Italienreise 2024 Teil 3: Toskana

Erstellt am 23.7.24. Kategorie: Reiseberichte

Samstag, 11. Mai: Fattoria Cerbaia

Nachdem wir den Gardasee und Bologna hinter uns gelassen hatten, näherten wir uns endlich unserem Ziel, der Fattoria Cerbaia mitten im Chianti. Lange hatte ich im Internet nach der für unsere Vorstellungen idealen Unterkunft gesucht: Sie sollte zentral zwischen all den Orten liegen, die wir besichtigen wollten, nicht zu viele Ferienunterkünfte haben, ein aktiver Weinbaubetrieb sein, der auch Weinproben anbietet, einen Pool haben … die Fattoria Cerbaia vereint all diese Wünsche perfekt! Sie liegt nahe der Ortschaft Barberino Val d’Elsa, jeweils etwa 30-40 Autominuten von Florenz, Siena und San Gimignano entfernt, somit also sehr zentral, aber gleichzeitig auch total abgeschieden: Von der öffentlichen Straße aus muss man noch etwa 5 Minuten über eine private Schotterstraße fahren, den einen Hügel hinunter und den nächsten wieder hinauf, bevor man die Fattoria erreicht. Diesen Blick hat man vom Tor an der öffentlichen Straße aus:

Es gibt dort nur zwei Ferienwohnungen, eine für zwei Gäste („Oleandro“, dort wohnten wir) und eine für vier Gäste („Glicine“, die war während unseres Aufenthalts nicht besetzt). Da auch die Besitzer in unserer Ferienwoche selbst nicht anwesend waren, hatten wir das Weingut quasi für uns alleine. Susanna, eine Mitarbeiterin, nahm uns sehr freundlich in Empfang, zeigte uns alles und stand auch während unseres Aufenthalts für Fragen zur Verfügung. Es folgen nun viele Fotos von der Fattoria, die so wunderschön angelegt ist, dass wir uns einfach nicht satt sehen konnten:

Im Wohnzimmer der sehr schön eingerichteten Ferienwohnung erwarteten uns zur Begrüßung eine Flasche Chianti Classico Riserva und eine Flasche Olivenöl, beide aus eigenem Anbau der Fattoria. Außerdem gab es eine sehr umfangreiche Infomappe mit allen nur erdenklichen Tipps für Besichtigungen und nützlichen Adressen. Nachdem wir ausgepackt und uns ein wenig eingerichtet hatten, fuhren wir zum nächstgelegenen Supermarkt, um uns für die nächsten Tage mit Lebensmitteln einzudecken. Da wir die letzten Tage immer auswärts gegessen hatten, freuten wir uns darauf, an diesem Abend mal „daheim“ zu essen. Und das taten wir dann auf unserer Terrasse mit herrlichem Blick nach Westen zu den gegenüberliegenden Hügeln, wo wir die Silhouetten der Ortschaften Tignano und Barberino erkennen konnten. Und dort erlebten wir auch den ersten von vielen traumhaften Sonnenuntergängen:

Sonntag, 12. Mai: Certaldo Alto, San Gimignano

Muttertag! Wie könnte dieser Tag besser starten als mit einem liebevoll gedeckten Frühstückstisch auf der Terrasse mit solch einer Aussicht? Dazu leckere Pralinen von meinem Mann, Nachrichten von unseren Söhnen und ein Telefonat mit meiner eigenen Mutter. Den heutigen Tag verbrachten wir zunächst ganz faul am Pool. Leider war das Wasser noch ziemlich kalt, aber es tat auch gut, einfach nur im Liegestuhl zu liegen, ein gutes Buch zu lesen (Toskana-Buchtipps gibt es am Ende dieses Reiseberichts) und den Blick über die herrliche Landschaft schweifen zu lassen.

