„Lang taucht ab“ | |
von Thea Fischer | |
Bewertung
★★★★★
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Verlag | Aufbau Verlag |
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Buchform | Taschenbuch, eBook |
Erschienen | Juli 2020 |
Seiten | 286 |
Erhältlich bei | AP Buch Baldham, Buchladen Vaterstetten |
Auf diesen Krimi bin ich durch die Empfehlung einer Blogger-Kollegin aufmerksam geworden und da die Geschichte am wunderschönen Ammersee spielt, war mein Interesse sofort geweckt. Mehr noch: Die Autorin ist wie ich Lokaljournalistin (Thea Fischer ist ein Pseudonym) und in diesem Krimi geht es um genau das, was uns im beruflichen Alltag am meisten beschäftigt: Lokalpolitik. Wie spannend das sein kann, zeigt dieses Buch auf eindrucksvolle Weise – aber zum Glück geht es im realen Leben deutlich unblutiger zu!
Journalistin Petra Rosenberger soll eine Reportage über den Fischfang am Ammersee schreiben, als sie im Wasser eine Leiche treiben sieht. Bei dem Toten handelt es sich um Moritz Lang, einen jungen Mann, der wenige Wochen zuvor zum Landrat gewählt wurde, seitdem aber spurlos verschwunden war. Ganz offensichtlich handelt es sich hier nicht um einen Unfall, sondern um Mord und schnell gibt es gleich mehrere Verdächtige: Langs politische Konkurrenten gehören ebenso dazu wie einige von Petras Freunden – ja sogar ihre Mutter, die in einem Seniorenheim lebt, gerät ins Visier der Polizei.
Also beginnt Petra auf eigene Faust zu ermitteln und dabei stellt sich bald heraus, dass Moritz Langs Weste längst nicht so blütenweiß war wie allseits angenommen. Hier macht das Buch einen Zeitsprung: In einer Rückschau wird das letzte Jahr im Leben des aufstrebenden jungen Politikers erzählt und der Leser erfährt, wie trickreich und zielstrebig Lang vorging, um als Ortsfremder dennoch eine so steile Politkarriere in Bayern zu machen. Dabei ist ihm jedes Mittel recht, Hauptsache, niemand erfährt von seiner wahren Herkunft! Am Ammersee wird er herzlich aufgenommen, vor allem von der Damenwelt: Marlene Hirsch, die Witwe des früheren Bürgermeisters, nimmt ihn unter ihre Fittiche und stellt die ersten Kontakte zur Lokalpolitik her. Sie selbst kandidiert als Bürgermeisterin für das Dorf Otterschwing, Moritz Lang wird als Kandidat für den Posten des Landrats von Landsthal aufgebaut. So engagiert beide ihren Wahlkampf führen, so unterschiedlich sind doch die Methoden, derer sie sich dabei bedienen. Am Ende kommen beide in die Stichwahl, doch für Moritz endet die Wahlnacht tödlich.
Hier landet die Geschichte wieder bei der Ausgangssituation, in der Petra Rosenberger, unterstützt von ihren Freunden, die Ermittlungen aufnimmt. Denn die Polizei hat sich längst auf einen Verdächtigen festgelegt, der jedoch seine Unschuld beteuert und sich selbst als Bauernopfer sieht. Allerdings gerät Petra bei ihren Nachforschungen schließlich selbst in höchste Gefahr…
Dieses Buch ist in mehrfacher Hinsicht ungewöhnlich. Da sind zunächst einmal die beiden Kapitel am Anfang, die aus Sicht der Leiche geschrieben sind. Man liest also quasi Moritz Langs Gedanken, während er tot im See treibt und auch später noch einmal, als er in der Pathologie ist und von einem prunkvollen Begräbnis träumt. Auch den Zeitsprung in der Geschichte fand ich etwas ungewöhnlich, denn in den meisten anderen Büchern wird ja eher von Kapitel zu Kapitel abgewechselt zwischen Gegenwart und Rückblende in die Vergangenheit. Hier aber gibt es nach Kapitel 6 einen harten Cut und die Geschichte setzt ein Jahr zuvor ein, um von dort an chronologisch bis zur Gegenwart zu erzählen, bis in Kapitel 16 (von insgesamt 19) wieder der Zeitpunkt kurz nach Kapitel 6 erreicht ist. Der Leser ist mit seinem Wissen damit der Ermittlerin Petra ein gutes Stück voraus.
