Wer auf meinem Blog schon eine Weile mitliest, der weiß, dass ich ein großer Fan der historischen München-Romane von Heidi Rehn bin. Ihre fiktiven Geschichten machen für mich die reale Geschichte meiner Heimatstadt erst so richtig greifbar. Das Besondere: Die Autorin bietet seit nunmehr fünf Jahren auch geführte Streifzüge auf den Spuren ihrer Romane an. Schon mehrfach habe ich diese Rundgänge mitgemacht und jedes Mal auf unterhaltsame Weise viel Neues gelernt, denn anhand ausgewählter Originalschauplätze der Romane und exemplarischer Textpassagen werden aufschlussreiche historische Fakten und Orte aus der deutschen und Münchner Geschichte des 20. Jahrhunderts gezeigt.
Derzeit ist das so natürlich nicht möglich. Deshalb bietet Heidi Rehn ab sofort ihre Romanspaziergänge virtuell an. „Auf den Spuren von…“ heißt die Reihe auf ihrem neu eingerichteten YouTube-Kanal. In drei bis fünf Minuten Länge bieten die einzelnen Videos erste Einblicke in den historischen Hintergrund der Romane unter Stichworten wie „Arisierung zur Zeit des Nationalsozialismus“ oder „Jüdische Kaufhausdynastien in Deutschland.“
Aktuell sind sechs Videos zur sogenannten „Kaufhaustour“ online, basierend auf dem Bestseller „Das Haus der schönen Dinge“, der die Geschichte der fiktiven jüdischen Kaufhausdynastie Hirschvogl von der Prinzregentenzeit bis 1938 erzählt. Alle zwei bis drei Tage hat Heidi Rehn dafür Videos zu den „Spuren Münchner jüdischer Kauf- und Warenhäuser“ auf dem Kanal hochgeladen.
Im Anschluss wird es in mehreren Sequenzen um „Wirtschaftswunder und Wiederaufbau“ gehen, passend zum Roman „Der Himmel über unseren Träumen.“ Besprochen werden etwa die wichtigsten Architekten der Nachkriegszeit an der Isar, die Rückkehr jüdischer Emigranten und wichtige Bauprojekte der 1950er Jahre in München.
Danach wird eine weitere Serie die Spuren „Münchner Film- und Kinogeschichten“ aufzeigen (geschildert im Roman „Das Lichtspielhaus“), von der legendären Stummfilmzeit bis zur fatalen Verwendung als NS-Propaganda, und zuletzt wird es ausgehend von den Romanen „Tanz des Vergessens“ und „Spiel der Hoffnung“ um die blutige Niederschlagung der Räterepublik im Frühjahr 1919, den fatalen Aufstieg Hitlers und die kurze Zeit der Goldenen Zwanziger an der Isar gehen.
„Die virtuellen Romanspaziergänge sind zwar aus der Not der derzeitigen Ausgangsbeschränkungen geboren“, so Autorin Heidi Rehn. „Aber letztlich bieten sie allen geschichtlich interessierten LeserInnen langfristig die Möglichkeit, die historischen Hintergründe meiner Romane unter verschiedenen Stichworten nachzuerleben, auch wenn sie nicht direkt vor Ort in München sind. Alles, was nicht zwischen die Buchdeckel passt, aber trotzdem wichtig ist, findet ab sofort hier seinen Platz.“
Ich persönlich finde das eine großartige Idee! Zwar können diese Videos ganz sicher nicht das Erlebnis eines „echten“ Romanstreifzuges ersetzen, aber um einen ersten Eindruck zu bekommen, um in Erinnerungen zu schwelgen oder um das auf dem Streifzug Gelernte nochmal nachzuhören, sind diese Filme perfekt. Dieses Foto hier zeigt Heidi Rehn übrigens im Jahr 2018 beim Romanspaziergang zu „Der Himmel über unseren Träumen“:
Und wer schon sehnsüchtig auf Lese-Nachschub von Heidi Rehn wartet: Im August erscheint im Aufbau Verlag „Die Tochter des Zauberers“, ein biographischer Roman über Erika Mann und ihre ersten Jahre im amerikanischen Exil.