Erst am späten Nachmittag brachen wir zu einer ersten Besichtigungstour auf. Ich hatte vor, den Abend in San Gimignano zu verbringen. Dort waren wir vor zwölf Jahren schon einmal mit der ganzen Familie gewesen und es hatte mir trotz der vielen Touristen so gut gefallen, dass ich gerne nochmal dorthin wollte, diesmal aber eben erst abends, in der Hoffnung, dass dann viele Tagestouristen schon wieder weg sind.
Weil es auf dem Weg lag, machten wir zuvor noch einen Abstecher nach Certaldo. Davon hatte ich im Reiseführer gelesen: Es gibt dort eine Unterstadt und oben auf einem Hügel thronend die mittelalterliche Oberstadt, die entweder zu Fuß oder mittels einer Standseilbahn von der zentralen Piazza der Unterstadt aus erreichbar ist. Bekannt ist der Ort auch deshalb, weil dort (vermutlich) der italienische Renaissance-Schriftsteller Giovanni Boccaccio (Decamerone) geboren wurde.

Es dauerte eine Weile, bis wir einen Parkplatz fanden, dann standen wir etwa eine halbe Stunde an der Talstation der Seilbahn an. Um uns herum nur Italiener – ein wenig wunderten uns schon darüber, dass wir trotz dieses Andrangs offensichtlich weit und breit die einzigen deutschen Touristen waren. Als wir schließlich oben in Certaldo Alto aus der Seilbahn stiegen, hörten wir Musik und schnell stellte sich heraus: In den mittelalterlichen Gassen fand an diesem Sonntag ein Musikfestival statt. Es herrschte ein Höllenlärm, bei der Musik handelte es sich ausschließlich um Techno / Electro und die schmalen Gassen waren rappelvoll mit Menschen. Das also war der Grund für den Andrang von Einheimischen an der Standseilbahn gewesen!

Wir ließen uns von der Menschenmenge einmal quer durch den Ort treiben, etwas anderes blieb uns auch gar nicht übrig 😉 Soweit man das im Gewühl erkennen konnte, ist Certaldo Alto wirklich hübsch, aber nach dem beschaulichen Tag auf „unserem“ Weingut war es uns hier einfach zu voll, zu laut, zu viel … so traten wir schon recht bald wieder den Rückzug an.

Weiter ging die Fahrt durch die wunderschöne Landschaft, Hügel rauf, Hügel runter, bis nach San Gimignano, das uns schon von Weitem mit seiner markanten Silhouette grüßte. Aufgrund der vielen hohen Geschlechtertürme wird San Gimignano auch gerne das „Manhattan der Toskana“ genannt. Wir kamen kurz vor 20 Uhr abends an und tatsächlich war die Stadt vergleichsweise leer: Es war überhaupt kein Problem, einen Parkplatz nahe einem der Stadttore zu bekommen, die mittelalterlichen Gassen und Plätze waren nicht mehr von Touristenmassen verstopft, die Läden bereits am Schließen. Wer gerne auch noch in den Geschäften stöbern möchte, kommt am besten gegen 19 Uhr, ansonsten war unsere Ankunftszeit ideal.

Wir suchten und fanden ein nettes Lokal fürs Abendessen: Das Restaurant gehört zum „Hotel Cistern“, hat seinen Namen offensichtlich von der Piazza della Cisterna, an der es liegt, und existiert angeblich schon seit dem Jahr 1100, als es eine Pilgerherberge war. In jedem Fall hat das Lokal ein schönes Deckengewölbe (siehe Bild oben) und das Essen schmeckte fantastisch!

Danach machten wir einen Spaziergang durch die nächtliche Stadt, die ein ganz eigenes, beinahe mystisches Flair verströmte, überhaupt nicht zu vergleichen mit dem Touristentrubel, der dort tagsüber herrscht. Man fühlt sich direkt ins Mittelalter zurückversetzt und kann sich wunderbar vorstellen, dass die Menschen statt in Jeans und Turnschuhen in mittelalterlichen Gewändern durch die Gassen flanieren. Es gibt in San Gimignano auch ein Museum, das ein Modell der Stadt um das Jahr 1300 zeigt. Allerdings schließt dieses Museum schon um 19 Uhr, so dass wir es leider nicht besuchen konnten. Ein guter Grund, einmal wiederzukommen!

Zumindest von außen konnten wir einen Blick in ein Geschäft mit „Sapori della Toscana“, also typischen Spezialitäten der Toskana, werfen. Es gibt in den Wäldern der Region viele Wildschweine, daher gibt es auch Wildschwein-Salami oder -Schinken zu kaufen und auf den Speisekarten findet man häufig Pasta mit „ragù al cinghiale“ – ich hab’s probiert, es war lecker!

