Schon vor zehn Jahren waren wir zum ersten Mal in Andalusien. Damals hatten wir eine Ferienwohnung in Almunecar gebucht und Tagesausflüge z.B. nach Granada und Malaga gemacht. Einige Fotos aus Granada gibt es bei meiner Buchrezension zum Roman „Die Nacht von Granada“ von Brigitte Riebe. Leider waren wir damals aber zu weit entfernt von Córdoba und Sevilla, so dass diese beiden Städte seitdem ganz oben auf meiner Reisewunschliste standen. Als mein Mann nun im März noch einige Tage Resturlaub hatte, waren wir uns schnell einig, dass dies das perfekte Reiseziel sei. Und so erlebten wir in diesem Frühjahr eine absolute Traumreise, die uns nicht nur nach Sevilla und Córdoba, sondern auch nach Ronda, Gibraltar, Tarifa und Cádiz führte.
1. Tag: Sevilla – Córdoba, Patios und Flamenco
Unser Lufthansa-Flug brachte uns pünktlich und bequem zum Flughafen von Sevilla, wo wir gegen Mittag landeten. Hier übernahmen wir unseren Mietwagen, den wir im voraus über Goldcar gebucht hatten, und machten uns über die Autobahn auf den Weg nach Córdoba. Dort hatten wir für drei Nächte ein Zimmer im Hotel Eurostars Maimónides reserviert. Das liegt genau gegenüber der berühmten Moschee-Kathedrale, deshalb gestaltete sich die Anfahrt dorthin allerdings etwas spannend, denn wir mussten dazu mitten in die Altstadt fahren, die eigentlich für Privatautos gesperrt ist. An einer Schranke mussten wir klingeln und über die Sprechanlage den Namen unseres gebuchten Hotels durchgeben, um einfahren zu können. Zentraler ging es wirklich nicht mehr! Kaum hatten wir eingecheckt und unser Auto in der Tiefgarage geparkt, machten wir uns auf zur Erkundung des wirklich wunderschönen Hotels:
Wir hatten extra gegen Aufpreis ein Hotelzimmer mit Blick auf die Moschee gebucht. Der Blick war auch wirklich fantastisch, tagsüber genauso wie nachts. Dennoch würden wir beim nächsten Mal ein anderes Zimmer vorziehen, denn zwischen Hotel und Moschee liegt die wohl am meisten frequentierte Straße der ganzen Altstadt: Tagsüber drängen sich hier die Touristen, abends die Nachtschwärmer. Nachts kommt die Straßenreinigung und am frühen Morgen der Lieferverkehr, denn hier parken alle LKWs, die dann per Sackkarre ihre Waren zu den Lokalen der Umgebung liefern. Kurz: Es war sehr laut. Ein Zimmer zum ruhigen Innenhof des Hotels wäre definitiv die ruhigere Wahl gewesen. Andererseits war der Blick wirklich großartig und es machte auch Spaß, vom Balkon die Touristen zu beobachten und den Straßenmusikern zu lauschen.
Nachdem wir uns frisch gemacht hatten, brachen wir auf zum ersten Stadtbummel. Der endete allerdings schon wenige Meter weiter, denn gleich der erste malerische, mit Blumen umrankte Innenhof gehörte zu einem einladenden Restaurant namens „El Caballo Rojo“ (das rote Pferd) und wir hatten Appetit auf Kaffee und Kuchen.
Frisch gestärkt setzten wir dann unseren Rundgang fort. Córdobas Altstadt, die zum UNESCO-Weltkulturerbe zählt, besteht aus vielen kleinen Gassen, von denen eine einladender ist als die nächste. Es macht unglaublich Spaß, sich einfach treiben zu lassen. Außerdem gibt es hier viele wunderschöne Innenhöfe, sog. Patios. Jedes Jahr im Mai gibt es sogar ein Festival, bei dem der schönste Patio gekürt wird. Zu diesem Anlass werden auch solche Patios geöffnet, die sonst für die Öffentlichkeit nicht zugänglich sind. Aber auch so konnten wir schon viele schöne Innenhöfe bewundern. Hier ein paar Impressionen:
Auf unserem Weg kamen wir ganz zufällig an einem kleinen Museum namens „Casa de las Cabezas“ (Haus der Köpfe) vorbei. Hinter dem Namen verbirgt sich eine etwas gruselige Familienfehde, das Museum selbst zeigt aber vor allem einen schönen mittelalterlichen maurischen Adelspalast mit sehr interessanter Ausstattung:
Von dort spazierten wir weiter zur Puente Romano, der römischen Brücke über den Fluss Guadalquivir. Hier war an diesem Sonntag Nachmittag richtig viel los. Zwar war der Aschermittwoch schon vorbei, hier wurde aber offensichtlich noch etwas länger Karneval gefeiert, denn wir sahen etliche Kinder und Erwachsene in Faschingskostümen. Deutlich besser gefiel uns aber das Gitarrenduo „Los ninos del Puente“, die Brückenjungs.
Schließlich kehrten wir für eine kurze Rast zurück ins Hotel, bevor wir uns auf die Suche nach einem Lokal fürs Abendessen machten. Die Auswahl in Córdobas Altstadt ist riesig, man hat wirklich die Qual der Wahl. Beim Lokal „Federacion de Penas“ (frei übersetzt: Föderation des Herzeleids) wurden wir angesprochen und mit einem Angebot gelockt: Ein günstiges Drei-Gänge-Menü plus Flamenco-Show gratis. Beim Blick ins Restaurant offenbarte sich uns ein sehr ansprechendes Ambiente, also kehrten wir dort ein. Beim Menü hatten wir die Auswahl zwischen mehreren Gerichten und ich probierte gleich mehrere Córdoba-typische Spezialitäten: Zunächst Salmorejo, eine kalte cremige Tomaten-Brot-Suppe und danach Flamenquín, eine panierte und frittierte Schinkenrolle, sehr deftig mit Kartoffeln und Mayonnaise. Jens entschied sich für Rabo de Toro, Stierschwanz, der ausgesprochen lecker schmeckte – so lecker, dass ich leider vergaß, ein Foto davon zu machen.
Nach dem Essen begann die Flamenco-Show. Wir hatten daran ehrlich gesagt keine großen Erwartungen, in solch einer Touristen-Umgebung. Umso positiver wurden wir überrascht: Der Sänger war zwar nicht sehr ansehnlich, hatte dafür aber eine grandiose Stimme. Der Gitarrist spielte hervorragend und sah auch noch ganz niedlich aus. Beeindruckt hat uns aber vor allem die Tänzerin mit ihrer unglaublichen Präsenz und Ausdruckskraft. Wir konnten den Blick nicht von ihr wenden und konnten die Emotionen, die sie zum Ausdruck brachte, richtig nachfühlen.
Nach diesem aufregenden ersten Tag fielen wir vollkommen k.o. in unser Hotelbett.
