Wie berichtet, waren wir Ende August / Anfang September an der Ostsee. Weil uns die Fahrtstrecke von München aus zu lang und zu anstrengend war, um sie in einem Tag zurückzulegen, haben wir uns überlegt, welche Ziele sich für einen Stopp auf dem Hin- und Rückweg lohnen würden. Schon häufiger hatte ich schöne Fotos aus dem Harz gesehen, vor allem von den herrlichen Fachwerkbauten dort, so dass unser Entschluss, dorthin zu fahren, schnell feststand. Ebenso schnell stand fest, dass wir dort gleich zwei Nächte bleiben wollten. Denn wir sollten am 25. August zu einer Familienfeier bei Itzehoe sein, ich wollte aber den 24. August nicht auf der Autobahn verbringen, denn das ist mein Geburtstag. Stattdessen habe ich diesen Tag mit einem kleinen Abenteuer begonnen, aber dazu später mehr.
23. August: Wernigerode
Wir starteten also von München aus in Richtung Harz und kamen erfreulich gut durch, so dass wir gegen 15 Uhr in Wernigerode eintrafen. Als Unterkunft hatten wir uns das Schlossberg Hotel ausgesucht, aus mehreren Gründen: Zum einen gefielen uns die Bilder auf der Webseite, zum anderen fand ich die Lage ideal, direkt am Rande der Altstadt und am Fuße des Schlosses gelegen. Zudem gab es dort kostenlose Parkplätze, die auch groß genug für unseren Kombi samt Fahrradträger hintendran waren.
Der Weg vom Hotel zum Schloss ist nicht weit, jedoch sehr steil. Nach dem langem Sitzen im Auto gerieten wir doch recht bald außer Puste. Zum Glück gab es auf dem Weg viele Stellen mit schöner Aussicht, so dass wir eine Entschuldigung für eine kurze Rast hatten 😉 Das Schloss selbst fanden wir wunderschön. Schon bei der Anreise war es uns aufgefallen, wie es da so stolz auf einem Felsen über der Stadt thront – genau so, wie man sich so ein Märchenschloss vorstellt! Und tatsächlich wurden hier schon zahlreiche Filme gedreht, u.a. die Verfilmung von Otfried Preußlers „Das kleine Gespenst“.
Seltsamerweise war der Rückweg viel weniger anstrengend als der Hinweg 😉 Nun machten wir uns auf, die wunderschöne Altstadt von Wernigerode zu erkunden. Zurückgehend auf Hermann Löns wird Wernigerode auch „die bunte Stadt am Harz“ genannt, diesen Eindruck kann ich tatsächlich bestätigen – nicht nur, weil wenige Tage später in der Altstadt ein Lampionfest stattfinden sollte und die bunten Lampions schon jetzt viel zusätzliche Farbe ins Stadtbild brachten:
Es machte sehr viel Spaß, durch die kleinen Gässchen zu bummeln und die vielen schönen Fachwerkhäuser zu bewundern. Viele der Häuser sind so winzig, dass uns der Türstock gerade mal bis zur Brust reichte. Ich glaube, ich habe fotografiert wie eine Verrückte, was Ihr hier seht, ist tatsächlich nur eine „kleine“ Auswahl! Randvoll mit neuen Eindrücken kehrten wir schließlich ins Hotel zurück.
24. August: Bad Harzburg, Goslar, Quedlinburg
Mein Geburtstag begann mit vielen Glückwünschen: von meinem Mann, aber auch von den Lieben daheim. Erst nach einigen Telefonaten brachen wir zum Frühstück auf und auch dort wurde ich mit einem Piccolo und einer Glückwunschkarte überrascht, wie schön! Unser Ausflugstag führte uns zunächst nach Bad Harzburg, genauer: zum dortigen Burgberg. Auf den kann man mit einer Seilbahn hinauffahren. Oben erwartet einen erstens eine schöne Aussicht ins Tal, zweitens aber auch ein paar weitere Attraktionen wie z.B. die BaumSchwebeBahn und ein Baumwipfelpfad. Ich bin wirklich alles andere als ein Adrenalinjunkie, aber die Baumschwebebahn fährt so langsam und gemächlich, dass auch ich mich traute, damit zu fahren. Letztlich war das Gefühl nicht viel anders als bei einem Sessellift in den Bergen. Anders als der Name vermuten lässt, schwebt man aber nicht wirklich über den Bäumen. Tatsächlich ist es eher so, dass die Route durch eine gerodete Schneise verläuft, auf der man allenfalls seitlich an Bäumen vorbeifährt. Trotzdem war es ein spannendes Erlebnis.
