„Treue Seelen“ | |
von Till Raether | |
Bewertung
★☆☆☆☆
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Verlag | btb |
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Buchform | gebunden, eBook |
Erschienen | Mai 2021 |
Seiten | 348 |
Erhältlich bei | AP Buch Baldham, Buchladen Vaterstetten |
Da ist er nun, der erste Flop in diesem Lesejahr. Schade, denn anhand der Beschreibung hatte ich mir von dieser Lektüre wirklich viel versprochen. Ich bin selbst ein Kind der 1980er und habe den Reaktorunfall in Tschernobyl als Teenager erlebt, deshalb dachte ich, dies sei genau mein Buch. War es aber leider nicht.
Hier der Klappentext:
Frühsommer 1986: Achim und Barbara, um die 30, sind nach West-Berlin gezogen. In die Großstadt, weg aus der Provinz. Weil es dort eine Stelle gibt für ihn im Labor der Bundesanstalt für Materialprüfung. Weil man ein anderer Mensch sein könnte, da, wo Bowie mal gewohnt hat. Doch statt eines neuen Lebens finden die beiden Stillstand, spießige Enge und Tschernobyl-Angst.
Während Barbara an Trennung denkt, verliebt Achim sich in die zehn Jahre ältere Nachbarin Marion, die enttäuscht von ihrem Bundesgrenzschutz-Ehemann Volker ist. Marion stammt aus Ost-Berlin, sie ist als Teenager kurz vor dem Mauerbau in den Westen abgehauen. Mit ihr fährt Achim heimlich in den Osten, wo sie Marions Schwester Sybille wiedersehen. Mit den besten Absichten mischt Achim sich in die dramatische Lebensgeschichte der beiden Schwestern. Und bringt alle in Gefahr – als er die Idee hat, für Sybille einen Gegenstand über die Grenze zu schmuggeln, der ihr Leben verändern soll.
Der Umzug nach West-Berlin entpuppt sich für Achim und Barbara als Enttäuschung. Vor allem für Barbara, die in eine lähmende Lethargie verfällt und sich nicht aufraffen kann, überhaupt nur die Umzugskisten auszupacken, geschweige denn, ihre beruflichen Ziele voranzutreiben. Dazu kommt die Angst vor dem radioaktiven Regen: Sie traut sich kaum noch, die Wohnung zu verlassen. Und wenn das doch mal unbedingt sein muss, dann wird hinterher sofort geduscht. Zu essen gibt es nur noch Tütensuppen – da kann man halbwegs sicher sein, dass die Zutaten noch vor dem Reaktorunfall abgepackt wurden und folglich nicht verstrahlt sind.
Achim hingegen ist damit beschäftigt, sich in der neuen Arbeit zurechtzufinden. Dass Barbara in der Wohnung noch nicht mal das Nötigste ausgepackt hat, stört ihn zwar, aber doch nicht so sehr, dass er mal selbst Hand anlegen oder zumindest mit Barbara reden würde. In dieser Situation trifft er Marion, die Nachbarin, und langsam kommen sich die beiden näher. Das bleibt mit der Zeit auch den übrigen Nachbarn nicht verborgen und folglich auch nicht Marions Ehemann Volker. Barbara hingegen ist einfach nur froh, wenn sie so wenig wie möglich von Achim sieht und hört.
Achim will mehr über Marion und ihre Geschichte wissen, vor allem über ihre Mutter und ihre Schwester, die damals in der DDR zurückblieben, als Marion in den Westen abgehauen ist. Auf sein Betreiben sehen sich die Schwestern wieder und dann kommt Achim auf eine verhängnisvolle Idee, mit der er Marion beeindrucken und ihrer Schwester helfen will. Doch statt zu helfen, bringt er alle in Bedrängnis.
Leider konnte mich diese Geschichte überhaupt nicht packen. Es mangelt an Protagonisten, mit denen man mitfühlen und mitfiebern kann. Die Kapitel mit Barbara fand ich einfach nur dröge und ermüdend, ich bin mehrmals schon nach wenigen Seiten eingenickt. Marion war mir zu sperrig und Achim einfach zu lasch. Er ist so ein Typ Mann, der einfach alles geschehen lässt und den Mund nicht aufmacht. Der konnte mir gar nicht sympathisch werden.
Dazu kam der Sprachstil des Autors, mit dem ich einfach nicht warm wurde. Da gibt es so viele unvollständige Sätze, bei denen das Ungesagte einfach in der Luft hängenbleibt und irgendwie verpufft. Außerdem fehlt es dem ganzen Roman an Spannung, die Kapitel plätschern so dahin und während ich bei anderen Romanen das Buch oft gar nicht mehr weglegen kann, hatte ich hier meist gar keine Lust, überhaupt weiterzulesen. Ich war mehrmals kurz davor, die Lektüre abzubrechen, aber irgendwie bringe ich das dann doch nie fertig, denn es könnte ja doch noch was Spannendes passieren. Außerdem handelte es sich hier um ein Rezensionsexemplar, das ich ganz pflichtbewusst zu Ende bringen wollte. Also habe ich mehrere Kapitel mehr oder weniger nur quergelesen. Erst gegen Schluss hin wurde es ansatzweise ein wenig spannend, aber auch nicht so sehr, dass ich wirklich mitgefiebert hätte.
Einen Pluspunkt gibt es für die meines Erachtens sehr authentisch geschilderte 80er-Jahre-Atmosphäre, von damals gebräuchlichen Ausdrücken bis hin zu Mode und TV-Programm. Da hab ich doch einiges wiedererkannt – und hatte dann beim Lesen plötzlich einen Ohrwurm von Modern Talking, weil ein Song dieser Band im Buch eine Rolle spielt. Tja, auf diesen Ohrwurm hätte ich wahrlich gerne verzichtet 😉
Summa summarum leider sehr enttäuschend, vielleicht auch einfach das falsche Buch zur falschen Zeit für mich.