2. Tag: Córdoba, Moschee und arabische Bäder
Mit der Nachtruhe war es wie gesagt nicht weit her, doch das exzellente Frühstück entschädigte uns reichlich dafür. Frisch gestärkt machten wir uns auf den Weg zur Moschee. Da es sich hierbei um eine der Top-Sehenswürdigkeiten von ganz Andalusien handelt, empfiehlt es sich, die Tickets online im voraus zu buchen. Das geht entweder über die Webseite der Moschee selbst oder aber, wie in unserem Fall, ohne Aufpreis über das Hotel. So nahmen wir einfach an der Hotelrezeption unsere Tickets entgegen und konnten damit ganz entspannt die langen Warteschlangen umgehen.
Die Moschee-Kathedrale von Córdoba hat bei uns sehr gemischte Gefühle ausgelöst: Die Moschee selbst ist zwischen 785 und 1009 n. Chr. in drei Bauphasen entstanden. Im 16. Jahrhundert wurde im Zuge der Reconquista mitten in den Gebäudekomplex hinein eine katholische Kathedrale gesetzt. Kaiser Karl V., der den Bau zunächst abgesegnet hatte, zeigte sich hinterher entsetzt und wird zitiert mit den Worten „Was ihr gebaut habt, hätte man überall auf der Welt bauen können, ihr habt zerstört, was Einzig war!“ Ich kann ihm nur zustimmen. Mitten in dieser maurischen Pracht eine katholische Renaissancekirche zu errichten, ist eine Beleidung fürs Auge und für den Geist. Dennoch waren wir von dem Ensemble fasziniert. Allein schon, unmittelbar nach dem Eintritt direkt in dieser Säulenhalle zu stehen, die wir schon von vielen Bildern her kannten, hat uns überwältigt. Doch seht selbst:
Wir verbrachten mehrere Stunden in dem Gebäude, konnten uns nicht satt sehen an dem Märchenwald aus Säulen und an der andächtigen Stimmung, die trotz der vielen Touristen aus aller Welt hier herrschte. Als wir die Moschee schließlich wieder verließen, waren wir in sehr nachdenklicher Stimmung. Zur Aufheiterung besuchten wir als nächstes die Calle de las Flores:
Von dort spazierten wir weiter zum Zoco, einem ehemaligen Basargebäudekomplex, in dem heute verschiedene Kunsthandwerker untergebracht sind:
Anschließend kauften wir uns Bocadillos – Sandwiches, die mit leckerem Serranoschinken belegt waren – und setzten uns damit in den kleinen Park oberhalb der römischen Brücke. Hier konnten wir im Halbschatten in Ruhe sitzen und das Treiben um uns herum beobachten. Einige weitere Impressionen aus Córdoba:
Für den Nachmittag hatte ich etwas ganz Besonderes geplant: Einen Besuch in einem arabischen Bad. Nicht wirklich ganz original wie im Hammam, aber doch ein sehr entspannender Aufenthalt in herrlicher maurischer Architektur. Am Eingang bekamen wir Handtücher und einige Erklärungen, dann begannen wir den ersten Durchgang, der uns durch mehrere Becken mit verschiedener Wassertemperatur führte. Außer uns waren nur zwei andere Paare da, die wir aber meist nur von Weitem sahen, dank der verschiedenen Räume und Wasserbecken herrschte eine sehr intime Atmosphäre. Zwischendurch wurden uns Minztee und Gebäck serviert, was für eine willkommene Erholung von unseren Touren durch die Stadt! Eine herrliche Oase der Ruhe, in der natürlich nicht fotografiert werden durfte. Auf der Webseite der Bäder bekommt man aber einen sehr guten Eindruck.
Den Abend ließen wir im Restaurant „El Pimpo“ mit Blick auf die Moschee ausklingen.
3. Tag: Córdoba, Alcázar und Palacio de Viana
Für den heutigen Vormittag planten wir die Besichtigung des Alcázar Reyes Cristianos, des königlichen Palastes. Und wir freuten uns außerdem über das milde Frühlingswetter, während zuhause noch einmal der Winter mit Eis und Schnee zurückkehrte, wie wir von unseren Söhnen erfuhren. Mit diesem Wissen konnten wir vor allem den Besuch der königlichen Gärten gleich noch viel mehr genießen. Doch zunächst kletterten wir auf den Turm, von dem man eine herrliche Aussicht über Córdoba, die Gärten und die königliche Reitschule hatte:
Dann folgte eine kurze Besichtigung der Innenräume, die noch heute für diverse Veranstaltungen genutzt werden. Ich hielt die ganze Zeit über Ausschau nach einem Balkon, denn ein solcher spielt eine wichtige Rolle in meiner Reiselektüre, dem Roman „Das Vermächtnis von Granada“ von Ulrike Schweikert. Einen einzigen hab ich gefunden 😉 Dann ging es endlich hinaus in die wunderschönen Gartenanlagen, wo auch das Denkmal von Königin Isabella von Kastilien, ihrem Mann Ferdinand und Christoph Kolumbus steht.
Zu Mittag stärkten wir uns mit unglaublich günstigen und sehr, sehr leckeren Tapas im Lokal „Los 3 Califas“, bevor wir uns auf den Weg zum Palacio de Viana machten. Auf dem Weg dorthin überquerten wir die Plaza de las Tendillas, die allein schon durch ihre Größe beeindruckt, wenn man aus dem Gewirr der kleinen Gassen heraustritt. Beim Palacio de Viana handelt es um einen ehemaligen Palast, der zwölf verschiedene Patios beherbergt. Beim Eintritt kann man wählen, ob man nur die Patios oder auch das Gebäude selbst besichtigen will. Uns reichten die Patios und die waren wirklich beeindruckend: Jeder der Höfe steht unter einem bestimmten Motto, es gibt den Orangenhof, den Hof der Katzen, den Damenhof, den Säulenhof, den Brunnenhof und und und… einer schöner als der andere!
Auf dem Rückweg tauchten wir noch kurz ein in das moderne geschäftige Córdoba, bevor wir wieder in die Altstadt kamen. Unterwegs entdeckten wir nicht nur eine Hommage an das Festival der Patios, sondern auch Reste eines römischen Tempels. Daneben gab es eine sehenswerte Freiluftausstellung mit Bildern von Córdoba aus früheren Zeiten, bevor langsam wieder der Glockenturm der Moschee ins Sichtfeld kam.
Das heutige Abendessen nahmen wir im „Restaurante Casa Pepe“ ein, einer Empfehlung meiner diversen Reiseführer. Danach zog es uns noch einmal zu einem Bummel durch die Altstadt und zur römischen Brücke. Unser letzter Abend in dieser wunderschönen Stadt…
4. Tag: Córdoba – Ronda – La Línea – Gibraltar
Heute hieß es Abschied nehmen vom wunderschönen Córdoba, unser heutiges Ziel hieß Gibraltar. Um dorthin zu kommen, wählten wir nicht die Autobahn, sondern entschieden uns für die landschaftlich schönere Strecke über Land. Zunächst jedoch mussten wir auf der Autobahn wieder ein Stück zurück in Richtung Sevilla fahren. Bei Écija hatten wir schon auf der Hinfahrt ein Einkaufszentrum direkt neben der Ausfahrt erspäht, hier hielten wir heute an, um uns mit Proviant und vor allem viel Wasser einzudecken. Von hier ging es dann auf der Landstraße nach Süden. Unser erstes Etappenziel war Ronda. Der Weg dahin führte uns durch eine sehr reizvolle bergige Landschaft:
Gegen Mittag erreichten wir Ronda. Bislang kannte ich nur von Bildern in Reiseführern die Brücke über die Schlucht und den Fluss Guidalevín. Und ich hatte gelesen, dass Ronda eine der ältesten Städte Spaniens ist und im Mittelalter, zur Zeit der maurischen Herrschaft, von den Katholiken besetzt wurde. Im bereits erwähnten Roman „Das Vermächtnis von Granada“ habe ich zudem gelernt, dass es für die maurische Burg, die hoch oben auf dem Felsen thronte, eine Trinkwasserversorgung gab, für die Sklaven das Wasser aus dem tief unten gelegenen Fluss schöpfen mussten.
Eigentlich hatten wir vorgehabt, nur rasch einen Fotostopp an der berühmten Schlucht einzulegen, doch dann gefiel es uns hier so gut, dass wir viel länger blieben als geplant. Wir fanden einen Parkplatz nahe des alten Stadttores Puerta de Almocábar. Gleich dahinter fiel uns eine nette kleine Bar auf mit sensationell günstigen (und leckeren!) Tapas, so dass wir uns dort zum Mittagessen niederließen. Frisch gestärkt bestiegen wir kurz danach den Glockenturm der Kirche Espíritu Santu. Über dem grandiosen Rundblick vergaßen wir, auf die Uhr zu sehen und erschraken entsprechend, als die Glocken schlugen – zum Glück war es nur Viertel nach!
Dann bummelten wir auf der Hauptstraße weiter in Richtung Schlucht und kamen an allerlei Sehenswertem vorbei:
Und schließlich standen wir auf der berühmten Puente Nuevo, der neuen Brücke, und genossen den spektakulären Ausblick:
Auf der nördlichen Seite der Schlucht führt ein Spazierweg hinab zur Puente Viejo, der alten Brücke. Auf dem Weg dorthin gibt es mehrere Aussichtsterrassen:
Unten angekommen, wanderten wir auf einem unbefestigten Spazierweg wieder zurück zu unserem Ausgangspunkt an der Kirche. Wie gut, dass ich feste Schuhe angezogen hatte! Die empfahlen sich in diesem Urlaub eigentlich fast immer, da die alten Gassen häufig sehr uneben gepflastert sind und man in festem Schuhwerk auf Dauer einfach einen besseren Halt hat als in luftigen Sandalen. Unterwegs konnten wir noch einen Blick auf die Ruine der maurischen Burg werfen:
Weiter ging es durch eine traumhaft schöne Berglandschaft in Richtung Süden. Kurz hinter Marbella stießen wir wieder auf die Autobahn und brausten nun mit etwas mehr Tempo in Richtung Gibraltar.
Zunächst wollten wir aber nach La Línea de la Concepción, so heißt der spanische Ort direkt an der Grenze zu Gibraltar. Hier hatten wir eine Übernachtung im Hotel Ohtel Campo de Gibraltar gebucht. Jens‘ Verhandlungsgeschick hatten wir es zu verdanken, dass wir ein Zimmer in einem der oberen Stockwerke mit traumhaften Blick auf „The Rock“, den Felsen von Gibraltar, bekamen:
Kurz frisch gemacht, dann fuhren wir los in Richtung Großbritannien! Schon der Grenzübertritt war ein Erlebnis, die Straße führt nämlich mitten über die Start- und Landebahn des Flughafens. Besonders schön sieht man das auch bei einem Blick auf Google Maps.
Sofort fühlten wir uns wie in einer anderen Welt. Das lag zum einen am sehr starken Verkehr in den engen Straßen, die sich rund um „The Rock“ schlängeln, und an den Hochhäusern – welch ein Kontrast zu der weiten unberührten Landschaft, aus der wir kamen! – und zum anderen natürlich auch an der Sprache. Immerhin herrscht in Gibraltar aber ebenso wie in Spanien Rechtsverkehr, das wäre ja sonst ein schönes Chaos! Unser erster Weg führte uns ganz an die Südspitze der Halbinsel, zum Europa Point. Hier bewunderten wir nicht nur den Leuchtturm, sondern auch den Ausblick bis hinüber nach Afrika. Und zum ersten Mal in diesem Urlaub brauchten wir Jacken, denn der Wind pfiff hier recht ordentlich.
Am Leuchtturm kamen wir ins Gespräch mit einem netten Einwohner Gibraltars, der uns erzählte, dass er als Fremdenführer arbeitet. Er gab uns auch gleich einige Tipps, zum Beispiel riet er uns, unbedingt den berühmten Affenfelsen zu besuchen. Darauf verzichteten wir aber. Zum einen hatten wir wenig Lust, uns von aufdringlichen Affen zwicken zu lassen, zum anderen hatten wir auch gar nicht mehr sooo viel Zeit, es war mittlerweile schon fünf Uhr nachmittags und die Seilbahn auf den Felsen hinauf fährt gar nicht den ganzen Abend über. Stattdessen fuhren wir Richtung Stadtzentrum und suchten uns einen Parkplatz, was gar nicht so einfach war. Im Parkhaus am Kasematten-Platz wurden wir schließlich fündig. Hier beginnt auch die Main Street, die Haupteinkaufsstraße Gibraltars. Hier tauchten wir ein ins britische Leben: Läden wie Top Shop oder Marks & Spencer, englische Pubs und Souvenirs mit Union Jack, Tower Bridge, Doppeldeckerbussen oder Londoner Taxis darauf, die typischen roten Telefonzellen, die es hier noch an jeder Ecke gibt… es war ein regelrechter Kulturschock!
In Gibraltar kann man übrigens auch mit Euro bezahlen, allerdings meist zu einem recht schlechten Umrechnungskurs. Wir entschieden uns daher, ein bisschen Geld in englische Pfund umzutauschen – auch im Hinblick darauf, dass wir für den Herbst noch eine Londonreise planen, bei der wir etwaige Reste aufbrauchen können. Viel haben wir tatsächlich nicht gekauft: gerade mal eine Ansichtskarte samt Porto für unsere Söhne. Jens ist beim Anblick der vielen Gitarren-Modelle standhaft geblieben und der zollfreie Einkauf, für den Gibraltar berühmt ist, war für uns nicht interessant, da wir nicht rauchen und auch höchst selten hochprozentigen Alkohol trinken. Und den Wein kauften wir dann doch lieber in Spanien.
Nachdem wir eine Weile durch die Main Street und die angrenzende Irish Town gebummelt waren, wollte Jens gerne ans Wasser. Dazu mussten wir erstmal die viel befahrende Queensway Road überqueren, was gar nicht so einfach war. Doch schließlich landeten wir an einem Yachthafen, der von eher exklusiven Restaurants umgeben war:
Viel war dort aber nicht los, also gingen wir zurück ins Zentrum – um zu entdecken, dass dort kurz vor 19 Uhr auch schon die meisten Geschäfte schlossen und sinnbildlich die Gehsteige hochgeklappt wurden. Dann aber hörten wir Musik, der wir neugierig folgten. So gelangten wir auf die Rückseite des Rathauses, wo gerade ein Festakt der örtlichen Polizei abgehalten wurde. Offensichtlich wurden einige Polizeibedienstete belobigt, was wie folgt ablief: Auf der einen Seite des Platzes standen die Polizisten in Reih und Glied, auf der gegenüberliegenden Seite saßen die Ehrengäste. Jemand rief den Namen eines Polizisten auf, woraufhin dieser im Stechschritt einmal außen um den Platz herum zu den Ehrengästen laufen durfte. Dort erhielt er eine Trophäe, bedankte sich dafür artig mit einem zackigen Aufstampfen des Fußes, bevor er den Rückweg antrat – wieder außen um den Platz herum statt einfach mittig drüber. Allerdings wurde ihm die Trophäe an der ersten Ecke schon wieder abgenommen. Und während der Polizist zurück zu seiner Gruppe schritt, wurde schon der nächste aufgerufen, der in der Folge die gleiche Trophäe überreicht bekam, um sie seinerseits kurz darauf wieder abzugeben. Wir verfolgten dieses Schauspiel mit Kopfschütteln und ohne den Sinn dahinter so richtig zu durchschauen. Immerhin kamen wir aber in den Genuss, einen Dudelsackspieler mitsamt einer britischen Musikkapelle zu hören.
Schließlich trieb uns der Hunger zurück zum Kasematten-Platz, wo sich eine ganze Reihe von Lokalen findet. Wir entschieden uns für das sehr ansprechende „All’s Well“, das sehr urig-maritim eingerichtet ist, mit Wandgemälden, die die Geschichte Gibraltars erzählen. Wir aßen dort auch sehr lecker zu Abend, allerdings: Als wir noch mitten im Essen waren, kam die Bedienung zu uns an den Tisch und fragte, ob wir noch etwas bestellen wollen, denn die Küche würde demnächst schließen – da war es gerade mal acht Uhr abends! Wir überlegten, ob wir noch einen Nachtisch nehmen sollten, aber da wir den sofort bestellen sollten, jedoch noch mitten im Hauptgericht waren, entschieden wir uns dagegen. Sehr seltsam, schließlich hat das Lokal bis vier Uhr morgens geöffnet, aber dann eben nur noch zum Trinken, nicht zum Essen. Welch ein Gegensatz zum benachbarten Spanien, wo man wiederum vor acht Uhr abends kaum irgendwo ein Abendessen bekommt.
Immerhin waren wir gut gesättigt und als wir uns wieder auf den Heimweg machten, entdeckten wir, dass das Benzin in Gibraltar deutlich günstiger ist als in Spanien. Also haben wir vor dem Grenzübertritt noch schnell getankt, bevor wir uns in die lange Schlange an der Grenze einreihten. Um diese Uhrzeit waren viele Tagesausflügler, aber auch Spanier, die in Gibraltar arbeiten, auf dem Heimweg. Es wurde zwar am Grenzübergang kaum kontrolliert, gestaut hat es sich aber trotzdem. Vom Hotel aus genossen wir noch den Blick auf das nächtliche Gibraltar, bevor wir todmüde ins Bett sanken. Zum Glück war es hier trotz Hauptverkehrsstraße direkt vor dem Hotel deutlich ruhiger als in Córdoba.
5. Tag: La Línea – Tarifa – Cádiz – Sevilla
Welch eine Überraschung, als wir an diesem Morgen aus dem Fenster blickten: Statt wie gewohnt Sonnenschein und strahlend blauer Himmel erwarteten uns heute dunkle Wolken. Da freuten wir uns doch gleich umso mehr, dass wir es gestern so gut erwischt hatten!
Das Frühstück im Hotel war ausgesprochen reichhaltig und lecker, hatte allerdings den Charme einer Kantine. Naja, es war ein großes Hotel und es waren auch einige Schulklassen hier untergebracht. Beim Anblick der vielen Jugendlichen vermisste ich unsere Söhne, die daheim geblieben waren, gleich noch mehr als ohnehin schon! Dann aber richteten wir den Blick auf das, was heute vor uns lag. Unser erstes Ziel war Tarifa – nicht, weil wir plötzlich unter die Wassersportler gegangen wären (Tarifa ist bekannt als Surfer-Hotspot), sondern weil sich hier der südlichste Punkt von Festland-Europa befindet. Vor drei Jahren hatten wir an der Algarve bereits den Cabo de Sao Vicente, den südwestlichsten Punkt von Festland-Europa, besichtigt und 2005 während unseres ersten Portugal-Urlaubs waren wir am Cabo da Roca, dem westlichsten Punkt des europäischen Festlandes, gewesen. Logisch also, dass ich deshalb nun unbedingt auch nach Tarifa wollte.
Die Straße führte eine Weile direkt am Wasser rund um die Bucht von Algeciras, verlief dann aber weiter im Landesinneren. Und je weiter wir nach Westen kamen, umso mehr Blauanteile waren im Himmel zu sehen.
Tarifa liegt genau an der Grenze zwischen Mittelmeer und Atlantik, hier treffen wärmere Ostwinde auf stürmische Winde aus dem Westen, was die Beliebtheit bei Surfern erklärt. Schon beim Aussteigen aus dem Auto machten wir Bekanntschaft mit der Kraft der Winde, die Autotür wurde mir gleich mal aus der Hand gerissen. Dick eingepackt mit fest verzurrter Kapuze machten wir uns auf den Weg. Der südlichste Punkt liegt nämlich auf einer vorgelagerten kleinen Insel, die vom Strand aus über einen Fußweg zu erreichen ist. Wir stemmten uns also tapfer gegen den Wind, der von allen Seiten auf uns einpeitschte. Doch ach! Als wir uns bis zur Insel vorgekämpft hatten, stellten wir fest, dass der Zutritt gesperrt war. So blieb uns nichts anderes übrig, als von Weitem ein Foto zu machen und den Weg wieder zurück zu gehen – wobei wir wieder einmal die Reste einer maurischen Burg vor Augen hatten, die über dem Strand thronte.
