„White Christmas - Das Lied der weißen Weihnacht“ | |
von Michelle Marly | |
Bewertung
★★★★☆
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Verlag | Rütten & Loening |
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Buchform | gebunden, eBook |
Erschienen | September 2020 |
Seiten | 271 |
Erhältlich bei | AP Buch Baldham, Buchladen Vaterstetten |
Dieser Roman erzählt die wahre Geschichte des Komponisten Irving Berlin, der zu Beginn des 20. Jahrhunderts als russischer Emigrant in New York in ärmlichen Verhältnissen aufwuchs, bevor aus ihm einer der erfolgreichsten Komponisten seiner Zeit wurde, der zahlreiche bekannte Filmmelodien, Broadway-Shows und Jazz-Standards schrieb. Für sein Weihnachtslied „White Christmas“ erhielt er einen Oscar, das Lied gilt mit geschätzten 50 Millionen verkauften Exemplaren (allein in der von Bing Cosby gesungenen Version) bis heute als meistverkaufte Single aller Zeiten.
Irving ist bereits ein erfolgreicher Broadway-Songwriter von 36 Jahren, als er 1924 die Debütantin Ellin Mackay kennenlernt, Tochter eines der damals reichsten Männer der USA. Die beiden verlieben sich ineinander, doch Ellins Vater ist gegen die Verbindung: Der russische Emigrant gehört nicht nur einer ganz anderen Gesellschaftsschicht an, er ist auch 15 Jahre älter als Ellin, zudem Jude und somit denkbar unpassend für das Töchterchen aus gutem katholischen Hause. Ellin hält jedoch an ihrer Liebe fest und willigt ihrem Vater zuliebe schließlich in einen Kompromiss ein: Sie reist ein halbes Jahr quer durch Europa und wenn sie nach ihrer Rückkehr immer noch an Irving Berlin festhält, will ihr Vater nochmal mit sich reden lassen.
Schweren Herzens tritt Ellin die Reise an, von der ihr Vater hofft, dass sie zu einer Entfremdung beitragen wird. Tatsächlich ist das Gegenteil der Fall: Per Brief und Telefon bleiben Ellin und Irving in Kontakt. Doch nach Ellins Rückkehr bleibt ihr Vater unnachgiebig: Eine Heirat mit diesem Juden komme nur über seine Leiche in Frage, verkündet er öffentlich, als sich die Presse auf diese romantische Liebesgeschichte zwischen dem berühmten Komponisten und der bildschönen Millionenerbin stürzt. Ellin ist hin- und hergerissen zwischen ihrer Liebe zu Irving und dem Pflichtgefühl gegenüber ihrem Vater.
Ich brauchte eine Weile, bis ich in die Geschichte hinein gefunden hatte und so ganz kam ich vor allem mit Ellin nicht klar. Gut, es war eine andere Zeit damals, aber immerhin war Ellin schon 21 und volljährig, außerdem wird sie im Roman als eine eher unkonventionelle, moderne junge Frau geschildert, die keine Lust hatte, sich einen standesgemäßen Ehemann zu suchen, um versorgt zu sein. Trotzdem hat sie gegen ihren Vater nicht wirklich aufbegehrt, sondern eher heimlich agiert und sich letztlich doch dem Willen des Vaters gebeugt – allerdings wohl nicht deshalb, weil er ihr mit Enterbung gedroht hat, obwohl sie mir sehr verwöhnt und in gewisser Weise auch naiv schien, an Geld hat sie jedenfalls nie einen Gedanken verschwendet, das war einfach da. Irgendwie war die Gedankenwelt Ellins für mich jedenfalls nicht schlüssig.
Auch fand ich zumindest die erste Hälfte des Buches ein wenig zäh, zwar interessant zu lesen, aber es fehlte dieses letzte Quäntchen Spannung, das ein Buch zu einem Pageturner macht. Erst in der zweiten Hälfte nimmt die Handlung an Fahrt auf und zum Ende hin wird es dann noch richtig dramatisch, da sind bei mir sogar ein paar Tränen gekullert. Am Ende steht dieses berühmte Lied, das Irving Berlin 1937 in Hollywood als Liebeserklärung an Ellin geschrieben hat, denn er bringt darin seine Sehnsucht nach ihr und nach einem traditionellen Weihnachtsfest im Schnee zum Ausdruck.
Ehrlich gesagt habe ich mir bisher noch nie Gedanken über die Entstehungsgeschichte dieses Liedes gemacht, aber ab sofort werde ich, wenn ich den Song höre, jedes Mal an diese berührende Geschichte denken. Nach der Lektüre des Romans und des sehr interessanten Nachworts der Autorin habe ich mir mit großem Interesse die Wikipedia-Artikel über Irving Berlin und das Lied „White Christmas“ durchgelesen. Wenn man weiß, dass der Song zur Zeit des Zweiten Weltkriegs veröffentlicht wurde und vor allem für die Soldaten im Krieg eine ganz besondere Bedeutung hatte, dann berührt einen der eigentlich sehr simple Text noch einmal ganz anders.
Fazit: Ich habe wieder mal was gelernt und habe das Buch letztlich doch sehr beeindruckt aus der Hand gelegt. Meiner Meinung nach auch ein sehr schönes Weihnachtsgeschenk, nicht nur für Musikliebhaber.
Von der Autorin Michelle Marly habe ich vor gut zwei Jahren bereits den Roman „Mademoiselle Coco und der Duft der Liebe“ gelesen. Hinter diesem Pseudonym verbirgt sich die Autorin Micaela Jary, Tochter des Komponisten Michael Jary. Sie hat auch unter dem Namen Gabriela Galvani diverse historische Romane veröffentlicht, gelesen habe ich „Die Liebe der Duftmischerin“ und „Die Seidenhändlerin.“