Glücklicherweise tut das der Spannung aber keinen Abbruch, denn die ganze Geschichte ist so rasant und abwechslungsreich erzählt, dass keine Langeweile aufkommt. Ich persönlich fand die vielen Schilderungen aus dem Wahlkampf sehr spannend, denn da bei uns in Bayern 2020 Kommunalwahl war, ist es noch nicht allzu lange her, dass ich all dies selbst hautnah miterlebt habe – zumal auch mein Sohn für unseren Gemeinderat kandidiert hat (und auch gewählt wurde). Die im Buch geschilderte Stimmung am Wahlabend, wenn sich Kandidaten und Angehörige im Rathaus versammeln, um gemeinsam die ersten Hochrechnungen zu verfolgen, konnte ich sehr gut nachempfinden – inklusive der obligatorischen Computerpannen, die die Stimmauszählung verzögern. Aber zum Glück sind bei uns im Landkreis alle Kandidaten heute noch am Leben!
Witzig fand ich auch, dass die Geschichte zwar am Ammersee angesiedelt ist, die Orte aber verfremdet wurden. Das Dorf Otterschwing ist fiktiv und steht laut Autorin exemplarisch für eine kleine Landgemeinde im Hinterland des Sees. Andere Ortsnamen sind hingegen leicht auf ihr reales Vorbild zurückzuführen: Die Kreisstadt Landsthal heißt sicher nicht zufällig so ähnlich wie die reale Kreisstadt Landsberg. Aus dem Ort Herrsching wurde Frausching, das berühmte Kloster Andechs, das oberhalb Herrschings thront, durfte seinen Namen sogar behalten. Auf jeden Fall hatte ich beim Lesen des Buches immer ein deutliches Bild der Schauplätze vor Augen, was ich besonders schön fand.
„Lang taucht ab“ ist der zweite Teil einer Krimiserie, die im Juni 2018 mit „Bürgermeister Hirsch geht baden“ begann. Ich kenne diesen ersten Teil leider noch nicht und vor allem zu Beginn des zweiten Teils hatte ich manchmal das Gefühl, dass mir Vorwissen fehlt, denn auf die Vorgeschichte wird mehrmals Bezug genommen. Unter anderem erfährt man darin wohl, wie Marlenes Mann, eben jener Bürgermeister Hirsch, ums Leben kam. Auch dessen Jugendfreund Sepp Bledschneider, der im zweiten Band eine wichtige Rolle spielt, wird in Band 1 wohl näher vorgestellt. Gerade bei ihm würde mich die Vorgeschichte sehr interessieren. So muss ich nun also baldmöglichst diesen ersten Band noch nachholen und dann hoffe ich sehr auf eine Fortsetzung, denn bestimmt lassen sich rund um die Reporterin Petra Rosenberger noch viele weitere spannende Geschichten erzählen.
PS: Ein bisschen erinnerte mich das gesamte Setting an eine andere Krimireihe einer anderen Autorin, nämlich an Inga Perssons „Tod am Ammersee.“ Während mir dort der erste Band noch sehr gut gefallen hat, war ich von den Folgebänden eher enttäuscht, vor allem von Band 3, „Nacht über dem Ammersee.“ Die Ähnlichkeit beruht vor allem darauf, dass beide Serien am Ammersee angesiedelt sind und die Lokalpolitik eine wichtige Rolle spielt. Wie ich gerade entdeckt habe, wird Band 4 von Inga Perssons Reihe wohl diesen Mai erscheinen. Aber ich glaube, ich warte lieber auf einen hoffentlich dritten Band von Thea Fischer.