Dankbar kletterten wir zurück in unser warmes Auto und steuerten unser nächstes Ziel an: Cádiz. In meinen Reiseführern stand, dass über der Stadt, die auf einer Landzunge liegt und an drei Seiten von Meer umgeben ist, häufig ein milchig-weißes Licht liegt. Deshalb wurde die Stadt früher auch als „Silbertässchen“ bezeichnet. Was soll ich sagen – es stimmt! Das Licht in Cádiz ist wirklich unvergleichbar. Die Sonne hatte inzwischen die letzten Wolken vertrieben und ließ die Dächer und Hausmauern hell leuchten. Besonders deutlich wurde das an der Kuppel der Kathedrale, die von Weitem golden leuchtet. Tatsächlich ist das Kuppeldach aber mit gelben Fliesen bedeckt. Wir bestiegen einen der beiden Glockentürme der Kirche und konnten uns daher aus nächster Nähe davon überzeugen – und achteten dabei dennoch penibel auf die Uhrzeit, denn die Glocken hier sind wirklich gewaltig!
Zurück am Boden stärkten wir uns zunächst in einer Bar direkt auf dem Platz vor der Kirche, bevor wir uns auf Entdeckungstour begaben. Auch in Cádiz wird der Karneval nach dem Aschermittwoch noch weiter gefeiert, überall am Boden entdeckten wir Konfettireste. Unser Weg führte uns zunächst zur Plaza de las Flores, also zum Blumenmarkt der Stadt. Von dort gingen wir zu dem Spazierweg, der rund um die Altstadt von Cádiz direkt am Meer entlang führt. Das war wunderschön und das Licht wirklich unvergleichlich! Zwischendurch saßen wir einfach eine Weile auf einem Mäuerchen, blickten aufs Meer hinaus und genossen die Sonne. Sehr gerne hätten wir hier noch mehr Zeit verbracht, doch es war bereits Nachmittag und unser nächstes Ziel rief. Über die beeindruckende, knapp eineinhalb Kilometer lange Puente de la Constitución de 1812 verließen wir die Stadt in Richtung Sevilla.
Über die Autobahn erreichten wir eine gute Stunde später Sevilla. Wir hatten uns überlegt, mit dem Mietwagen zunächst zu unserem Hotel zu fahren, dort das Gepäck abzuladen, dann zum Flughafen zu fahren, um dort den Mietwagen abzugeben und mit dem Bus in die Stadt zurückzukehren. Andernfalls hätten wir unsere Koffer vom Flughafen per Bus mit in die Stadt nehmen müssen und der Weg von der nächstgelegenen Haltestelle des Flughafenbusses bis zu unserem Hotel war lang. Allerdings hatten wir nicht bedacht, wie schmal die Straßen in der Altstadt von Sevilla sind! Viele verdienen kaum den Namen Straße, es handelt sich eher um Gässchen, die aber für den Autoverkehr freigegeben sind. Viele der Gassen sind Einbahnstraßen und überall sind Fußgänger unterwegs, so dass das Fahren noch schwieriger wird. Auch unser Hotel lag an solch einem schmalen Gässchen, doch zum Glück gab es gleich um die Ecke einen Stellplatz, auf dem wir zum Be- und Entladen kurz halten durften.
Das Hotel Abanico entschädigte für den Stress der Anreise voll und ganz! Der Hotelier begrüßte uns überfreundlich und war sichtlich stolz, auch ein paar Brocken Deutsch zu beherrschen, die er unbedingt anbringen wollte. Überhaupt hatten wir in diesem Urlaub keinerlei Verständigungsprobleme. Zwar können wir nur ein wenig Spanisch, aber mit Hilfe von Englisch sowie mit Händen und Füßen konnten wir uns überall verständlich machen und wurden stets sehr entgegenkommend und freundlich behandelt. Unser Hotel war ein kleines Juwel im Großstadttrubel: Es war um einen wunderschönen Patio herum gebaut mit einem Frühstücksraum im maurischen Stil und herrlichen andalusischen Fliesen im Treppenhaus. Unser Zimmer war klein, aber gemütlich und das Fenster ging auf eine ruhige Seitengasse hinaus.
Wie geplant, fuhren wir anschließend zum Flughafen, gaben dort unseren Mietwagen ab (denn für die restliche Zeit in Sevilla brauchten wir ihn ja nicht mehr) und fuhren dann mit dem Flughafen-Bus zurück in die Innenstadt. Am Torre del Oro stiegen wir aus und in der Abendsonne wurde auch gleich klar, woher der Turm seinen Namen hat, denn er glänzte in einem warmen Goldton:
Spontan beschlossen wir, zur Einstimmung und um uns einen Überblick zu verschaffen, eine Bootsfahrt zu machen. Die „Luna del Guadalquivir“ brachte uns in einer einstündigen Fahrt entlang des Flusses zu einigen Sehenswürdigkeiten wie z.B. der Brücke Puente de Triana, die eigentlich Puente de Isabel II heißt und in den Stadtteil Triana führt, daher der umgangssprachliche Name. Es handelt sich dabei um die älteste noch erhaltene eiserne Brücke Spaniens. Weiter ging die Fahrt zum Torre Sevilla, der zwar als Büroturm für die Öffentlichkeit nicht sehr interessant ist, wohl aber als Wahrzeichen gelten kann. Wir konnten ihn schon beim Landeanflug bei der Anreise gut sehen.
Gegen Ende der Fahrt war mir allerdings ziemlich kühl, es war halt doch erst März. Tagsüber lagen die Temperaturen bei angenehmen 24 bis 27 Grad (während es zuhause nochmal schneite!), abends jedoch war eine Jacke durchaus ratsam. Je weiter wir vom Fluss weg in die Altstadt kamen, umso wärmer wurde es mir jedoch wieder. Und der Anblick der beleuchteten Kathedrale ließ mich ohnehin alles andere vergessen:
Direkt von der Kathedrale weg führt die Calle Argote de Molina, eine von vielen „Fressmeilen“ in der Altstadt, in der sich quasi in jedem Gebäude eine Tapas-Bar befindet – und eine sieht einladender aus als die nächste! Wir landeten spontan in der Antigüedadas-Bar, wo wir vorzüglich zu Abend aßen. Der Weg von dort zu unserem Hotel war eigentlich nicht weit, doch im Gewirr der kleinen Gässchen schafften wir es, uns hoffnungslos zu verlaufen. So zückte ich schließlich das Handy und wir ließen uns von Google Maps zum Hotel navigieren.