Nach der geglückten „Landung“ hätte man den restlichen Weg ins Tal über den Baumwipfelpfad zurücklegen können oder aber über den Baumwurzelpfad. Wir entschieden uns für letzteren und erfreuten uns an einem wunderbar ruhigen idyllischen Spaziergang entlang eines plätschernden Bachs und vorbei an einem verwunschenen kleinen Waldsee. In wenigen Minuten waren wir zurück im Tal und am Parkplatz.
Unsere nächste Station war das nahe gelegene Goslar. Einen Parkplatz fanden wir ganz in der Nähe der berühmten Kaiserpfalz, die wie die Goslarer Altstadt zum UNESCO-Weltkulturerbe gehört.
Von dort sind es nur wenige Schritte bis in die zauberhafte Altstadt. Auch hier wieder: Fachwerk pur! Und dazu viele schöne Läden mit Kunsthandwerk, wie z.B. die Kunstgalerien im Großen Heiligen Kreuz:
Auch sonst gibt es in Goslar an jeder Ecke schöne Fotomotive:
Natürlich waren wir auch in der Marktkirche St. Cosmas und Damian, die von außen schon durch ihre beiden verschiedenen Türme auffällt:
Gleich gegenüber, im Brauhaus Goslar, teilten wir uns dann eine Brotzeitplatte mit deftigen Harzer Spezialitäten – lecker! Insgesamt muss ich rückblickend sagen, dass mir Goslar von den Städten, die wir im Harz besucht haben, am besten gefallen hat. Auch wenn alle Städte mit traumhaft schönen Fachwerkhäusern aufwarten können, so hat doch jede dieser Städte ihre ganz eigene Atmosphäre. Berühmt sind die Harz-Orte übrigens auch für ihre Weihnachtsmärkte – das stelle ich mir sehr romantisch vor. Aber wir waren auch nicht traurig darüber, während unseres Aufenthalts bestes Sommerwetter genießen zu dürfen.
Weiter ging unsere Reise nach Quedlinburg. Auch diese Stadt steht auf der Liste der UNESCO-Weltkulturerbestätten. Laut Wikipedia befinden sich in der historischen Altstadt mit ihren kopfsteingepflasterten Straßen, verwinkelten Gassen und kleinen Plätzen über 2100 Fachwerkhäuser aus acht Jahrhunderten! Unsere erste Anlaufstelle hier verdanke ich einem Tipp aus dem Reiseführer: Das Café Ruinenromantik (auf dem linken Foto unten links im Bild) ist wirklich etwas ganz Besonderes! Ursprünglich stand hier die Sommerresidenz eines Adligen aus dem 16. Jahrhundert, die dann mehrfach umgebaut wurde und in der Silvesternacht 2004/2005 bis auf die Grundmauern abgebrannt ist. Nach einigen Jahren trüben Daseins erstrahlt der Gebäuderest heute in neuem Glanz: Seit 2020 wird die Ruine als Café und Kulturzentrum genutzt. wirklich eine außergewöhnliche Location und ein besonderer Platz für meinen Geburtstagskaffee. Damit es nicht zu heiß dort oben auf der Freiluftterrasse wird, wird aus Rohren in regelmäßigen Abständen Wasserdampf ausgestoßen.
Frisch gestärkt machten wir uns auf zu einem Erkundungsrundgang durch die Stadt:
Berühmt ist Quedlinburg u.a. für seinen Domschatz in der Stiftskirche Sankt Servatii hoch oben über der Stadt auf dem Schlossberg. Als wir dort oben ankamen, war es aber schon zu spät, um die Kirche zu besichtigen (Einlass nur bis 15:30 Uhr!), ohnehin war dort gerade eine große Baustelle. Der Besuch hat sich trotzdem gelohnt, dank des schönen Schlossgartens, des herrlichen Ausblicks von dort oben und der vielen kleinen Gässchen auf dem Weg dorthin.
Nachdem wir in einem Park noch einige Zeit ganz entspannt in der Sonne gesessen waren, machten wir uns auf die Suche nach einem schönen Lokal fürs Abendessen. Das war tatsächlich gar nicht so einfach, viele Restaurants in der Altstadt waren an diesem Freitag Abend schon recht früh gut besucht. Bei einem Italiener wurden wir schließlich fündig. Der Service war eher mau, aber das Essen lecker.