Nur widerstrebend traten wir schließlich den Heimweg an. Die Stadt hat mich – genau wie bereits vor zwölf Jahren – total verzaubert und ich würde jederzeit gerne nochmal dorthin zurückkehren. Das erste von vielen Highlights in diesem Urlaub.

Montag, 13. Mai: Florenz

Eine andere Stadt, von der ich nicht genug bekommen kann, ist Florenz. 1988 war ich zum ersten Mal dort, auf unserer Abifahrt. Wenige Jahre später dann nochmal mit meiner Mutter, das dritte Mal 1996 zusammen mit meinem Mann, damals war ich gerade schwanger mit unserem ersten Kind. 2012 kamen wir dann als vierköpfige Familie dorthin, also war dies nun mein fünfter Besuch in der Stadt – und hoffentlich nicht mein letzter, denn es gibt dort noch immer so viel zu entdecken!

Wir parkten, wie schon vor zwölf Jahren, etwas außerhalb in Scandicci und nahmen von dort aus die Tramvia in die Innenstadt. Das kann ich generell nur empfehlen: Das Parken kostete uns 7 Euro, das Tramticket 1,50 Euro, hin und zurück für zwei Personen also 6 Euro. Damit kamen wir insgesamt deutlich günstiger als mit einem Parkhaus in Altstadtnähe. Und stressfreier war es allemal. Die Tramvia fährt alle paar Minuten und hält unter anderem sehr zentral am Bahnhof Santa Maria Novella.

Unser erster Weg führte uns von dort ins Viertel Ognissanti und zur gleichnamigen Kirche, denn dort liegt der Maler Sandro Botticelli begraben. Nachdem ich schon so viel über Lorenzo de’Medici gelesen habe und dabei unweigerlich auch immer wieder Botticelli vorkommt, wollte ich unbedingt dorthin.

Die Kirche Ognissanti ist auch die Hauskirche der Familie Vespucci. Der berühmte Entdecker Amerigo Vespucci ist zwar nicht hier begraben, sondern in Sevilla, wohl aber sein gleichnamiger Großvater. Ich hielt Ausschau nach dem Grab von Simonetta Vespucci, die als Muse von Botticelli galt, konnte aber kein Einzelgrab mit ihrem Namen entdecken. Dabei hatte ich in mehreren Reiseführern und Wikipedia-Artikeln gelesen, dass sie hier begraben ist und dass es Botticellis Wunsch gewesen sei, in ihrer Nähe beigesetzt zu werden. So fragte ich schließlich eine Aufseherin in der Kirche und bekam die Antwort, das sei alles nur eine Legende. Diese Antwort ließ mich ziemlich unbefriedigt zurück. Eine ausgiebige Internetrecherche zeigte mir immer wieder Fotos der unten abgebildeten Grabplatte als Grabmal der Familie Vespucci, offenbar ist auch Simonetta dort bestattet:

Am Arno entlang schlenderten wir weiter zur Kirche Santa Trinita. Dort gibt es eine Seitenkapelle der Familie Sassetti und dort ein Fresko von Domenico Ghirlandaio namens „Die Bestätigung der Ordensregel“. Darauf sind auch Lorenzo de’Medici, seine Söhne und deren Hauslehrer, der Humanist Angelo Poliziano abgebildet. Da ich mich so viel mit den Medici beschäftige, habe ich schon häufig Abbildungen dieses Freskos gesehen. Nun konnte ich das Bild in echt betrachten – ein ganz besonderes Gefühl!

Glücklich und zufrieden verließen wir die Kirche Santa Trinita wieder und gingen zur gleichnamigen Brücke, von der aus man einen wunderbaren Blick auf die berühmte Ponte Vecchio hat:

Weiter entlang des Arnos gingen wir bis zu den Uffizien, der berühmten Gemäldegalerie. Für einen Besuch des Museums reichte die Zeit nicht – ich war auf besagter Abifahrt schon mal dort, konnte das damals aber gar nicht so richtig würdigen. Ein Grund mehr, auch noch einen sechsten Besuch in Florenz einzuplanen (dann auch gerne länger als nur für einen Tag)! Diesmal begnügten wir uns mit dem Innenhof, der Galleria degli Uffizi. Dort stehen Statuen vieler berühmter Männer (leider keine Frauen) der italienischen Geschichte. Eine Auswahl, natürlich auch wieder mit Lorenzo de’Medici sowie seinem Großvater Cosimo:

Wir warfen noch einen kurzen Blick in den Innenhof des Palazzo Vecchio, wandten uns dann aber nach Osten in Richtung Santa Croce. Auch in dieser Kirche war ich schon mehrfach, aber den Platz vor der Kirche finde ich immer wieder beeindruckend und ich kann mir gut vorstellen, wie es dort zur Zeit der Medici ausgesehen haben muss, als hier die berühmten Turniere abgehalten wurden. Von dort aus gingen wir weiter zum Mercato di Sant’Ambrogio, der deutlich weniger bekannt ist als der Mercato Centrale nahe des Doms. Hier, so schien es uns, kaufen eher die Florentiner ein. Leider vergaß ich bei all den appetitlichen Auslagen, Fotos zu machen, dafür gibt es ein Foto vom benachbarten Floh- und Antiquitätenmarkt:

Wir kauften uns an einem der Marktstände einen kleinen Imbiss, den wir in einem netten Innenhof verzehrten – umgeben von lauter Student*innen der benachbarten Universität. Über wenig frequentierte Nebenstraßen ging es schließlich zurück zur Piazza della Signoria …

… und weiter zur Piazza della Repubblica. Dort befindet sich nämlich das wunderschöne (und sehr teure) Caffè Gilli, das ich unbedingt besuchen wollte. Ich habe ja spätestens seit Triest ein Faible für schöne Kaffeehäuser und da kam ich im Caffè Gilli voll auf meine Kosten (im wahrsten Sinne des Wortes: Ein kleines Cola kostete 8 Euro!).

Wir bekamen einen Platz im wunderschönen Innenraum, aber direkt am geöffneten Fenster, von wo wir das Treiben auf der Piazza bestens beobachten konnten, so dass wir dort deutlich mehr Zeit verbrachten als ursprünglich gedacht. Dabei wartete gleich gegenüber das nächste Lokal auf uns: Im Reiseführer hatte ich gelesen, dass man von der Bar auf der Dachterrasse des Kaufhauses „Rinascente“ einen wunderbaren Blick auf den Dom haben sollte. Natürlich konnte man diese Bar nicht betreten, ohne dort etwas zu verzehren, das hatten in der Vergangenheit offenbar schon zu viele Touristen gemacht 😉 Also tranken wir dort den nächsten Cappuccino und genossen tatsächlich einen tollen Rundumblick:

Dann sahen wir uns den Dom aber auch nochmal von unten an. Drinnen waren wir schon mehrfach, das sparten wir uns diesmal. Dafür lehnten wir eine ganze Weile an der Brüstung des Baptisteriums und betrachteten durchs Fernglas die vielen aufwändigen Details der reich verzierten Kirchenfassade. Das kann ich wirklich nur empfehlen, denn so erfasst das Auge viel eher all die schönen Figuren und Verzierungen, die man sonst beim Blick auf das große Ganze gar nicht mehr wahrnehmen kann.

Weiter ging unser Bummel in Richtung Kirche Santa Maria Novella. Der Platz davor ist mit Blumen und Sitzbänken hübsch gestaltet, außerdem spielte dort gerade ein Straßenmusiker, so dass wir auch hier wieder eine ganze Weile saßen und einfach dem Treiben um uns her zusahen. Übrigens fiel uns generell in Florenz auf, dass es dort nun deutlich mehr Radwege gibt, als das in meiner Erinnerung früher der Fall war. Touristen werden mit kleinen Elektrobussen, ähnlich Golf-Caddys, durch die Stadt gefahren. Die Mobilitätswende ist hier also bereits in vollem Gange.

Mittlerweile war es später Nachmittag, aber ich konnte mich noch nicht losreißen von dieser wunderbaren Stadt, auch wenn wir inzwischen eigentlich alles gesehen hatten, was ich mir für diesen Tag vorgenommen hatte. Also spazierten wir nun doch nochmal durch die Gassen rund um den Mercato Centrale, bewunderten all die schönen Lederwaren, die es dort gibt (okay, ich gebe es zu: Ich hatte schon vorher zugeschlagen und mir an der Piazza della Repubblica eine Handtasche gekauft), und gelangten schließlich zum Palazzo Medici-Riccardi. Irgendwann, wenn ich viel Zeit habe, möchte ich auch diesen gerne von innen besichtigen. Heute begnügte ich mich mit einem Blick in den Innenhof, während Jens sich mit dem Aufseher am Eingang, einem Schweizer, wie sich herausstellte, sehr nett unterhielt.