6. Tag: Sevilla, Altstadt, Pilze, Kathedrale und Gitarren
Heute bekam ich erhebliche Zweifel an meinem sonst eigentlich sehr guten Orientierungssinn! Nach einem leckeren Frühstück machten wir uns auf den Weg in Richtung Süden, um zunächst die berühmte Kathedrale zu besichtigen. Allerdings verloren wir uns bald im Gewirr der kleinen Gässchen, bestaunten die vielen schönen Gebäude und landeten irgendwann in der Calle Sierpes, der Haupteinkaufsmeile der Stadt. Hier gab es so viel zu schauen! An einem Stand gab es Weihrauch und Gewürze und in einem Lederwarengeschäft erstand ich endlich einen Sicherheitsgürtel (mit integriertem Geldscheinfach) für mich. Außerdem gab es dort eine schicke Handtasche, an der ich einfach nicht vorbeigehen konnte…
Und so landeten wir irgendwann an einer größeren Straße und entdeckten ein Stück weiter eine weitere Sehenswürdigkeit, die „Setas de Sevilla“, zu deutsch: die Pilze von Sevilla. Gut und schön, die wollte ich ohnehin noch besichtigen, nur: Von unserem Hotel aus gesehen, sind die Pilze im Nordwesten, die Kathedrale jedoch im Südwesten! Wie hatten wir nur so verkehrt laufen können? Egal, nun waren wir schon mal da, nun schauten wir uns das Ganze auch gleich genauer an.
Bei den Pilzen handelt es sich um eine Dachkonstruktion, die einen großen Platz in Sevilla überspannt. Dieses Dach ist begehbar und von oben genossen wir einen tollen Ausblick über die Stadt:
Diese ungewöhnliche Konstruktion stammt von dem deutschen Architekten Jürgen Mayer und gilt als größte hölzerne Gebäudestruktur der Welt. Der Rundweg auf dem Dach ist 250 Meter lang und bis zu 28,5 Metern hoch. Oben gibt es eine Bar, im Untergeschoss eine Markthalle, ein Aquarium und einen Souvenirshop.
Nachdem wir uns eine ganze Weile hier aufgehalten hatten, bemühten wir wieder Google Maps als Navi (der Stadtplan, den wir im Hotel bekommen hatten, erwies sich als nutzlos, weil viele der kleinen Gassen dort gar nicht eingezeichnet waren) und kamen auf diese Weise tatsächlich zurück zu unserem Hotel, wo wir unsere Einkäufe abluden und uns ein wenig frisch machten. Dann starteten wir einen neuen Versuch, die Kathedrale zu besuchen – diesmal tatsächlich erfolgreich.
Auch hier stand einst eine maurische Moschee, die aber im 13. Jahrhundert abgerissen und durch eine katholische Kathedrale ersetzt wurde. Erhalten blieben lediglich der „Patio de los Naranjos“ (Orangenhof) und das ehemalige Minarett, der Giralda-Turm. 1507 wurde die Kathedrale eingeweiht. Sie gehört zum UNESCO-Weltkulturerbe und gilt nach dem Petersdom von Rom und der St. Pauls Cathedral in London als drittgrößte Kirche der Welt und als die größte gotische Kathedrale überhaupt. „Errichten wir eine Kirche von derartiger Größe, dass man uns für verrückt erklärt“, sollen die frühen Stadtväter laut Reiseführer gesagt haben. Eine der Hauptattraktionen darin ist das Grabmal von Christoph Kolumbus:
Wobei nicht eindeutig geklärt ist, ob Kolumbus tatsächlich hier ruht und falls ja, wie viel von ihm… wie ich gelesen habe, starb Kolumbus 1506 in Valladolid, sein Leichnam wurde, seinem Wunsch entsprechend, in die Dominikanische Republik überführt, wo er neben seinem Sohn Diego bestattet wurde. Von dort wurde er 1795 nach Kuba umgebettet, es gibt allerdings Aussagen, man habe fälschlicherweise die Gebeine von Diego überführt. Nachdem Spanien 1898 die letzten Kolonien und damit auch Kuba verloren hatte, wurden Kolumbus‘ sterbliche Überreste nach Sevilla geholt. Doch auch in der Dominikanischen Republik rühmt man sich, die Grabstätte des Seefahrers vor Ort zu haben. Ein DNA-Test der in Sevilla bestatteten Gebeine ergab schließlich: Kolumbus ruht tatsächlich in Sevilla – aber nur zu 15 Prozent, die restlichen Gebeine stammen nicht von ihm. Eine DNA-Untersuchung in der Dominikanischen Republik wurde bislang verweigert.
Wie auch immer, das Grabmal in der Kathedrale von Sevilla ist beeindruckend und stets dicht umlagert. Doch auch der Rest des Gotteshauses ist gewaltig:
Nach dem Besuch dieses monumentalen Sakralbaus zog es uns raus aus dem städtischen Trubel und in Richtung Flussufer. Auf dem Weg dorthin passierten wir die berühmte Stierkampfarena. Mit Stierkampf haben wir nichts am Hut, doch das Gebäude an sich fand ich wirklich schön:
Wir überquerten die Triana-Brücke und ließen uns in einer Bar direkt am Fluss nieder, von wo wir einen herrlichen Blick auf die Altstadt hatten.
Danach gingen wir wieder zurück auf die andere Seite des Flusses, denn dort direkt neben der Brücke gab es eine ehemalige Fischauktionshalle, die nun zu einem „Fresstempel“ umgebaut worden war. Das Innere erinnerte mich spontan an die Schrannenhalle am Münchner Viktualienmarkt und auch von außen weckte das Gebäude irgendwie heimatliche Gefühle:
Für den heutigen Tag stand noch ein Punkt auf unserem Programm: Sevilla gilt ja als Hauptstadt des Flamenco und folglich auch als guter Ort für Gitarrenbauer. Ich hatte zuhause schon im Internet recherchiert und einen Laden ganz in der Nähe unseres Standpunktes an der Puente de Triana entdeckt. Laut Homepage sollte der Laden nach der Mittagspause um 17 Uhr wieder öffnen, laut Google Maps erst um 17.30 Uhr. Wie auch immer, wir hatten jede Menge Zeit und schlenderten gemütlich dorthin. Der Laden war schnell entdeckt, aber geschlossen. Na gut, so genau nahm es der Besitzer wohl nicht mit der Pünktlichkeit, also drehten wir noch eine Runde durch die Umgebung und kamen eine halbe Stunde später wieder. Der Laden war immer noch geschlossen. Nun fragten wir im benachbarten Geschäft nach und erhielten zur Antwort, wir müssten warten, der Besitzer käme sicher gleich. Also drehten wir eine weitere Runde und machten es uns auf einer Parkbank an einem kleinen beschaulichen Platz gemütlich. Dann unternahmen wir einen weiteren Versuch und siehe da, der Laden hatte tatsächlich geöffnet! Jens spielt ja leidenschaftlich gerne Gitarre und sammelt auch Gitarren, wir haben etliche im Wohnzimmer hängen. Doch hier wurden wir enttäuscht: Die Verkäuferin war lustlos und der Besitzer, der kurz nach uns den Laden betrat, ebenso. Klar, für die beiden waren wir nur neugierige Touristen, die einfach mal gucken wollten. Doch Jens hätte sich gefreut, mit einem Gitarrenbauer ein wenig zu fachsimpeln, das ergab sich jedoch nicht. Das Beste an dem Laden war eindeutig das Gemälde auf den geschlossenen Rolläden:
Ein wenig enttäuscht und mittlerweile auch ziemlich erschöpft und verschwitzt gingen wir zurück zum Hotel. Nach einer kleinen Pause steuerten wir zum Abendessen die Bar Estrella an. Die war uns nicht nur von unserem Hotelier empfohlen worden, sondern sie stand tatsächlich schon vor der Anreise auf unserer To-do-Liste. Denn wir hatten vor einiger Zeit im Fernsehen eine Reisesendung über Sevilla gesehen und da war uns die Bar wegen ihres urigen Interieurs aufgefallen, so dass wir uns den Namen notiert hatten. Tatsächlich saßen wir wunderschön an einem liebevoll gedeckten Tisch, die Wände waren mit maurischen Fliesen gekachelt und über uns hingen Stierköpfe… die Kellner waren überaus freundlich und zuvorkommend und das Essen ausgesprochen lecker.
