„Die Schwestern vom Ku'damm: Ein neuer Morgen“ | |
von Brigitte Riebe | |
Bewertung
★★★★★
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Verlag | Wunderlich |
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Buchform | gebunden, eBook |
Erschienen | September 2021 |
Seiten | 480 |
Erhältlich bei | AP Buch Baldham, Buchladen Vaterstetten |
Auf dieses Buch habe ich mit Spannung gewartet: Mit „Ein neuer Morgen“ hat Brigitte Riebe nun den gelungenen Abschluss ihrer Romanreihe rund um die Schwestern vom Ku’damm vorgelegt – eine Reihe, die ursprünglich mal als Trilogie angekündigt war, sich nun aber (inklusive eines Weihnachts-Kurzromans) auf eine Pentalogie, also einen Fünfteiler ausgedehnt hat.
Diesmal steht Miriam im Mittelpunkt, die vierte der Thalheim-Schwestern. Ihr Leben wird auf zwei Zeitebenen erzählt: Da ist einmal die „Gegenwart“ des Romans, der in den Jahren 1966 bis 1971 spielt. In Rückblicken wird aber zudem Miris Schicksal in den letzten Kriegsjahren erzählt, die sie als jüdisches „U-Boot“ im Untergrund in Berlin verbracht hat. Was sie in dieser Zeit durchmachen musste, geht wirklich unter die Haut – mir beim Lesen ebenso wie Miris Mitmenschen, denen sie in den 1960ern erst nach langem Zögern davon erzählt.
Lange Zeit hat Miri diese Erlebnisse so gut wie möglich verdrängt. Doch dann begegnet sie eines Tages ganz zufällig Moritz wieder, einem jungen Mann, der sie seinerzeit zusammen mit seiner Mutter vor den Nazis versteckt hatte. Ihm verdankt sie ihr Leben und plötzlich kommen all die alten Gefühle wieder in Miri hoch, auch die für Moritz, in den sie einst sehr verliebt war. Und auch Moritz scheint noch immer viel für sie zu empfinden.
Doch die Zeiten haben sich geändert: Seit Jahren ist Miri eigentlich mit Schani glücklich verheiratet, die beiden haben eine gemeinsame Adoptivtochter, Jenny, und nun stellt sich auch noch heraus, dass Miri nach Jahren vergeblichen Hoffens schwanger ist. All das stürzt sie in ein unglaubliches Gefühlschaos und ihre Ehe in eine Krise. Und Jenny befindet sich sowieso gerade mitten in der Pubertät und liegt ständig mit ihrer Mutter im Clinch, was zunehmend an beider Nerven zerrt.
Auch im Modehaus Thalheim gibt es neue Herausforderungen: Es wird Zeit für frischen Wind und Modernisierungen und schließlich stellt sich auch die Frage, wie die Führung des Unternehmens geregelt werden soll, wenn Patriarch Friedrich einmal nicht mehr ist. Auch da wartet auf Miri und ihre Schwestern noch so manche unliebsame Überraschung.
Neben Miri geht es in diesem Buch aber auch sehr viel um ihre Tochter Jenny. Durch sie kann man die damalige Zeit mit den Augen eines Teenagers erleben: die Beatles, die Studentenrevolten, die Kommune 1 mit Uschi Obermaier, die Wahl Willy Brandts zum Bundeskanzler und und und… wieder einmal erlebt der Leser bei der Lektüre die Zeit, in der der Roman spielt, quasi hautnah mit, was manchmal sehr beklemmend ist. Besonders interessant fand ich persönlich in diesem Zusammenhang die Schilderung vom Besuch des Schahs von Persien, die Ermordung von Benno Ohnesorg, die Studentenproteste und die Anfänge der Baader-Meinhof-Gruppe (RAF) – an die Fahndungsplakate kann ich mich aus meiner Kindheit noch sehr gut erinnern. Viel zum Thema RAF habe ich dann auch in Tanja Kinkels Roman „Schlaf der Vernunft“ gelernt, was nun dank dieses Romans wunderbar abgerundet wurde.
So ist der Autorin auch hier wieder ein sehr, sehr spannender und lehrreicher Roman gelungen, gleichzeitig ein grandioser Abschluss der Ku’damm-Saga. Allerdings kann ich nur dringendst dazu raten, die Romane in ihrer Reihenfolge zu lesen, denn für das Verständnis der Ereignisse sind die Vorkenntnisse aus den früheren Romanen sehr hilfreich. Wie schon beim vierten Band hätte ich mir zudem auch hier ganz dringend ein Personenregister gewünscht. Denn im Laufe der Jahre ist die Thalheim-Familie sehr gewachsen, die Lektüre des letzten Buches ist schon eine ganze Weile her und so habe ich zwischendurch ein wenig den Überblick verloren, wer nun wie mit wem verwandt oder verschwägert oder befreundet ist, das war mir anfangs tatsächlich alles ein wenig zu verworren, aber schließlich bin ich dann doch wieder gut in die Geschichte hinein gekommen.
Als sehr hilfreich habe ich den Buchanhang mit dem geschichtlichen Überblick der Jahre 1966 bis 1971 empfunden. Insgesamt umspannt die Buchreihe nun den kompletten Zeitraum vom Ende des Zweiten Weltkriegs bis zu meiner Geburt 🙂 Hier nochmal die chronologische Reihenfolge:
Jahre des Aufbaus: erschienen im Oktober 2018, spielt von 1945 bis 1951, handelt vor allem von der ältesten Schwester Rike
Weihnachten am Ku’damm: erschienen im Oktober 2020, spielt im Dezember 1946, Weihnachtskurzroman
Wunderbare Zeiten: erschienen im September 2019, spielt von 1952 bis 1957, handelt vor allem von der mittleren Schwester Silvie
Tage der Hoffnung: erschienen im April 2020, spielt von 1958 bis 1963, handelt vor allem von der jüngsten Schwester Flori
Ein neuer Morgen: erschienen im September 2021, spielt von 1966 bis 1971, handelt vor allem von der „neuen“ Schwester Miriam
Besonders erwähnenswert finde ich auch die wunderschönen Buchcover, die anhand der Mode der Titelheldinnen sehr gut die jeweilige Zeit widerspiegeln: