf jeden Fall eine ganz klare Empfehlung aussprechen.
[Als Werbung gekennzeichnet, da Rezensionsexemplar erhalten]