25. August: Uelzen
Heute mussten wir dem Harz Lebewohl sagen und uns auf den Weg nach Norden machen. Da wir bis zur abendlichen Familienfeier bei Itzehoe viel Zeit hatten, beschlossen wir, die Autobahn nach Möglichkeit zu meiden und über Landstraßen in Richtung Hamburg zu fahren. So kam es, dass wir auch den Ort Uelzen passierten und dort am Straßenrand das Hinweisschild „Hundertwasser-Bahnhof“ entdeckten. Wir hatten ohnehin gerade Lust auf eine Kaffeepause, also beschlossen wir spontan, dort einen Stopp einzulegen. Der Bahnhof Uelzen wurde für die Expo 2000 nach einem Konzept des österreichischen Künstlers Friedensreich Hundertwasser umgebaut und ist wirklich sehenswert. Zentraler Gedanke des Umbauprojekts war es, den Bahnhof in einen Umwelt- und Kulturbahnhof umzuwandeln.
Schon vor dem Gebäude waren uns die vielen tollen Fahrradgaragen aufgefallen. Aus eigener leidvoller Erfahrung fallen mir sichere Fahrradabstellmöglichkeiten inzwischen immer besonders positiv auf. Im Inneren präsentiert sich das Empfangsgebäude des Bahnhofs, das mittig zwischen den Gleisanlagen steht, auf der einen Seite funktional wie ein ganz gewöhnlicher Bahnhof, auf der anderen Seite aber bunt und verspielt, so dass man dort automatisch gleich gute Laune bekommt. Selbst die Bahnhofstoiletten sind dort sehenswert! Und es gibt auch ein kleines Hundertwasser-Museum, das kostenfrei besucht werden kann.
Nach diesem wirklich empfehlenswerten Zwischenstopp setzten wir unsere Reise fort. Zu meinem Bericht über unseren Ostsee-Urlaub bitte hier entlang.
3. und 4. September: Erfurt
Erfurt. Tja. Als wir uns entschieden, auf der Rückreise von Kiel dort noch eine Zwischenübernachtung einzulegen, erschien mir das als eine sehr gute Idee. Dann hatte ich auch noch das große Glück, auf der Leipziger Buchmesse am Stand des Erfurter Stadtmarketings bei einem Gewinnspiel eine Stadtführung für zwei Personen zu gewinnen – perfekt!
Je näher unser Urlaub rückte, umso gemischter wurden meine Gefühle. Denn Erfurt ist nunmal die Hauptstadt Thüringens und dieses Bundesland hat in meiner Wahrnehmung zuletzt wegen der AfD sehr viele negative Schlagzeilen produziert. So viele, dass mir die Lust auf einen Aufenthalt dort gründlich vergangen ist, alle Erfurter mögen mir meine Gefühle verzeihen. Aber es war ohnehin zu spät, um unser Hotel kostenfrei zu stornieren. Wir hatten im Hotel Am Kaisersaal gebucht, das lag super zentral, hatte eine Parkgarage, in der auch unser Auto samt Fahrrädern sicher untergebracht war, und bot zudem noch ein sehr günstiges Angebot für Übernachtungen von Sonntag auf Montag, ideal für uns!
Leider gestaltete sich die Anreise extrem anstrengend. Zwar waren wir in Kiel recht zeitig aufgebrochen, standen aber schon vor Hamburg an diesem Sonntag Morgen über eine Stunde lang im Stau. Und so ging es weiter, die Fahrt zog sich, so dass wir erst gegen 18 Uhr abends in Erfurt ankamen und ziemlich erschöpft waren. Aber natürlich begaben wir uns trotzdem auf einen ausgedehnten Erkundungsspaziergang und waren sofort angetan von der schönen Altstadt, die wie die Städte im Harz von vielen beeindruckenden Fachwerkhäusern dominiert wird.
