„Wir sehen uns wieder am Ende der Seine“ | |
von Lucas Gauthier | |
Bewertung
★★★★☆
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Verlag | Piper |
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Buchform | Taschenbuch, eBook |
Erschienen | Mai 2019 |
Seiten | 200 |
Erhältlich bei | AP Buch Baldham, Buchladen Vaterstetten |
Susanne stammt aus einem Ort an der Quelle der Seine, Claude hingegen aus Honfleur, wo die Seine in den Ärmelkanal mündet. Getroffen haben sich die beiden jedoch an dem Ort, wo der Fluss am bekanntesten ist, nämlich in Paris. Dort haben beide studiert, doch danach gingen sie getrennte Wege.
Als Claude viele Jahre später das Haus seines verstorbenen Vaters ausräumen muss, entdeckt er dort mehrere Liebesbriefe, die eine gewisse Marguerite im Jahr 1958 an Claudes Vater geschrieben hat. Claude hatte stets ein gespanntes Verhältnis zu seinem Vater, der ihm oft melancholisch und verschlossen vorkam. Von einer Marguerite hat er noch nie gehört und mehr als den Vornamen, das Jahr und die Ortsangabe Paris in den Briefen weiß er auch nicht von ihr. Dennoch beschließt er nun, sich auf die Suche nach ihr zu machen, um so vielleicht auch eine Seite seines Vaters kennenzulernen, die ihm bisher verborgen blieb.
Von seinem alten Lehrer erfährt Claude, dass Marguerite offenbar in einem Pariser Waisenhaus aufgewachsen ist und im Sommer 1958 Ferien in Honfleur gemacht hat, wo sie Claudes Vater traf. Also macht Claude sich auf den Weg nach Paris. Das Waisenhaus von damals existiert noch, doch anno 1958 wurden dort offiziell gar keine Mädchen aufgenommen. Was nun? Unterlagen aus der damaligen Zeit existieren kaum. Zu groß war das Chaos in den Jahren nach dem Krieg, als so viele Kinder zu Waisen wurden. Andere Kinder, sogenannte „enfants blonds“, die aus Beziehungen zwischen französischen Frauen und deutschen Besatzern entstanden sind, wurden nach dem Krieg abgeschoben, ihre Mütter geschmäht. Das macht die Suche nicht gerade einfacher.
Dennoch gibt Claude nicht auf und versucht Stück für Stück, das Rätsel um Marguerite zu lösen. Dabei trifft er Susanne wieder und die beiden verlieben sich ineinander. Ausgerechnet der Vater von Susannes Ex ist es dann, der einen entscheidenden Hinweis liefern kann. Doch was soll Claude sagen, wenn er Marguerite schließlich gefunden hat? Lebt die alte Dame überhaupt noch? Erinnert sie sich an Claudes Vater? Und was genau erhofft sich Claude eigentlich von ihr? Sehr einfühlsam und zugleich spannend beschreibt dieser Roman die Suche Claudes, man fiebert immer mehr mit, je mehr sich vermeintliche Spuren als Sackgassen entpuppen.
Ein wenig gestört hat mich, dass im Buch nicht verraten wird, in welchem Jahr Claudes Suche stattfindet. Es bleibt im Verborgenen, wie alt er und Susanne mittlerweile sind, wie viele Jahre seit ihrer Studentenzeit vergangen sind, wie alt Claudes Vater wurde. Irgendwie hätte mir das geholfen, die Suche noch besser nachvollziehen zu können.
Außerdem hat mich die teilweise recht schlampige deutsche Übersetzung des Romans gestört. Es gibt einige grammatikalische Fehler, falsch gesetzte Kommata, die beim Lesen irritieren und ähnliches. Ich hoffe, das lag nur daran, dass ich ein Vorabexemplar gelesen habe und dass die Fehler in der endgültigen Fassung dann korrigiert sind. Je weiter ich in der Geschichte vordrang, umso weniger störte mich das aber, weil die Handlung so spannend wurde, dass ich darüber hinwegsehen konnte.
Der Roman ist das Erstlingswerk des belgischen Autors Lucas Gauthier und wird beworben mit „Für alle Fans von Nicolas Barreau und Nicholas Sparks.“ Als Fan der Romane von Nicolas Barreau kann ich diesen Eindruck nur bestätigen: Dieses typisch Französische, Leichte, das die Barreau-Romane auszeichnet, schwingt auch hier mit. Auf der Suche nach Marguerite begleitet man Claude durch ganz Paris und sieht die Stadt an der Seine dabei förmlich vor sich, sitzt mit Claude und Susanne im Bistro, wandert mit ihnen durch die Parks und entlang des Seineufers… einfach wundervoll! Letztlich endet die Geschichte genau da, wo sie begonnen hat: Am Ende der Seine.