Rehragout-Rendezvous

Erstellt am 27.9.21. Kategorie: Buchrezensionen
„Rehragout-Rendezvous“
von Rita Falk
Bewertung
★★★☆☆
Verlag dtv
Buchform Taschenbuch, eBook
Erschienen September 2021
Seiten 299
Erhältlich beiAP Buch Baldham, Buchladen Vaterstetten

Seit dem 1. Fall „Winterkartoffelknödel“ bin ich ein großer Fan von Rita Falks Krimiserie rund um den Eberhofer Franz aus Niederkaltenkirchen. Die Autorin hat damit eine ganz eigene, ganz besondere Figur geschaffen, die inzwischen oft kopiert, meiner Meinung nach aber nie erreicht wurde. Auch die Verfilmungen der Bücher finde ich allesamt recht gelungen. Bei den Büchern ging es mir zwischenzeitlich manchmal so, dass ich dachte, die Geschichte sei auserzählt – und dann kam der nächste Band raus, der mich wieder vollkommen begeistert hat. Und so wartete ich eben gespannt auf das Erscheinen des 11. Falls, „Rehragout-Rendezvous.“

Diesmal hat der Eberhofer gleich eine ganze Reihe an Baustellen: Da ist zunächst mal die Oma, die mit knapp 90 Jahren beschließt, dass sie nun genug in der Küche gestanden und für die Familie gekocht und geputzt hat. Ab sofort macht sie gar nichts mehr, außer bei ihrer Freundin, der Mooshammer Liesl, zu sitzen, um dort zu ratschen oder Karten zu spielen. Dafür bringt der Franz sogar noch Verständnis auf, ganz im Gegensatz zum Rest der Familie, die sich ab sofort darum streitet, wer denn nun fürs Kochen und Abwaschen zuständig ist (warum hat diese Großfamilie eigentlich noch keine Spülmaschine?).

Auch als Babysitterin fällt die Oma fortan aus und das stresst vor allem die Susi, denn die mutiert plötzlich zur Karrierefrau: Weil der Bürgermeister nach einem Skiunfall in Österreich im Krankenhaus liegt, ist die Susi plötzlich seine Stellvertreterin und diese Aufgabe nimmt sie extrem ernst. Statt Jeans und T-Shirt trägt sie plötzlich Hosenanzüge und das findet der Franz ähnlich seltsam wie die neue Doppelhaushälfte, mit der er noch immer fremdelt – nicht nur, weil gleich nebenan sein Bruder Leopold wohnt. Der hat übrigens gerade ganz eigene Sorgen, weil seine Frau Panida mit den gemeinsamen Kindern nach einem Verwandtenbesuch in Thailand festsitzt – aufgrund eines Virus (der nicht beim Namen genannt wird, aber das kann sich ja jeder denken) kann sie nicht mehr ausreisen. Kein Wunder, dass der Leopold kurz vor dem Durchdrehen ist!

Am Durchdrehen sind auch der Metzger Simmerl und seine Frau, denn ihr heißgeliebter Sohn bringt endlich eine Verlobte ins Haus – nur passt die zukünftige Schwiegertochter leider so gar nicht zu den Vorstellungen, die sich das Metzgerpaar gemacht hat. Prompt schmiedet der Simmerl ein Komplott und braucht dafür die Unterstützung seiner Kumpel. Da ist es kein Wunder, dass der Franz weder Zeit noch Lust hat, in einem Vermisstenfall zu ermitteln. Erst als in einem Acker Leichenteile gefunden werden und der Birkenberger Rudi ihn immer mehr bedrängt, beginnt er schließlich zu ermitteln…

Dieser 11. Eberhofer-Krimi hatte wieder viel Unterhaltsames zu bieten, aber der eigentliche Kriminalfall kam dabei viel zu kurz, war eigentlich nicht mehr als eine Randerscheinung. Ziemlich genervt hat mich diesmal das ewige Hickhack zwischen dem Eberhofer und dem Birkenberger. Der eine provoziert wie eh und je, der andere ist genau so schnell beleidigt wie eh und je. Nach all den gemeinsamen Jahren sollte man doch meinen, dass die beiden sich gegenseitig inzwischen etwas besser zu nehmen wissen, aber nein, da gibt es leider so gar keine Entwicklung.