Auf dem Heimweg machten wir noch Bekanntschaft mit der vielgerühmten Lebenslust der Sevillaner: Überall in den Gassen vor den Bars standen die Leute und feierten fröhlich und ungezwungen. Es war eine ganz wunderbare Atmosphäre!
7. Tag: Sevilla, Alcázar, Plaza de Espana, Gitarrenmuseum
Inzwischen konnten wir uns tatsächlich auch ohne Google Maps ganz gut zurechtfinden, so dass wir an diesem Vormittag ohne Umwege den Real Alcázar de Sevilla erreichten. Leider hatte ich aber nicht bedacht, wie lang selbst im März die Warteschlange dort sein würde. Es empfiehlt sich definitiv, die Eintrittskarten vorher online zu kaufen! Das hatte ich versäumt und so überlegten wir nun, ob wir den Besuch verschieben oder doch die Warteschlange in Kauf nehmen sollten. Wir entschieden uns für letzteres, schließlich war das Wetter gut und es gab hier mitten im Zentrum von Sevilla ja auch immer was zu gucken, so dass die Zeit (immerhin eineinhalb Stunden!) doch einigermaßen schnell verging. Vor allem der Blick auf den Turm Giralda faszinierte mich immer wieder:
Dann endlich kamen wir zum Einlass und durften nach strenger Taschenkontrolle den Alcázar betreten. Es handelt sich hier um den wohl ältesten noch genutzten Palast Europas. Wenn der spanische König Felipe in Sevilla weilt, ist dies seine Residenz. Zunächst stand hier eine römische Festung, die im 11. Jahrhundert zu einem Palast erweitert und später von den Mauren weiter ausgebaut wurde. Der christliche Fürst Peter der Grausame ließ den Palast im 14. Jahrhundert erneut erweitern, vor allem als Liebesnest für seine Geliebte Maria de Padilla, und beschäftigte dafür maurische Baumeister. Er war wohl des Arabischen nicht mächtig, sonst hätte er bestimmt nicht gestattet, dass ein Schriftband im Mauerwerk verkündet „Es gibt keinen Eroberer außer Allah.“ Mich erinnerte die Palastanlage sehr an die Alhambra von Granada:
An den Palast schließt sich ein herrlicher großer Garten an. Von dort aus hat man auch Zugang zu den Bädern von Maria de Padilla, der Geliebten von Fürst Peter dem Grausamen.
Am frühen Nachmittag verließen wir die Gärten wieder und machten uns nun auf den Weg zur Plaza de Espana. Dieser halbrunde riesige Platz ist wirklich einen Besuch wert: Umschlossen wird er vom Palacio Central, in dessen Fassade Mosaiken eingelassen sind, die alle 52 spanischen Provinzen darstellen. In der Mitte des Platzes gibt es eine Wasserfläche, auf der man sogar Boot fahren kann. Angelegt wurde der Platz, der rund 200 Meter Durchmesser hat, für die iberoamerikanische Ausstellung im Jahr 1929. Der Platz dient Sevillaner Hochzeitspaaren als Fotokulisse und kam auch schon in Kinofilmen zu Ehren.
Beim Umrunden des Platzes vergaß ich die Hitze, die über der Stadt lag, aber irgendwann wurde es mir dann doch zu heiß. Schatten und ein kühles Getränk waren angesagt! Beides fanden wir im benachbarten Parque Prado de San Sebastián, wo wir uns in einer Art Beachbar erholten, wenn auch leider ohne Strand, aber dafür im Schatten unter Bäumen.
Frisch gestärkt, wollten wir nun die Trambahn nehmen, die nördlich des Parks abfuhr, und damit zwei Haltestellen zurück zur Kathedrale fahren. Doch nach einer Haltestelle war Schluss und alle Fahrgäste mussten aussteigen: Die Tram konnte nicht weiterfahren, weil genau auf der Straße, auf der die Gleise verliefen, gerade ein Umzug stattfand. Wir bekamen nicht ganz genau heraus, um was es dabei ging, jedenfalls bestand der Festzug aus mehreren offensichtlich südamerikanischen Tanzgruppen in farbenprächtigen Kostümen:
Wir wanderten neben dem Festzug die Avenida de Constitución entlang und kamen so schließlich wieder zurück zur Kathedrale. Von hier waren es nur ein paar Schritte bis zu unsrem nächsten Ziel, der „Casa de la Guitarra.“ Hier waren wir am Vorabend vorbei gekommen und hatten beschlossen, diesem kleinen Museum heute noch einen Besuch abzustatten. Letztlich handelte es sich dabei um einen Raum, in dem abends Flamenco-Shows angeboten werden. Tagsüber dient der Veranstaltungsraum als Gitarrenmuseum:
Inzwischen reichlich k.o., machten wir uns auf den Rückweg zum Hotel. Nach einer kleinen Siesta brachen wir auf zum Abendessen. Auch hier entschieden wir uns für ein Ziel, das wir am Vortag im Vorbeigehen zufällig entdeckt hatten. Das Lokal „Universal People“ hatte uns auf Anhieb gefallen, weil es sich von der Masse der sonstigen Tapas-Lokale abhob. Hier aßen wir nicht nur hervorragend zu Abend, sondern hatten von unserem Tisch aus auch einen wunderbaren Blick auf die Plaza del Salvador mit der gleichnamigen Kirche. Dort fand gerade eine Hochzeit statt.
Mit einem Bummel durch die nächtlich beleuchtete Altstadt ging auch dieser aufregende Tag zu Ende.
8. Tag: Sevilla, Casa de Pilatos, Sonntag am Fluss, Triana-Viertel
Sonntag – heute ließen wir es ganz ruhig und gemütlich angehen. Nach einem späten Frühstück schlenderten wir zu einer Sehenswürdigkeit, die sich in unmittelbarer Nachbarschaft unseres Hotels befand: die Casa de Pilatos. Hierbei handelt es sich um einen Palast aus dem 16. Jahrhundert mit wunderbarer maurisch-andalusischer Architektur. Der Palast gilt nach dem Alcázar als der Schönste von ganz Sevilla und hat seinen Namen angeblich von seinem Bauherrn erhalten, der zuvor auf einer Pilgerreise nach Jerusalem das Haus von Pontius Pilatus gesehen hat und dies in Sevilla nachahmen wollte.