Einen letzten Programmpunkt hatten wir aber doch noch: Mit der Tramvia fuhren wir schließlich wieder Richtung Scandicci, machten aber noch einen Zwischenstopp nahe der Porta al Prato. Dort, am Parco Vittorio Veneto, war nämlich gerade ein Riesenrad aufgebaut, das wir bereits auf der Hinfahrt gesehen hatten. Es war jedoch ein guter Entschluss, die Fahrt mit diesem Riesenrad erst am Spätnachmittag zu machen, denn nun stand die Sonne im Westen und wir hatten sie folglich beim Blick auf die Altstadt östlich von uns in unserem Rücken:

Dann aber war es endgültig Zeit, zur Fattoria zurückzukehren. Dort genossen wir die Ruhe nach diesem trubeligen Tag, legten die Füße hoch und tranken noch ein Glas Chianti.

Dienstag, 14. Mai: Castellina, Panzano, Greve und San Donato

Nach dem langen und auch etwas anstrengenden Ausflugstag in Florenz ließen wir es heute etwas ruhiger angehen. Wir verbrachten viel Zeit im Liegestuhl am Pool, lasen und genossen die schöne Aussicht. Erst am Nachmittag brachen wir schließlich auf zu einer Tour entlang der „Strada del Chianti“, dabei handelt es sich um die Straße SR222, die die wichtigsten Orte des Chianti Classico-Gebietes miteinander verbindet. Wir begannen unsere Tour im hübschen Ort Castellina in Chianti, wo es uns ausnehmend gut gefiel:

Weiter ging die Fahrt nach Panzano. wo wir die Kirche besichtigten. Berührend: An einem Olivenbäumchen im Gotteshaus hatten Kinder Papierostereier aufgehängt und ihre Wünsche darauf geschrieben. Ganz oft lasen wir dort „Pace al mondo“, „Pace a tutti“, also Frieden auf Erden für alle. In Panzano entdeckten wir auch einen hübschen Tante-Emma-Laden, wo wir spontan selbstgemachte Tortellini, Tomaten und eine Zwiebel einkauften. Wir hatten nämlich bereits für Donnerstag eine Weinprobe auf unserem Weingut vereinbart und wollten danach nicht mehr mit dem Auto zum Abendessen fahren, sondern lieber in der Ferienwohnung kochen.

Den nächsten Stopp machten wir in Greve in Chianti, was als Hauptort des Chianti Classico gilt. Der Ort wäre noch viel hübscher, wenn man dort wie in anderen Städten der Toskana die Autos aus dem Zentrum verbannt hätte. Dann wäre der Dorfplatz sicher noch pittoresker gewesen. Ich habe es aber geschafft, die Autos auf meinen Fotos halbwegs auszublenden 😉  Auch hier gibt es, ähnlich wie in Bologna, viele schöne Arkadengänge rund um die zentrale Piazza Matteotti.

Von dort aus fuhren wir noch ein gutes Stück weiter Richtung Nordwesten durch die wunderschöne Landschaft, an der wir uns einfach nicht satt sehen konnten. Kaum ein Hügel, auf dem nicht ein altes Dorf, ein Herrenhaus, ein Castello oder ein Weingut thront. Dazu überall die Pinien und Zypressen – Bilder in einem Reiseprospekt könnten nicht schöner sein!
Schließlich wandten wir uns wieder Richtung Süden und landeten schließlich im hübschen kleinen Dorf San Donato. Dort aßen wir im Lokal „Antica Trattoria La Toppa“ zu Abend, eine Empfehlung aus der Infomappe unseres Weinguts – vermutlich, weil dort auch der Wein der Fattoria Cerbaia angeboten wird. Aber es war wirklich ein sehr nettes Lokal mit einer guten Mischung aus Einheimischen und Touristen, freundlichem Service und sehr leckerem Essen.