Eine eher unerwartete Entwicklung gab es hingegen bei der Susi, nur leider war diese extrem unglaubwürdig. Das fängt schon mal damit an, dass eine Verwaltungsangestellte nicht mal so eben Stellvertreterin des Bürgermeisters werden kann. Üblicherweise gibt es dafür einen gewählten Vertreter aus den Reihen des Gemeinderats. Auch kann Susi als Bürgermeisterin nicht einfach so eigenmächtig Entscheidungen treffen, wie sie das im Buch tut, auch dafür braucht es Mehrheiten im Gemeinderat, gerade wenn es um große Bauprojekte wie die Erweiterung eines Kindergartens geht. Sorry, aber da sollte die von mir sonst wirklich hoch geschätzte Rita Falk doch dringend nochmal Nachhilfe in Lokalpolitik nehmen!

Genervt hat mich diesmal auch das Phlegma des Eberhofers selbst. In früheren Fällen hatte er ja doch noch sowas wie kriminalistischen Spürsinn an den Tag gelegt, diesmal hingegen ist ihm jeder Handgriff zu viel. So muss z.B. der Birkenberger für ihn die Spurensicherung anrufen, was doch eindeutig die Aufgabe vom Eberhofer wäre. Am liebsten hätte ich ihn gepackt, geschüttelt und ihn angebrüllt: „Hey, nun wach doch endlich mal auf!“ Da tat mir diesmal der Birkenberger richtig leid, der vor Tatendrang nur so sprühte und vom Franz kam… nichts.

Summa summarum fand ich diesen Band zwar im Großen und Ganzen unterhaltsam, jedoch mit den oben genannten Abstrichen. Vielleicht hat sich die Geschichte um den Eberhofer inzwischen doch irgendwie totgelaufen. Aber vielleicht fällt Rita Falk für den nächsten Band ja auch wieder eine gänzlich unerwartete Wendung ein, die der Geschichte neuen Schwung verleiht – ich hoffe es!

Das Berührendste an diesem Buch war auf jeden Fall das Nachwort der Autorin. Darin schreibt sie sehr persönlich über das vergangene Jahr. Zitat:
„Das letzte Jahr war mit Abstand das schlimmste meines Lebens. Und Ihr dürft mir glauben, die Corona-Krise hat dabei kaum eine Rolle gespielt.
Im Sommer 2020 ist mein Mann Robert gestorben. Aber mit ihm hab ich nicht nur meinen Gatten, sondern auch meinen besten Kumpel, den Papa unserer großartigen Jungs, meinen Berater, Manager, Komplizen und Chauffeur verloren. Mein ganzes Leben war quasi weg. Zumindest das, was ich bis dato hatte. Vom Zeitpunkt der Diagnose bis zu unserem Abschied blieb uns ein ganzes halbes Jahr, und das war gut so. Es war lange genug, um diese letzten Schritte gemeinsam zu gehen, doch nicht so lange, dass es quälend gewesen wäre. Ja, Robert war gutes Zeitmanagement stets unglaublich wichtig. Und das wohl bis zuletzt.
In den uns verbleibenden Wochen und Monaten sind wir als Familie noch einmal enger zusammen gewachsen, was eigentlich kaum vorstellbar ist, weil ja schon davor kein Blatt dazwischen gepasst hat. Was ich keineswegs als selbstverständlich erachte, sondern vielmehr als großes Geschenk.“

Diese Zeilen haben mich wie gesagt sehr berührt und auch sehr nachdenklich gemacht. Ich wünsche Rita Falk von Herzen alles, alles Gute und für die Zukunft viel Kraft und Inspiration!

Für alle Fans, die die Gerichte aus dem Buch gerne nachkochen, gibt es auch diesmal wieder Rezepte im Anhang (Rehragout, Kalbsschnitzel, Spitzbuben, Schinkennudeln und Apfel-Zwetschgen-Streusel). Und wer die exakte Reihenfolge der Eberhofer-Krimis nochmal nachschauen möchte, der wird auf Rita Falks Verlags-Homepage fündig.