„Vom Bambi Kino in den Buckingham Palast“ | |
von Nicola Bardola & Herbert Hauke | |
Bewertung
★★★★☆
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Verlag | Reiffer |
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Buchform | gebunden |
Erschienen | März 2024 |
Seiten | 240 |
Erhältlich bei | genialokal.de |
Vor drei Jahren habe ich das Buch „Mercury in München“ über Queen-Sänger Freddie Mercury gelesen und bei einem Presserundgang dazu den Autor des Buches, Nicola Bardola, kennengelernt, ebenso wie Herbert Hauke, den Gründer des einstigen Münchner Rockmuseums im Olympiaturm, Initiator von Munich – City of Music und Kurator zahlreicher Ausstellungen über Rocklegenden wie Queen, die Rolling Stones oder Tina Turner.
Nun haben die beiden umtriebigen Musikkenner ein neues, gemeinsames Werk herausgebracht, das sich einer weiteren Musiklegende widmet, nämlich den Beatles. Klar, über die Beatles gibt es schon unzählige Bücher, man könnte meinen, da ist schon alles erzählt. Mitnichten. Denn wie Herbi Hauke in seinem Vorwort erzählt, hat er, der leidenschaftliche Sammler von allem, was mit Musik zu tun hat, eine wahre Sternstunde erlebt, als ihm ein älterer Herr zwei Leitz-Ordner voller Rechnungen, Kassenbelege, Quittungen, Flugtickets, Notizzettel und Briefe überließ. Denn bei näherer Durchsicht entpuppten sich diese Unterlagen, die auf den ersten Blick wenig spannend erschienen, als eine wahre Goldgrube für Beatles-Fans! Anhand dieser Belege lassen sich nämlich viele Rückschlüsse auf die frühen Jahre der Beatles ziehen, insbesondere auf ihre Zeit in Hamburg.
Allerdings schlummerten die beiden Leitz-Ordner zunächst noch Jahrzehnte in einem Lager, bis Herbi Hauke gemeinsam mit Nicola Bardola (der bereits Bücher u.a. über John Lennon, Ringo Starr und Yoko Ono geschrieben hat) dazu kam, die Unterlagen zu sichten und zu analysieren. Herausgekommen ist nun dieses Buch, das nicht nur die frühen Jahre der Beatles beschreibt, sondern zugleich auch ein wunderbares Zeitdokument über die (deutsche) Musikgeschichte seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs darstellt.
Die Autoren erzählen von der Atmosphäre auf der Reeperbahn und den Anfängen der Hamburger Clubs wie „Indra“, „Kaiserkeller“, „Top Ten Club“ und natürlich „Star-Club“. Dabei kommen ehemalige Wirte und Türsteher ebenso zu Wort wie Lieferanten und Musikmanager. Das im Buchtitel erwähnte Bambi Kino, das sich vornehmlich an Kinder richtete, diente Anfang der 1960er als erste Übernachtungsadresse der Beatles in Hamburg: Sie nächtigten dort in zwei kleinen fensterlosen Kammern direkt neben dem Vorführraum. Aus dieser Zeit stammt z.B. ein Notizzettel von Stuart Sutcliffe, dem ersten Bassist der Beatles, der sich bemühte, ein paar Worte Deutsch zu lernen und sich diese dazu auf einem Spickzettel notierte.
Andere Dokumente sind z.B. eine Spesenrechnung vom Hamburger Flughafen, die Quittung einer Textilreinigung oder auch ein „Artisten-Arbeits-Vertrag“, der zwischen Manfred Weißleder (Geschäftsführer des „Star-Club“) und George Harrison geschlossen wurde. Gezeigt werden außerdem alte Eintrittskarten und Konzertplakate sowie ein Brief von Beatles-Manager Brian Epstein an Manfred Weißleder. Von letzterem wiederum sind einige Briefe an die Redaktion der Zeitschrift „Bravo“ erhalten, in denen er die Journalisten auf das Musikprogramm des „Star-Club“ aufmerksam macht. Es gibt kleine Karikaturen, die John Lennon oder George Harrison auf Notizzettel gezeichnet haben, Abbildungen von (illegalen) Beatles-Platten, die damals kursierten, Werbeannoncen und vieles andere mehr.
Besonders witzig finde ich persönlich eine Rechnung an Herrn Weißleder über drei goldene Leder-Westen für die Auftritte der Beatles in Hamburg. Was daran so witzig ist? Nun, die Firma Erdmann Lederbekleidung hatte ihren Hauptsitz in meinem Heimatort, genauer in der Fichtenstraße 10 in 8011 Baldham bei München. Wer hätte das gedacht, dass auf diese Weise selbst mein kleiner Heimatort einen direkten Bezug zu den Beatles hat? Die Firma gibt es übrigens immer noch, jedoch hat sie ihren Sitz nicht mehr in Baldham, immerhin aber einen Showroom in unserer Kreisstadt. Und Herr Erdmann ist einer der Zeitzeugen, der im Buch zu Wort kommt und seine Erinnerungen mit den Autoren und uns Leser*innen teilt.
So kann man anhand dieser vermeintlich so unspektakulären Rechnungen und Quittungen, illustriert mit vielen Fotos und von erläuternden Texten begleitet, in der Vergangenheit stöbern, zahlreiche Anekdoten nachlesen und ein Gefühl für die Atmosphäre der Swinging Sixties bekommen. Für Beatles-Fans ist dieses Buch definitiv ein Muss, für alle anderen interessant zum Durchblättern. Gestört haben mich lediglich eine ganze Reihe von Schreibfehlern, fehlenden Leerstellen oder Buchstaben und dergleichen, hier hätte man nochmal gründlich Korrektur lesen müssen. Aber ich bin sicher, der wahre Fan sieht darüber großzügig hinweg.
Aufmerksam wurde ich auf dieses Buch übrigens auf der Leipziger Buchmesse 2024, wo Nicola Bardola das Werk vorstellte und mir großzügigerweise ein Exemplar schenkte und auch gleich signierte. Nochmals ganz herzlichen Dank dafür!
[Als Werbung gekennzeichnet, da Rezensionsexemplar erhalten]