„Die Wolkenkönigin von Schwabing“ | |
von Karina Lindner | |
Bewertung
★★★☆☆
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Verlag | epubli |
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Buchform | Taschenbuch, eBook |
Erschienen | November 2021 |
Seiten | 232 |
Erhältlich bei | AP Buch Baldham |
Vor zwei Tagen, also am 24. November 2021, hat sich der Tod von Queen-Sänger Freddie Mercury zum 30. Mal gejährt. Aus diesem Anlass kam bereits vor zwei Monaten die Biografie „Mercury in München – Seine besten Jahre“ heraus, pünktlich zum Todestag erschien nun auch noch dieser fiktive Roman, in dem Freddies Tod eine ganz wesentliche Rolle spielt.
Am 25. November 1991 erreicht die Nachricht von Freddies Tod die ganze Welt. In München trifft sich eine Clique in der Schwabinger Kneipe „Bei Harry“, um dort gemeinsam zu trauern. Die Clique besteht aus Kneipenwirt Harry, der jungen Bäckereiverkäuferin Gitta, ihrer Freundin Sissi, dem Arzt Johannes, genannt Doc, und dessen Sprechstundenhilfe Liliane. Dazu gesellt sich noch die Zufallsbekanntschaft Enno, der durch die laute Queen-Musik in die Kneipe gelockt wurde.
Während die Freunde Freddies Tod betrauern, erfährt man als Leser so einiges über die Clique, insbesondere über Gitta, aus deren Sicht der Roman geschrieben ist. Gitta kommt vom Lande und ist in die große Stadt gezogen, um hier etwas zu erleben. Die Studentin Sissi vermietet ihr nicht nur ein Zimmer in ihrer schicken Schwabinger Wohnung, sondern nimmt sie auch sonst unter ihre Fittiche. Mit Harry hat Gitta ein lockeres Techtelmechtel, wohlwissend, dass er verheiratet ist und zwei Söhne hat, schließlich hängt das Familienfoto gut sichtbar hinter dem Tresen. Doc wäre eigentlich lieber Musiker geworden, hat aber gezwungenermaßen die Arztpraxis übernommen, die schon sein Vater und vor ihm dessen Vater geführt hat. Liliane hingegen wäre gerne Ärztin geworden, ist aber vor lauter Nervosität zweimal durch die Prüfung gefallen.
Freddie Mercury, der ja tatsächlich etliche Jahre in München gelebt hat, war im Roman auch einmal zu Gast in der Kneipe, seitdem hält Harry den Barhocker, auf dem Freddie einst saß, in Ehren, niemand anderes darf sich dort hinsetzen. Als Enno die Bar betritt und just diesen Barhocker ansteuert, kommt er mit der Clique ins Gespräch. Vor allem Gitta hat es ihm angetan und auch sie ist nicht unempfänglich für Ennos Charme, zumal wegen Harry das schlechte Gewissen an ihr nagt. Im Laufe des Abends macht Enno den Vorschlag, dass sie sich alle in 30 Jahren, also am 25. November 2021, wieder in Harrys Kneipe treffen. Die anderen, allesamt nicht mehr ganz nüchtern, stimmen zu.
Gitta und Enno verlassen die Kneipe gemeinsam und verbringen die Nacht zusammen. Auch am folgenden Abend haben sie ein Rendezvous und Gitta hat tausende Schmetterlinge im Bauch. Doch am folgenden Abend versetzt Enno sie und ward fortan nie wieder gesehen. Gitta, die nur Ennos Vornamen weiß, forscht vergeblich nach seinem Verbleib und gibt sich ihrem Unglück hin. Wenig später entdeckt sie, dass sie schwanger ist. Als Vater kommen sowohl Enno als auch Harry in Frage, doch der eine ist verschwunden, der andere drängt sie zur Abtreibung. Verunsichert macht Gitta sich auf den Weg nach Amsterdam, denn in Deutschland ist ein Schwangerschaftsabbruch nicht möglich. Bis zuletzt weiß sie nicht, wie sie sich entscheiden soll.
30 Jahre später begegnet sich die Clique wie geplant wieder. Vieles hat sich seit damals verändert, Harrys Kneipe ist verkauft und nun ein schickes In-Lokal, ein Mitglied der Clique ist nicht mehr am Leben, andere haben sich aus den Augen verloren. Als sie sich nun zum ersten Mal seit langem wiedersehen, kommen etliche unangenehme Wahrheiten ans Licht…
Als ich auf Facebook zufällig von diesem Buch erfahren habe, war ich (trotz meiner Vorbehalte gegen Self-Publisher) sofort interessiert, denn die Grundidee fand ich sehr spannend. Auch ich kann mich noch gut erinnern, wann und wo ich von Freddie Mercurys Tod erfahren habe: Ich befand mich gerade auf dem Weg zu meiner schriftlichen IHK-Abschlussprüfung und nachdem ich frühmorgens schon im Radio die traurige Nachricht erfahren hatte, kaufte ich am Münchner Hauptbahnhof sämtliche Zeitungen, in denen etwas dazu stand. Die ganze Fahrt zum Prüfungsort über lasen meine Kollegin und Co-Auszubildende und ich die verschiedenen Berichte. Heute, 30 Jahre später, habe ich mit dieser damaligen Kollegin noch immer Kontakt, erst kürzlich haben wir uns mal wieder getroffen. Zum Glück ist unsere Freundschaft aber nicht auf Lügen und Intrigen aufgebaut wie das Beziehungsgeflecht der Schwabinger Clique!
Der Roman liest sich locker-leicht in wenigen Stunden, was auch an den relativ kurzen Sätzen und der vielen wörtlichen Rede liegt. Leider finden sich im Text recht viele Rechtschreibfehler bzw. fehlende oder doppelte Wörter, was für mich den Lesefluss empfindlich gestört hat. Dadurch haben sich meine Vorbehalte gegen Self-Publisher wieder einmal bestätigt, denn leider sparen die meisten an einem ordentlichen Korrektorat und Lektorat. Die Autorin hat mir aber versichert, die Korrekturen in der nächsten eBook-Version einzupflegen. Inhaltlich fand ich die Geschichte spannend, wobei mir das Wiedersehen nach 30 Jahren etwas zu schnell und oberflächlich abgehandelt wurde, da hätte man mehr draus machen können.
Einen Pluspunkt gibt es von mir für das wunderschöne Cover und das Münchner Lokalkolorit, das beim Lesen deutlich spürbar war. Schlussendlich habe ich bei der Bewertung zwischen drei und vier Sternen geschwankt, ohne die vielen Schreibfehler hätte die Geschichte vier Sterne bekommen. Für alle Fans von Queen und Freddie Mercury, für Nostalgiker und München-Liebhaber ist dies sicherlich eine sehr unterhaltsame Lektüre.