Die bekannteste Sehenswürdigkeit Erfurts ist sicher die Krämerbrücke, laut Wikipedia „das älteste profane Bauwerk Erfurts. Sie zählt zu den bekanntesten Wahrzeichen der Stadt mit einer beidseitigen, geschlossenen Brückenbebauung mit Fachwerkhäusern. Sie ist die längste durchgehend mit Häusern bebaute Brücke Europas.“ Die haben wir natürlich von allen Seiten fotografiert und sind auch darüber spaziert. Es befinden sich dort viele kleine Läden mit Kunsthandwerk, Galerien, ein Linkshänderladen und natürlich Geschäfte mit Thüringer Spezialitäten.
Weiter führte uns der Weg zum sog. Fischmarkt, dem zentralen Platz mit Rathaus und vielen beeindruckenden Gebäuden:
In der Marktstraße entdeckten wir dieses wunderschöne mechanische Puppenspiel. Ein weiteres befindet sich auf der Krämerbrücke. Wie wir am Tag darauf bei der Stadtführung erfuhren, ist der Erbauer dieser Puppenspiele ein Holzkünstler. Seine Unterstützer, die ihm den Bau des Puppenspiels ermöglicht haben, sind alle in den Buchtiteln verewigt worden:
Die Marktstraße mündet auf den Domplatz. Auch der Erfurter Dom gehört zu den Top-Sehenswürdigkeiten der Stadt, aber weil es schon so spät war, war er bereits geschlossen, also sparten wir uns den Aufstieg über die vielen Treppen auf den Domberg.
Auf dem Rückweg hielten wir Ausschau nach einem Lokal, das uns ansprach, und landeten schließlich am Wenigemarkt auf der Ostseite der Krämerbrücke im Restaurant „Platzhirsch“, wo wir auf der Terrasse sehr lecker zu Abend aßen und dabei den Blick auf den hübschen kleinen Platz genießen konnten.
Am nächsten Tag hatten wir noch viel Zeit bis zu unserer Stadtführung, die um 11 Uhr beginnen sollte. Wir nutzten die Zeit für einen Bummel zu einigen ganz besonderen Sehenswürdigkeiten der Stadt: den Kika-Figuren. Der Fernsehsender Kika hat seinen Sitz in Erfurt und feierte 2007 sein zehnjähriges Bestehen. Dabei entstand die Idee, die bekanntesten Figuren an verschiedenen Plätzen der Stadt aufzustellen. Was für eine schöne Idee, die nicht nur Kindern Freude macht! Hier eine kleine Auswahl:
Dann begann unsere Stadtführung, die uns zunächst zu Plätzen brachte, die wir auf unserem Rundgang am Abend zuvor schon gesehen hatten. Aber wir bekamen dabei viele Hintergrundinfos und besuchten anschließend auch versteckte Plätze und Gässchen, die wir allein sicher nicht gefunden hätten. Besonders interessant war für uns auch der Besuch an der Alten Synagoge, die wenige Tage später offiziell zum UNESCO-Weltkulturerbe ernannt wurde. Das Besondere an ihr ist, dass sie zu den ganz wenigen noch erhaltenen mittelalterlichen Synagogen gehört und zudem die älteste bis zum Dach erhaltene Synagoge Europas ist – und das ausgerechnet in Erfurt, heute eine „Hochburg“ der AfD! Das fanden wir doch sehr bemerkenswert.
Nach zwei Stunden endete dieser wirklich sehr interessante Rundgang. Wir kehrten noch im Krämerbrückencafé ein und machten uns dann auf den kurzen Rückweg zum Hotel, wo wir am Vormittag schon ausgecheckt und unser Gepäck ins Auto geladen hatten, so dass wir nun direkt losfahren konnten. Wir verließen Erfurt mit einem insgesamt sehr positiven Eindruck. Abgesehen von einem Graffiti „Erfurt bleibt rechts“ hatten wir nichts bemerkt, das unseren guten Eindruck hätte trüben können. Stattdessen erlebten wir eine sehr hübsche Stadt, freundliche Leute und eine offene Atmosphäre, in der wir uns willkommen fühlten.
Damit endete unsere Reise in den Norden. Die letzte Etappe von Erfurt nach Hause verlief zum Glück ohne Probleme und Staus, so dass wir am frühen Abend wieder bei unseren Jungs zuhause waren. Von diesem Urlaub mit seinen sehr vielfältigen Eindrücken werde ich noch lange zehren. Wir haben so viel Neues erlebt, interessante Städte und wunderschöne Landschaften gesehen, nette Menschen kennengelernt, tolle Architektur und riesige Schiffe bestaunt und können die besuchten Orte allesamt aus ganzem Herzen empfehlen.