Mittwoch, 15. Mai: Monteriggioni, Siena, Colle Val d’Elsa

Heute stand wieder ein ganztägiger Ausflug auf dem Programm und der führte uns diesmal nach Süden in Richtung Siena. Auf dem Hinweg machten wir einen Stopp im mittelalterlichen Festungsdorf Monteriggioni. Das Besondere dieses Ortes sieht man am besten von oben: Er ist nämlich von einer vollständig erhaltenen Stadtmauer von rund 570 Metern Länge umgeben, die in zwei Abschnitten auch begehbar ist.

Im Mittelalter spielte Monteriggioni eine wichtige strategische Rolle in den Kämpfen der beiden Stadtstaaten Florenz und Siena. Heute ist der Ort ein Touristenmagnet, entgegen der Warnungen in meinem Reiseführer fanden wir es dort aber nicht überlaufen und der Ort ist wirklich hübsch herausgeputzt und bietet jede Menge schöner Fotomotive:

Eine gute Stunde hielten wir uns dort auf, bevor wir schließlich weiterfuhren nach Siena. Siena habe ich nun zum dritten Mal besucht: Auf unserer Abifahrt 1988 hatten wir von Florenz aus einen Tagesausflug dorthin gemacht und 2012 war ich mit meiner Familie dort. Deshalb hatte ich diesmal auch überhaupt kein Besichtigungsprogramm für die Stadt geplant: einfach treiben lassen lautete das Motto.

Wie schon vor zwölf Jahren, parkten wir auch diesmal wieder im Parkhaus am (deutlich tiefer als die Altstadt gelegenen) Bahnhof (2 Euro für mehrere Stunden!). Von dort geht es durch ein Einkaufszentrum und viele, viele Rolltreppen ein gutes Stück nach oben, bis man schließlich nahe des Stadttores Porta Camollia herauskommt. Von hier führt der Weg immer geradeaus durch die Altstadt, vorbei am Palazzo Salimbeni, dem Sitz des Bankhauses Monte dei Paschi di Siena (das älteste noch existierende Bankhaus der Welt), weiter zum berühmten Caffè Nannini (der Familie, der auch die Rocksängerin Gianna und ihr Bruder, der Rennfahrer Alessandro entstammen). So landet man schließlich an der Piazza del Campo, wo zweimal jährlich das bekannte Pferderennen Palio ausgetragen wird:

Ich stehe jedes Mal wieder staunend auf diesem Platz und denke mir: Wie kann es sein, dass hier ein Pferderennen stattfindet? Der Platz ist viel zu klein, zu steil, die Kurven zu eng … nicht umsonst ist das waghalsige Pferderennen bei Tierschützern sehr umstritten, aber in Siena ist es Kult. Es treten dabei die verschiedenen Stadtteile – Contrade – gegeneinander an und die Rivalität dieser Stadtteile ist auch im Alltagsleben spürbar.

Wir umrundeten den Platz einmal und stiegen dann die steilen Gassen hinauf zum Dom. Den hatten wir 2012 von innen besichtigt und er hatte mich seinerzeit sehr beeindruckt, weil er wirklich prächtig und wunderschön ausgestattet ist. Angesichts der langen Schlangen am Ticketschalter (wie viele große Kirchen in Italien kostet auch diese Eintritt, weil man anders die wertvollen Kunstschätze darin gar nicht erhalten könnte) verzichteten wir diesmal aber auf den Besuch. Stattdessen machten wir es wie in Florenz: Wir setzten uns auf ein Mäuerchen, bewunderten die Details der Fassade mit dem Fernglas und schauten uns ansonsten das Treiben der Touristen an. Neben uns telefonierte eine Schwäbin so lautstark mit ihrem Handy, dass wir gar nicht umhin kamen, jedes Wort mitzubekommen …

Später gönnten wir uns einen Cafébesuch, bummelten noch ein wenig durch die Gassen, dann aber hatten wir genug von Siena und so traten wir langsam den Rückweg an. Für unser Empfinden herrscht in Siena eine ganz andere Atmosphäre als in Florenz, irgendwie noch touristischer. Und anders als bei Florenz hatte ich bei Siena das Gefühl: Nun war ich dreimal hier, das reicht dann aber auch.

