Schon vor zwei Jahren wollten wir nach Usedom reisen, doch familiäre Gründe zwangen uns damals dazu, die Reise abzusagen. Deshalb beschlossen wir Ende letzten Jahres, es 2020 noch einmal zu probieren. Im Nachhinein hat sich unsere frühzeitige Buchung als großer Glücksfall herausgestellt, denn die Reise ließ sich trotz Corona problemlos durchführen. Auch unsere Zwischenstopps im Spreewald auf dem Hinweg und in Weimar auf dem Rückweg waren wunderbare Erlebnisse, von denen ich hier gerne erzählen möchte.
Sonntag, 6. September: Erzgebirge – Spreewald
Unsere Anreise begann am Sonntag Morgen. Wir hatten uns entschlossen, unsere eBikes mit auf die Reise zu nehmen und so liehen wir uns erstmals von den Vaterstettener Autoteilern deren Fahrradanhänger aus. Das sorgte natürlich für ein völlig neues Fahrgefühl und ein wenig zusätzliche Spannung, aber es hat alles gut geklappt. In Stollberg im Erzgebirge legten wir eine kleine Kaffeepause ein:
Am Nachmittag erreichten wir dann Lübbenau im Spreewald. Für die Zwischenübernachtung hatten wir uns ein Zimmer im Schlosshotel gegönnt bzw. in dessen Dependance im Marstall. Bei der Buchung hatte ich um ein Zimmer mit Blick auf den Spreehafen gebeten, was leider nicht geklappt hat. Aber auch der Blick in den Schlosspark war wunderschön und das Zimmer ebenso. Positiv ist uns auch aufgefallen, dass das komplette Hotel barrierefrei gestaltet wurde, mit Rampen, Aufzügen, Treppenliften und im Erdgeschoss des Marstalls gibt es auch behindertengerechte Apartments mit barrierefreien Badezimmern.
Von unserem Quartier aus war es nur ein kurzer Spaziergang zum Spreehafen und zur Abfahrtstelle der Spreekähne. Wir hatten Glück und erwischten noch zwei Plätze auf der letzten Rundfahrt des Tages. Eine gute Stunde schipperten wir gemütlich über die Fließe, wie die kleinen Spreearme genannt werden, und erhielten von unserem Kahnführer auch noch einige launige Erläuterungen. Einiges davon kannte ich schon aus TV-Dokus, die ich über den Spreewald gesehen hatte, sowie aus Büchern, die ich gelesen hatte. In „Die Mittagsfrau“ wird z.B. viel über die Sagenwelt des Spreewaldes erzählt.
War es bei unserer Ankunft in Lübbenau gegen 16 Uhr rund um den Hafen noch recht lebhaft zugegangen, herrschte jetzt bei unserer Rückkehr gegen 18 Uhr beinahe schon tote Hose: Die vielen Gurken-Verkaufsstände waren abgebaut, die Läden geschlossen. Auch viele Lokale hatten bereits um 17 Uhr dicht gemacht. Offenbar ist der Spreewald ein typisches Ziel für einen Tages- oder Wochenendausflug und am Sonntag Abend sind die meisten Gäste schon abgereist. Wir fanden dann aber glücklicherweise doch noch ein Lokal, wo wir zu Abend essen konnten. Danach machten wir noch einen Bummel durch den Ort und bewunderten den „Sagenhaften Brunnen“, der die Sagenwelt des Spreewalds zum Thema hat:
Montag, 7. September: Spreewald – Usedom
Der Tag begann mit einem wunderbaren Frühstück im Saal des Schlosses. So ließ es sich gut in den Tag starten! Nach dem Check-out machten wir nochmal einen Spaziergang zum Hafen, wo nun wieder mehr Treiben herrschte als am vorangegangen Abend. Gut so, denn schließlich mussten wir unbedingt noch Original Spreewald-Gurken als Mitbringsel für unsere Lieben daheim besorgen.
Dann aber ging es endlich weiter in Richtung Ostsee. Leider gestaltete sich die Fahrt ziemlich zäh: Rund um Berlin herrschte so viel Stau, dass unser Navi uns auf eine Ausweichroute parallel zur Autobahn führte. Das war zumindest abwechslungsreicher als auf dem Autobahnring zu stehen. Kurz vorm Ziel standen wir dann aber erneut: Da bei Anklam die Peenebrücke saniert wird, ist die Brücke einseitig gesperrt, der Verkehr wird mit einer Ampel geregelt und natürlich staut es sich dort in beide Richtungen kilometerweit zurück. Da hieß es ausharren und geduldig bleiben. Dabei hatte unsere nette Vermieterin uns zwei Tage zuvor extra noch angerufen, um uns mitzuteilen, dass wir gerne schon früher am Tag anreisen könnten, weil unsere Ferienwohnung bereits am Vortag frei wurde. Tja, daraus wurde leider nichts, erst am Nachmittag kamen wir endlich in unserem Urlaubsort Bansin an.
Unsere Ferienwohnung war jedoch alle Mühen der Anreise wert. Schon vor zwei Jahren bei unserem ersten Buchungsversuch hatte ich mich in die Bilder der Wohnung verliebt und die Realität war dann noch viel schöner. Außerdem wurden wir von unseren Vermietern sehr herzlich in Empfang genommen und fühlten uns gleich willkommen. Für unsere Räder gab es am Haus einen abschließbaren Fahrradraum, für unser Auto einen reservierten Stellplatz und für den Fahrradanhänger fand sich ein Platz in der Garage der Vermieter.
Das Allerschönste an der Wohnung war aber natürlich der Blick aus dem Fenster, den wir in der kommenden Woche jeden Tag schon beim Frühstück ausgiebig genießen konnten. Außerdem hatte ich mir vorgenommen, jeden Morgen aus der immer gleichen Perspektive ein Foto vom Meer zu machen. Es war faszinierend, wie unterschiedlich dieser Anblick jeden Tag, ja beinahe jede Stunde war!
Doch nach dem Auspacken zog es uns endgültig hinunter an den Strand und ans Meer. Praktischerweise mussten wir dafür nur die Straße überqueren.
Es waren auch nur wenige Gehminuten bis zur Seebrücke, von wo wir einen herrlichen Blick übers Meer und unseren Urlaubsort Bansin, eines der drei Usedomer Kaiserbäder (die anderen sind Ahlbeck und Heringsdorf) hatten. Für den Rückweg nahmen wir dann die Strandpromenade und sahen dort nicht nur Nachbauten der historischen Bäderkarren, sondern auch viele schöne Beispiele der sog. Bäderarchitektur. Vor allem in der Bergstraße, in der auch unsere Ferienwohnung liegt, reiht sich ein traumhaft schönes Haus ans andere, so dass ich aus dem Fotografieren gar nicht mehr herauskam.
Nur das Abendessen gestaltete sich schwierig: Die Restaurants, in denen wir nach einem Tisch fragten, winkten allesamt ab, alles ausgebucht! Wir lernten schnell, dass es ratsam ist, vorab zu reservieren, denn aufgrund von Corona müssen die Gastronomen auch in Mecklenburg-Vorpommern besondere Regeln einhalten und ihre Tische z.B. weiter auseinander stellen.
Da wir aber ohnehin noch einkaufen wollten (der örtliche Rewe hat bis 22 Uhr geöffnet), disponierten wir eben um und kochten an diesem ersten Abend zuhause in unserer Wohnung, mit Blick auf das Meer.
Dienstag, 8. September: Heringsdorf – Ahlbeck – Swinemünde – Bansin
Eigentlich wollten wir heute nur mal eine kleine Erkundungsradtour durch die benachbarten Kaiserbäder machen, gekommen sind wir dann bis nach Polen 😉 Gut ausgeruht radelten wir auf der Strandpromenade, die sich von Bansin bis ins polnische Swinemünde erstreckt und mit 12 km Länge die längste Europas sein soll, zunächst nach Heringsdorf. An der dortigen Seebrücke (der längsten Europas mit 508 Metern) machten wir die erste Rast. Diese Seebrücke hat gleich mehrere Restaurants und Läden zu bieten und ich kaufte schon die ersten Souvenirs (Sanddorntee und -bonbons) und Ansichtskarten. Außerdem entdeckten wir im Kurpark den angeblich größten Strandkorb der Welt.
Von Heringsdorf aus radelten wir weiter nach Ahlbeck, wo wir bereits einen ersten Blick auf die dortige Seebrücke werfen konnten, berühmt u.a. aus dem Loriot-Film „Pappa ante Portas“, aber weil es uns dort gerade zu voll war, radelten wir gleich weiter. Auf der Promenade sind Fuß- und Radwege meistens räumlich voneinander getrennt oder zumindest durch Markierungen optisch abgegrenzt, dennoch muss man v.a. in den Ortszentren immer sehr aufpassen, dass einem kein Spaziergänger vors Rad läuft. Etwas außerhalb ist es dagegen deutlich ruhiger und die Fahrt zwischen schönen Villen auf der einen Seite, Wald und Meer auf der anderen Seite ist einfach nur herrlich!
Und so erreichten wir sehr schnell die Grenze zu Polen, die heute glücklicherweise ganz einfach überquert werden kann. Den ehemaligen Grenzverlauf markiert ein Spazierweg zum Meer. Das polnische Swinemünde liegt zum Teil auf der Insel Usedom, zum Teil auf der polnischen Insel Wollin, getrennt durch den Fluss Swine. Hier gibt es einen großen Hafen, in dem die Fähren nach Schweden starten, einen Leuchtturm und am Yachthafen eine urige Taverne, in der wir einkehrten. Jens genoss polnisches Bier, ich probierte leckere Piroggen.
Nachdem wir uns gestärkt hatten, fuhren wir durch den schön angelegten Kurpark zurück zur Kurpromenade, die streckenweise fast schon italienisch anmutete. Der Strand ist hier besonders breit und die Fahrradwege auch 😉
Noch ein Wort zum Wetter: Wie man auf den Fotos sehen kann, wechselten Sonne und Wolken stetig ab, geregnet hat es während unseres Urlaubs aber zum Glück nur ein einziges Mal und das auch nur ganz kurz, während wir im Restaurant saßen. Durch den stetigen Wind und den Wechsel zwischen Sonne und Wolken änderte sich aber die Temperatur sehr oft, es empfahl sich also Zwiebellook, gerade zum Fahrradfahren.
Wir machten uns nun auf den Rückweg nach Ahlbeck. Dort machten wir zunächst einen Abstecher zum Bahnhof, in dem eine Kunsthalle untergebracht ist. Neben Bildern kann man dort bei freiem Eintritt auch antiquarische Bücher bewundern (und kaufen). Als wir dort waren, gab es gerade eine Ausstellung mit Bildern von Armin Mueller-Stahl. Von dort zog es uns dann aber doch noch zur Seebrücke:
Nach einer Einkehr in einem Café machten wir uns schließlich auf den Rückweg nach Bansin. Dort angekommen, reservierten wir quasi im Vorbeifahren einen Tisch fürs Abendessen im Restaurant Meerzeit. Vor dem Essen machten wir aber noch einen Strandspaziergang und genossen den herrlichen Sonnenuntergang und die tolle Stimmung:
Mittwoch, 9. September: Koserow – Peenemünde – Karlshagen – Zinnowitz
Nachdem wir tags zuvor so viel Rad gefahren waren, wollten wir heute mit dem Auto eine längere Tour in den Norden der Insel machen. Unsere erste Station war der Ort Koserow. Die dortige Kirche spielt eine wichtige Rolle in der Novelle „Die Bernsteinhexe“, in der die Pfarrerstochter auf eine Bernsteinader stößt. Leider war die Kirche aber geschlossen, so dass wir das alte Feldsteingebäude nur von außen bewundern konnten.
Unser nächster Stopp, ebenfalls in Koserow, führte uns zu den Salzhütten, einem historischen Ensemble von alten Hütten, in denen früher das Salz gelagert wurde, mit dem die Heringe gesalzen und somit haltbar gemacht wurden. Heute haben sich hier mehrere Fischräuchereien und Lokale angesiedelt. Als wir dort waren, war es noch früh am Vormittag, deshalb war noch nicht viel los, aber der typische Räucherduft lag bereits in der Luft. Übrigens verdanken wir diesen Ausflug einem Tipp im kriminellen Freizeitführer „Mörderisches Usedom“, den ich kurz vor unserer Reise gelesen hatte.
Von hier führte uns der Weg weiter an die Nordspitze der Insel nach Peenemünde, wo wir das historisch-technische Museum besuchten. Zur Zeit des Nationalsozialismus befand sich hier die Heeresversuchsanstalt, wo Wissenschaftler wie Wernher von Braun und Hermann Oberth an der Vergeltungswaffe V2 arbeiteten. Tausende von Zwangsarbeitern und KZ-Häftlingen mussten hier schuften, ein großer Teil der nördlichen Inselregion war militärisches Sperrgebiet. Also ein wirklich dunkles Kapitel der Geschichte, das in diesem Museum sehr gut aufgearbeitet wird. Besonders eindrücklich fand ich die Darstellungen zum Zwiespalt zwischen der Wissenschaft und Forschung einerseits, zum Machtmissbrauch andererseits. Es wird erzählt, wie die Menschen in den 1920er Jahren von der Reise zum Mond und ins Weltall träumten, befeuert auch durch Filme wie „Die Frau im Mond“ von Fritz Lang oder Romane, beispielsweise von Jules Verne. Das war wohl für viele Wissenschaftler die Hauptmotivation. Gleichzeitig dienten sie aber einem Regime, das nach Weltherrschaft strebte und die Forschungsergebnisse zur Herstellung von Massenvernichtungswaffen missbrauchte. Die Frage nach der Ethik der Wissenschaft wird hier gestellt und von vielen Seiten und anhand vieler Exponate beleuchtet, aber sie kann natürlich nicht abschließend beantwortet werden. Auf alle Fälle war dies ein sehr lohnender Besuch, der uns sehr nachdenklich gemacht hat.