Wir hatten den Palast und die Patios an diesem späten Sonntag Vormittag fast ganz für uns alleine – und damit mächtig Glück, denn als wir das Gebäude verließen, kam gerade eine größere chinesische Reisegruppe dort an.
Nach all den vielen Eindrücken der vergangenen Tage zog es uns nun zum Erholen ins Grüne. Wir wanderten also zum Fluss Guadalquivir, wo wir uns nahe der alten Fischhalle im Grünzug am Ufer auf eine Bank setzten – nicht ohne uns vorher noch eine Tüte mit Churros, den knusprig in Fett ausgebackenen Teigkringeln, zu besorgen!
Hier am Fluss gab es immer was zu schauen: Um uns herum picknickten Familien, führten Paare ihre Hunde Gassi, auf dem Fluss trainierten Ruderer und am Ufer gegenüber wurde gerade ein Kran abgebaut.
Wir verbrachten mehrere Stunden hier in der Frühlingssonne, bevor unser Entdeckergeist langsam wieder erwachte. So wanderten wir weiter zur nördlich gelegenen Brücke Puente del Cristo de La Expiración und am gegenüberliegenden Ufer wieder zurück in Richtung Puente de Triana. Dabei stießen wir auf dem Uferweg auf einen kleinen Floh- und Kunstgewerbemarkt. Auf Höhe der Triana-Brücke nahm die Menge der Menschen, die hier unterwegs waren, deutlich zu, außerdem hörten wir von Weitem Musik. Also folgten wir der Hauptstraße ins Triana-Viertel und fanden uns mitten in einer Prozession wieder, bei der eine Madonnenstatue durch die Menge getragen wurde, begleitet von viel Jubel und mehreren Blaskapellen. Wie ich später im Internet herausfand, handelte es sich dabei um eine Prozession der Bruderschaft Hermandad de la Estrella. Wie man deren Facebook-Seite entnehmen kann, finden dort wohl beinahe wöchentlich Prozessionen statt, nicht nur während der Karwoche, der „Semana Santa“, für deren Feierlichkeiten Sevilla berühmt ist. Fazit: In Sevilla ist einfach immer was los!
Nach so viel Rummel brauchten wir dringend eine Stärkung und fanden sie in einem Café in Richtung Kathedrale.
Nach einer ausgiebigen Rast im Hotel erkundeten wir heute fürs Abendessen einmal die Gegend nördlich unseres Hotels und speisten lecker in einem netten kleinen Lokal an der Plaza los Terceros. Später nahmen wir noch einen Absacker in der Taberna Águilas, direkt gegenüber von unserem Hotel.
9. Tag: Sevilla, nochmal Gitarren, Pilze und Rückreise nach Hause
Unser letzter Tag im wunderschönen Sevilla. Nach dem Frühstück spazierten wir zunächst zum nahegelegenen Supermarkt, um einige Mitbringsel zu kaufen: Wein, Käse und Oliven. Dann packten wir unsere Koffer, deponierten sie in einem Raum bei der Rezeption und bestellten für den Nachmittag ein Taxi, das uns zum Flughafen bringen sollte.
Bis dahin hatten wir aber noch jede Menge Zeit, also brachen wir zu einem letzten Stadtbummel auf. Wieder versuchten wir unser Glück in einem Gitarrenladen und wieder standen wir erstmal vor verschlossenen Türen. Also kehrten wir schräg gegenüber im Lokal Picalagartos ein – eine echte Entdeckung, das Lokal ist so wunderschön dekoriert, dass ich mich gar nicht satt sehen konnte. Schaut Euch unbedingt die Fotos auf der Webseite an!
Danach hatte der Gitarrenladen tatsächlich geöffnet, der Empfang dort war aber ähnlich gleichgültig wie drei Tage zuvor schon im anderen Geschäft. Auch gut, dann gab es eben keine teure Flamencogitarre als Souvenir, so viel Platz hätten wir eh nicht mehr im Handgepäck gehabt 😉
Stattdessen bummelten wir noch einmal durch die Einkaufsmeile der Stadt und landeten schließlich wieder bei den Setas de Sevilla, wo wir uns im Schatten auf eine Bank setzten und dem Treiben um uns herum zusahen. Zuguterletzt besuchten wir noch einmal die Taberna Águilas, bevor wir ins Hotel zurückkehrten.
Unser Taxifahrer kam pünktlich und zwar mit einem Hybridauto, was auf der kurzen Fahrt zum Flughafen für regen Gesprächsstoff sorgte. Auch am Flughafen klappte alles wie am Schnürchen, wir starteten pünktlich und landeten ebenso pünktlich nach einem ruhigen Flug in München. Dort erwartete uns bereits unser Sohn Felix, der uns nach Hause fuhr, wo Flo inzwischen ein Abendessen für uns zubereitet hatte. Es gab eine original bayerische Brotzeit mit Brezn, Obazda und Radieserl – so lässt es sich aushalten!
Fazit: Wir durften in Andalusien einen wunderschönen Urlaub verleben mit ausgesprochen freundlichen Menschen, wunderschönen Städten und Landschaften, leckerem Essen und tollem Wetter. Die Reisezeit Mitte März kann ich nur empfehlen, die Temperaturen waren perfekt für Besichtigungen, heißer hätte es gar nicht mehr werden dürfen. Und die Tapas-Bars von Sevilla sind einfach nur ein Traum, hier kann man sich wirklich nach Herzenslust quer durch die Speisekarte schlemmen und von allem mal probieren. Die andalusisischen Fliesen, die wir in vielen Gebäuden bewundern konnten, üben nach wie vor eine große Faszination aus, ich fühlte mich ein bisschen wie in 1001 Nacht. Ein Reiseziel, das ich aus ganzem Herzen empfehlen kann!
Über meine Reiselektüre habe ich ja eingangs schon geschrieben, vor allem Ulrike Schweikerts „Das Vermächtnis von Granada“ hat mich während der Reise begleitet und passte perfekt, weil dort all die Orte vorkommen, die wir besichtigt haben. Reiseführer hatte ich diesmal als eBook auf dem Handy dabei, was sich als ungemein praktisch für unterwegs erwies. Folgende Reiseführer haben mir gute Dienste geleistet:
- „Granada, Sevilla, Cordoba“ von Hans-Jürgen Fründt, Reise Know-How
- „Andalusien – Reisen mit Insider-Tipps“ von Martin Dahms und Lothar Schmidt, Marco Polo
- „Baedeker Reiseführer Andalusien“ von Rainer Eisenschmid und Tobias Büscher, MairDumont
- „Andalusien“ von Karoline Gimpl, VistaPoint (Gaia)