Auf dem Rückweg hielten wir noch in Colle Val d’Elsa. Einen Besuch dort hatte mir mein Reiseführer empfohlen, auch dort gibt es eine Unter- und eine historische Oberstadt, in beiden sei die Restaurantdichte sehr hoch, hieß es. Also der perfekte Ort für ein Abendessen, dachten wir. Colle Val d’Elsa ist das Zentrum der italienischen Glaswarenherstellung und das prägt den Ort: In Colle Basso, der Unterstadt, finden sich vor allem Arbeiterunterkünfte, also Mehrfamilienhäuser (ich will nicht unbedingt sagen Plattenbauten, aber es geht in die Richtung), vieles wirkt etwas heruntergekommen, insgesamt sieht es hier wenig einladend aus. Das Parken war schwierig und als wir endlich einen Parkplatz gefunden hatten, streikte der Parkautomat. Wir brauchten dringend Münzen, also gingen wir in den nahe liegenden Obst- und Gemüseladen, um dort ein wenig Obst zu kaufen und auf diese Weise Kleingeld zu erhalten. In dem Laden ließ man uns aber erstmal ewig warten und spüren, dass wir als Touristen hier eher unerwünscht waren – das einzige Mal, dass wir nicht zuvorkommend und freundlich bedient wurden, unsere sonstigen Erfahrungen in diesem Urlaub waren allesamt überaus positiv!

Irgendwann konnten wir dann aber endlich den Parkschein im Auto deponieren und uns auf den Weg zum Aufzug machen, der uns in die Oberstadt bringen sollte. Der Reiseführer hatte uns gewarnt, dass dieser Aufzug häufig kaputt sei und genau so war es dann auch. Also machten wir uns zu Fuß an den steilen Aufstieg. Colle Alto ist wirklich hübsch anzusehen, aber es wirkte wie ausgestorben, regelrecht tot. Dabei war es früher Abend, die Siesta-Zeit längst vorbei, dennoch waren viele Geschäfte und Lokale geschlossen und es sah auch nicht so aus, als würden sie jemals wieder öffnen. Dazu kam, dass uns in der ausgewiesenen Fußgängerzone ständig Autos entgegenkamen, so dass wir uns eng an die Hauswände der schmalen Gassen drücken mussten, um nicht überfahren zu werden. Kurzum: Uns gefiel es hier überhaupt nicht. Schade, denn rein optisch hat die Oberstadt einiges zu bieten:

So machten wir uns wieder an den Abstieg und landeten schließlich an der zentralen Piazza in Colle Basso, wo es dann doch zwei Lokale gab, ein sehr teures und ein einfaches. Wir entschieden uns für letzteres, wo wir sehr freundlich bedient wurden (der Kellner schien aber sehr verwundert darüber, dass sich Touristen zu ihm verirrt hatten) und ausgesprochen lecker zu Abend aßen, mit Blick auf das abendliche Treiben auf der Piazza, wo alte Männer auf den Bänken saßen, Kinder Fußball spielten und Mütter in Grüppchen zusammenstanden und ratschten. Trotz dieses versöhnlichen Abschlusses lautet mein Fazit: Einen Besuch in Colle Val d’Elsa kann man sich getrost sparen.

Zurück bei unserer Fattoria genossen wir mal wieder einen herrlichen Sonnenuntergang:

Donnerstag, 16. Mai: Fattoria und Weinprobe

Heute war das Wetter zum ersten Mal etwas unbeständig und recht windig. Wir ließen es ruhig angehen und nutzten die Gelegenheit, um Wäsche zu waschen, damit sich später zuhause die Wäscheberge nicht allzu hoch türmen würden. Für den späten Nachmittag hatten wir mit Susanna eine Weinprobe vereinbart. Die Fattoria stellt insgesamt vier verschiedene Rotweine her: Neben dem schon erwähnten Chianti Classico Riserva noch zwei weitere Chianti Classico sowie den Cuvée Luigi Maria, benannt nach dem Besitzer des Weinguts. Susanna führte uns durch den Weinkeller und erzählte uns allerhand Wissenswertes über den Chianti, der nur dann den Zusatz Classico tragen darf, wenn er aus dem entsprechenden Gebiet der Toskana stammt, das Erkennungszeichen dafür ist der Gallo Nero, der Schwarze Hahn, der auf den Flaschen abgebildet ist. Wir erfuhren auch etwas über die Geschichte des Weinguts und schließlich ging es ans Probieren:

Die Weine schmeckten uns alle sehr gut, letztlich war der Riserva aber unser Favorit, so dass wir davon gleich noch einen Karton kauften, schließlich brauchten wir ja auch noch Mitbringsel für unsere Lieben daheim. Außerdem kauften wir noch zwei Flaschen vom Olivenöl, davon kann man schließlich auch nie genug Vorrat haben. Obendrein bekamen wir eine der drei von der Weinprobe angebrochenen Flaschen auch noch geschenkt. Somit hatten wir für unsere in Panzano gekauften Pasta, die wir uns zum Abendessen kochten, gleich die passende Weinbegleitung 🙂
An diesem Abend regnete es tatsächlich mal, was uns beim Abendessen nicht weiter störte, dafüraber für ganz fantastische Wolkenbilder zum Sonnenuntergang sorgte:

Freitag, 17. Mai: Badia a Passignano, Barberino Val d’Elsa

Unser letzter Tag in der Toskana … den Vormittag verbrachten wir nochmal in der Fattoria, am Nachmittag machten wir einen Ausflug durch die wunderschöne toskanische Landschaft nach Badia a Passignano, ein weiterer Tipp aus dem Reiseführer. Dort kehrten wir zunächst zum Kaffeetrinken in einem tollen Lokal ein, das auf den schönen Namen „Di Vino“ hört, eine Wortspielerei, weil es sowohl „vom Wein“ als auch (zusammengeschrieben) „göttlich“ heißen kann. Und göttlich ist die Aussicht von der Terrasse in der Tat, auch das Lokal selbst ist liebevoll dekoriert, und wir aßen dort etwas, was wir zuvor noch nirgends gesehen hatten: Schokoladen-Salami.

Frisch gestärkt besuchten wir dann die gegenüberliegende Abtei Abbazia di San Michele Arcangelo:

Danach beschlossen wir spontan, noch nach Barberino Val d’Elsa zu fahren – zum Glück, sonst hätten wir echt etwas verpasst! Dieser hübsche Ort hat uns auf Anhieb gefallen. Den hohen schlanken Kirchturm des Ortes hatten wir ja schon von der Terrasse unserer Ferienwohnung aus gesehen, nun bewunderten wir den Blick in die entgegengesetzte Richtung.

Zu unserem letzten Abendessen im Urlaub genossen wir nochmal toskanische Spezialitäten satt …

… und im Anschluss mal wieder den herrlichen Sonnenuntergang, einmal in Blickrichtung Osten hin zu „unserer“ Fattoria, dann auch nach Nordwesten, wo man in der Ferne die Berge des Apennin erkennen konnte:

Samstag, 18. Mai: Heimreise

Der Abschied fiel uns wirklich schwer! Noch ein letztes Mal machte ich ein Foto von der grandiosen Aussicht. Vormittags, wenn die Sonne von Osten her scheint, kann man im Südwesten vom Garten aus sogar bis nach San Gimignano sehen (im Foto links hinten an den hohen Türmen erkennbar):

Susanna und ihr Mann Marco kamen, um uns zu verabschieden und so machten wir uns gegen 9 Uhr morgens auf den Heimweg. Glücklicherweise kamen wir gut voran, die Staus waren alle in Gegenrichtung, denn in Bayern begannen an diesem Samstag die Pfingstferien und da starteten ganze Karawanen in den Süden. An der Raststätte Modena Nord machten wir kurz Halt und entdeckten dort zu unserer Begeisterung einen Supermarkt mit nahezu unverschämt günstigen Preisen, so dass wir uns nochmal großzügig mit Biscotti, Cantuccini, Parmigiano und anderen Köstlichkeiten eindeckten. Am späten Nachmittag waren wir wieder zuhause, doch zehren werden wir von diesem Traumurlaub noch lange. Grazie per questa bella vacanca, Italia!

Buchtipps

Bücher, die in der Toskana spielen, gibt es wie Sand am Meer. Einige, die ich vor Ort oder kurz danach daheim gelesen habe, habe ich extra fotografiert:

Oben abgebildet:

Weitere Buchtipps:

Diese Liste könnte man beliebig fortführen und ich werde mit Sicherheit noch viele weitere Toskana-Romane lesen, um mich zumindest virtuell wieder in diese wunderschöne Gegend zurück zu versetzen.

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