„Milchkaffee - Das Glück der Liebe“ | |
von Susanna Ernst | |
Bewertung
★★★★★
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Verlag | feelings |
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Buchform | Taschenbuch, eBook |
Erschienen | Dezember 2017 |
Seiten | 350 |
Erhältlich bei | AP Buch Baldham, Buchladen Vaterstetten |
Dieses Buch hat mich tief bewegt und es kurz vor Jahresende noch geschafft, sich in der Liste meiner persönlichen Lese-Highlights 2017 ganz weit oben zu positionieren. Die Geschichte handelt vom neunjährigen Erik, der im April 1945 in Erfurt durch eine Handgranate schwer verletzt wird. Ein Mitglied der amerikanischen Besatzer, der afroamerikanische Sam, bringt Erik ins Krankenhaus, fortan fühlt Sam, selbst schwer gebeutelt von den Grauen des Krieges, sich für den Jungen verantwortlich. Als Sam durch Zufall die siebenjährige Sophie kennenlernt, ist er begeistert von der Lebensfreude der kleinen Ballerina. Er bittet sie, für den schwer kranken Erik zu tanzen und tatsächlich fasst Erik dadurch neuen Lebensmut. Niemand kann zu diesem Zeitpunkt ahnen, dass bei dieser ersten Begegnung der Grundstein gelegt wird für eine Liebe, die ein ganzes Leben lang hält, trotz vieler Hindernisse.
Zunächst einmal sind Eriks Eltern in den Wirren der Nachkriegszeit unauffindbar, obwohl das Krankenhauspersonal sich alle Mühe gibt, sie ausfindig zu machen. Deshalb nimmt Sophies Mutter den Jungen bei sich zuhause auf, Erik und Sophie wachsen in den nächsten Monaten wie Geschwister miteinander auf. Wiederum ist es Sam, dem es durch einen Zufall gelingt, Eriks Eltern doch noch aufzuspüren. Auch als Erik wieder bei ihnen wohnt, reißt der Kontakt zu Sophie nicht ab.
Das ändert sich erst, als Sophies Vater als Spätheimkehrer aus russischer Gefangenschaft zurückkommt. Er verbietet den mittlerweile Heranwachsenden den Umgang miteinander. Als sie sich heimlich treffen und das auffliegt, hat das böse Konsequenzen. Inzwischen schreibt man bereits das Jahr 1949, die DDR wurde gegründet. Eine Weile verlieren sich Erik und Sophie aus den Augen, können einander jedoch nicht vergessen. Längst haben sich ihre Gefühle füreinander gewandelt, aus Freundschaft wurde Liebe, auch wenn die Jugendlichen das selbst noch nicht so recht erkennen.
Erik hat seit der Verletzung durch die Handgranate eine Beinprothese, dadurch fällt es ihm im DDR-Regime schwer, seine Wunschvorstellungen von einem technisch-handwerklichen Beruf zu realisieren. Als er auch Sophie für immer verloren glaubt, flüchtet er in den Westen. Doch auch hier gelingt es ihm nicht, seine große Liebe zu vergessen, egal wie viele Jahre auch vergehen. Als Erik zu einer Familienfeier nach Erfurt zurückkehrt, trifft er Sophie wieder und das Schicksal nimmt seinen Lauf.
Eingestreut in die Geschichte sind kleine Episoden aus der Gegenwart, also aus dem Sommer, Herbst und Winter 2017. Dabei nimmt der Roman ganz zum Schluss noch einmal eine völlig überraschende Wendung. Auch der Buchtitel „Milchkaffee“ macht ganz am Ende plötzlich Sinn.
Ich habe bei dieser Geschichte mitgelitten, mitgelacht, mitgeweint und mich mitgefreut. Die ganze Story ist extrem spannend erzählt, wozu auch die wechselnden Perspektiven beitragen, denn mal wird die Geschichte aus der Sicht von Erik erzählt, mal aus der Sicht von Sophie, Sophies Mutter oder Sam. Neben der an sich schon dramatischen Zeit rund um das Ende des Zweiten Weltkriegs, die Zeit der Besatzungsmächte und die Gründung der DDR kommen hier noch weitere schwierige Themen zur Sprache, etwa das Thema Behinderung und das Thema Rassenkonflikte. Denn obwohl schwarze und weiße amerikanische Soldaten im Krieg Seite an Seite gegen die Nazis kämpften, so herrscht doch in ihren eigenen Kasernen nach wie vor eine strikte Rassentrennung und Sam muss so manche Schikane erdulden. All das trägt dazu bei, dass ich beim Lesen oft regelrecht atemlos war und das Buch kaum noch aus der Hand legen konnte. Auch hat das Gelesene bei mir noch lange nachgewirkt.
Wer also noch ein wirklich mitreißendes, tiefgreifendes und dabei doch unterhaltsames Buchgeschenk für Weihnachten sucht, macht mit diesem Roman garantiert nichts falsch.