„Die Familienangelegenheiten der Johanne Johansen“ | |
von Dora Heldt | |
Bewertung
★★★★★
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Verlag | dtv |
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Buchform | gebunden, E-Book |
Erschienen | Oktober 2024 |
Seiten | 444 |
Erhältlich bei | genialokal.de |
Seit Jahrzehnten bin ich ein großer Fan der Bücher von Dora Heldt. Und so war ich auch schon sehr gespannt auf diese Neuerscheinung mit dem etwas sperrigen Titel, die im Milieu der Hamburger Hafenrundfahrten spielt. Hauptperson ist die titelgebende Johanne Johansen, die sich freut, als sie nach Jahrzehnten im Beruf endlich in ihren wohlverdienten Ruhestand gehen kann. Sie ist kein ganz einfacher Mensch, lebt sehr zurückgezogen, mag weder Tiere noch Kinder und generell eigentlich nur sehr wenige Menschen.
Ihre Cousine Luise gehört definitiv nicht zu diesen Auserwählten. In Johannes Augen ist die um zehn Jahre jüngere Frau ein verwöhntes Elbvorort-Weibchen, das nichts anderes im Kopf hat als Shopping und Maniküre. Für das nötige Kleingeld sorgt ihr Mann Thilo-Alexander, der die familieneigene Reederei Johansen führt, die zumindest auf dem Papier noch immer zur Hälfte Luises Vater Friedrich (Johannes Onkel) gehört, die andere Hälfte teilen sich Luise und Johanne, die sich aber – aus sehr unterschiedlichen Gründen – bislang nie um die Firma gekümmert haben.
Das ändert sich schlagartig, als Thilo-Alexander einen schweren Unfall erleidet und im künstlichen Koma liegt. Zum einen kommen durch diesen Unfall Dinge zutage, die Luises Ehe in einem ganz anderen Licht erscheinen lassen. Zum anderen ist die Reederei damit mehr oder weniger handlungsunfähig. Friedrich kehrt zwar aus dem Seniorenheim zurück an seinen alten Schreibtisch, doch das ist zu viel für seine Gesundheit – nun müssen Luise und Johanne ran.
Schnell stellt sich heraus, dass Thilo-Alexander in der Reederei quasi Narrenfreiheit besessen und diese auch weidlich ausgenutzt hat: Die Firma steht kurz vor der Insolvenz, die Barkassen und Ausflugsschiffe sind in jämmerlichem Zustand, das Personal macht, was es will, im Internet häufen sich die negativen Bewertungen. Ein Verkauf scheint in dieser Situation die beste Lösung zu sein – doch das Angebot des Konkurrenten ist so unverschämt, dass sich in Johanne alles dagegen sträubt, es anzunehmen. Stattdessen krempelt sie selbst die Ärmel auf, um die Firma wieder flott zu kriegen – und erhält dabei unerwartete Unterstützung nicht nur von Luise. Doch sie haben die Rechnung ohne Luises Stiefsohn Henner gemacht …
Wie eingangs erwähnt: Johanne präsentiert sich zunächst ziemlich sperrig, doch im Laufe des Buches lernte ich sie immer besser kennen und am Ende der Geschichte war ich so weit, dass ich nun sage: Ich finde, jeder sollte so eine Johanne in der Familie haben. Eine, die nicht viele Worte macht, sondern anpackt, die ehrlich ihre Meinung kundtut, aber treu und verlässlich zu denen steht, die ihr ans Herz gewachsen sind.
Auch Luise macht im Laufe der Geschichte eine spannende Wandlung durch und wurde mir immer sympathischer. Und die übrigen Frauen, von denen es im Roman nur so wimmelt, mochte ich sowieso auf Anhieb: Luises Tochter Emma, Johannes Mitbewohnerin Edda samt Tochter Paula und Enkelin Frida, Johannes langjährige Freundin Renate sowie die Reedereisekretärin Heide Kempfert – allesamt patente Frauen, die sich mit ganzer Kraft und ihren jeweiligen Talenten da einbringen, wo sie gebraucht werden.
Trotz dieser Vielzahl an Personen, die ich anfangs etwas verwirrend fand, hat mich die Geschichte sofort in ihren Bann gezogen. Ich mag einfach den Schreibstil von Dora Heldt, die herrlichen Dialoge, in denen es so sehr „menschelt“, dass ich beim Lesen oft das Gefühl habe, als wäre ich mittendrin in der Geschichte. In diesem Roman hat die Autorin das Thema von alteingesessenen Reedereifamilien mit ihren patriarchalischen Strukturen aufgegriffen, in denen Frauen von vorneherein nichts zugetraut wird: Von Geschäften verstehen sie nichts und sollen sich da gefälligst auch raushalten, so deren vollkommen überholte Meinung. Zum Glück beweisen die Frauen in diesem Buch, wie es deutlich besser geht!
Das Setting im Hamburger Hafenmilieu fand ich als große Hamburg-Liebhaberin natürlich auch wunderbar. Die Landungsbrücken an der Elbe, der Hafen mit all seinen Sehenswürdigkeiten – das sind Anziehungspunkte, die auf mich auch nach dem x-tem Besuch in dieser Stadt noch immer eine ungebrochene Faszination ausüben.
Allen, denen es ähnlich geht wie mir, aber auch allen, die ganz allgemein spannende Familiengeschichten mögen, kann ich dieses Roman wärmstens ans Herz legen.
[Als Werbung gekennzeichnet, da Rezensionsexemplar erhalten]