Beat Girls – Die Bühne gehört uns

Erstellt am 20.9.23. Kategorie: Buchrezensionen
„Beat Girls - Die Bühne gehört uns“
von Anika Schwarz
Bewertung
★★★★★
Verlag Aufbau
Buchform Taschenbuch, eBook
Erschienen August 2023
Seiten 382
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In den vergangenen Monaten habe ich gleich mehrere Romane gelesen, die im München der 1960er-Jahre spielen und diese Zeit auf ganz unterschiedliche Weise beleuchten: In der Dilogie „Die Reporterin“ von Teresa Simon geht es um eine Gesellschaftsreporterin, die für ihre Zeitung über die nationalen und internationalen Stars der damaligen Zeit aus Film, Funk und Musik berichtet, aber auch das Thema Politik kommt dabei nicht zu kurz. In „Wir träumten vom Sommer“ von Heidi Rehn geht es in erster Linie um die Studentenbewegung der späten 1960er, aber auch um die Zeit unmittelbar vor und während der Olympischen Spiele von München.

Aber was wären die Swinging Sixties ohne die Beatles, die Rolling Stones und all die anderen Bands, die von diesen beiden Gruppen inspiriert wurden? Und so ist die Musik das vordergründige Thema der Dilogie „Beat Girls“, deren erster Band im August erschienen ist. Etwas tiefgründiger geht es darin aber auch – wie in den oben genannten Romanen – um die Rolle der Frauen in der damaligen Zeit.

Der Roman, der 1966 spielt, erzählt von vier sehr unterschiedlichen Frauen: Da ist Moni, 20 Jahre alt. Sie arbeitet in der Metzgerei ihrer Familie, ihre große Leidenschaft aber gehört der Musik und ihrer Gitarre. Sie schreibt sogar ihre eigenen Songs, die aber bisher noch niemand zu hören bekommen hat, nicht einmal ihr älterer Bruder Siegfried, ein Musiklehrer. Monis größtes Problem ist ihre ungeliebte Schwägerin Astrid, die sie sehr gehässig und von oben herab behandelt.

Weitaus ernstere Probleme hat Peggy Sue, 22, eine Amerikanerin, die mit ihrem Mann, dem Soldaten Harry, nach München gekommen ist. Sie leidet unter Harrys Kontrollwahn, der immer gewalttätigere Züge annimmt. Eigenständige Unternehmungen kann sie deshalb nur heimlich machen.

Die 20-jährige Rita betreibt zusammen mit ihrer Mutter Angie eine Musikbar in München-Schwabing. Angie ist alleinerziehend und so haben Mutter und Tochter schon früh gelernt, sich in einer von Männern dominierten Welt zu behaupten.

Und dann ist da noch Inge, die mit 25 Jahren bereits Witwe ist und ihre Trauer einfach nicht überwinden und nur mit Alkohol betäuben kann. Einzig in der Musik findet die Verkäuferin ein wenig Trost.

Durch Zufälle lernen sich die vier Frauen kennen und beschließen spontan, gemeinsam die Mädels-Band „Monaco Birds“ zu gründen. Vor allem Moni ist mit ihrem Enthusiasmus die treibende Kraft, während Peggy Sue sich immer wieder Ausreden einfallen lassen muss, um mit ihren neuen Freundinnen in Angies Bar proben zu können. Dennoch haben alle vier ein großes gemeinsames Ziel vor Augen: den Bandwettbewerb zu gewinnen, bei dem es einen Plattenvertrag zu gewinnen gibt. Doch auf dem Weg dorthin werden ihnen so manche Steine in den Weg gelegt …

Mir waren die vier Protagonistinnen alle auf ihre Art sympathisch: Vor Rita hatte ich Respekt, mit der anfangs noch etwas naiven Moni etwas Mitleid, tiefes Mitgefühl aber vor allem mit Inge und Peggy Sue angsichts ihrer schwierigen Lebensumstände. So habe ich von Anfang an mit allen mitgefiebert. Die Geschichte endet mit etlichen Cliffhangern, so dass ich nun mit Spannung auf Band 2 warte, der glücklicherweise schon Anfang Oktober erscheint.

Anika Schwarz ist das Pseudonym der Schriftstellerin und Drehbuchautorin Angelika Schwarzhuber, von der ich schon viele Romane mit großer Begeisterung gelesen habe. Egal unter welchem Namen sie ihre Bücher veröffentlicht, gemeinsam ist ihnen allen die wunderbar warmherzige Erzählweise, die einen sofort mitten ins Geschehen eintauchen lässt. Und so war ich auch diesmal gleich mittendrin im München der 1960er-Jahre. Zwar sind einige der beschriebenen Orte fiktiv, andere existieren aber tatsächlich, wie z.B. die McGraw-Kaserne, in der Peggy Sues Mann stationiert ist. Das dortige „Little Oktoberfest“ war über viele Jahre Kult! Und natürlich darf auch das Beatles-Konzert im Circus Krone nicht fehlen – allerdings erzählt aus einer höchst unerwarteten Perspektive.

Deshalb eine klare Leseempfehlung – und da es bis zum Erscheinen von Band 2 nicht mehr lange hin ist, mein Tipp: Gleich beide Bände direkt hintereinander weg lesen, denn Band 1 hat gleich in mehrfacher Hinsicht ein offenes Ende, das einen der Fortsetzung entgegenfiebern lässt.

Übrigens: Auf Spotify hat die Autorin eine Playlist zu ihrem Roman erstellt. Reinhören lohnt sich! Die Stones und die Beatles dürfen da natürlich nicht fehlen, aber es gibt auch noch ganz andere Perlen (wieder) zu entdecken.

[Werbung, unbezahlt] [Als Werbung gekennzeichnet, da Rezensionsexemplar erhalten]