Nicht so lohnend war lediglich die Fahrt auf die Aussichtsplattform des ehemaligen Kohlekraftwerks. Denn wegen Corona durfte der Aufzug zur Plattform immer nur von Personen aus einem Haushalt gleichzeitig benutzt werden. Die Folge waren lange Warteschlangen für einen Ausblick auf den Hafen, der sich nicht unbedingt sooo sehr lohnte. Mein Tipp deshalb: Lieber gleich auf diese Auffahrt (kostet einen Euro extra, Ticket muss gleich am Eingang gelöst werden) verzichten und den kleinen Hafen von Peenemünde direkt besuchen. Dort liegt auch das U-Boot U-461, das besichtigt werden kann. Es soll das größte U-Boot-Museum der Welt sein, dennoch verzichteten wir auf den Besuch.
Stattdessen fuhren wir nach Karlshagen. Früher war hier militärisches Sperrgebiet, heute ist hier auf der Peene-Seite ein wunderbarer Hafen, wo man ganz frischen Fisch genießen kann, auch das ein Tipp aus „Mörderisches Usedom.“ Wir kauften uns leckere Matjesbrötchen und setzten uns auf eine Bank am Ufer, mit herrlichem Blick auf das Achterwasser.
Auf dem Rückweg machten wir Station in Zinnowitz. Dort gibt es an der Seebrücke eine Tauchgondel, mit der man ein paar Meter in Richtung Meeresboden abtauchen kann. Unter Wasser kann man zunächst durch die Fenster einige Meeresbewohner, in erster Linie Quallen, beobachten, bevor ein 3D-Film über die Ostsee gezeigt wird. Wir hatten Glück, denn als wir dorthin kamen, begann gerade der Einlass. Ich hatte mit langen Warteschlangen gerechnet, aber das war nicht der Fall. Die Fahrt dauerte eine knappe halbe Stunde, war mit 8,50 Euro Eintritt nicht allzu teuer und der Film war wirklich interessant. Ich hätte mir aber gewünscht, mehr bzw. länger unter Wasser aus dem Fenster sehen zu können.
Auf dem Heimweg gerieten wir auf der B111 in Richtung Bansin in einen großen Stau, nichts ging mehr voran. Leider gibt es auf dieser Strecke keine Ausweichrouten, deshalb fuhren wir schließlich rechts ab in den Ort Loddin. Damit folgten wir einem weiteren Tipp aus „Mörderisches Usedom“, denn unser Ziel war das Fisch- und Grillrestaurant „Waterblick“ am Achterwasser. Zwar hatten wir natürlich nicht reserviert, aber nach einigem Hin und Her bekamen wir dann doch noch einen Tisch, sogar direkt am Fenster mit Aussicht aufs Wasser – allerdings war dies der bereits erwähnte Abend, an dem es regnete, so dass wir die Aussicht nicht wirklich genießen konnten, den leckeren Fisch dafür umso mehr.
Tipp: Zum Restaurant gehört ein eigener Hausladen mit lokalen Spezialitäten. Wir haben leider den Fehler gemacht, schon vor dem Restaurantbesuch dort einzukaufen. In der Restaurantrechnung ist nämlich ein Ermäßigungsgutschein für den Laden enthalten. Also: erst essen, dann einkaufen! Als wir nach dem Essen nach Hause fuhren, hatte sich der Stau zum Glück aufgelöst.
Donnerstag, 10. September: Strand und Konzert in Bansin
Nach den Ausflügen der vergangenen Tage legten wir heute mal einen ruhigeren Tag ein und mieteten uns einen Strandkorb. Das Wetter war wunderbar und wir genossen den Blick aufs Meer. Später machten wir noch einen langen Spaziergang am Strand entlang, diesmal jedoch nicht in Richtung Südosten zur Seebrücke und zum Ortszentrum, sondern in Richtung Nordwesten, wo direkt am Ortsende von Bansin die Steilküste mit dem herrlichen Buchenwald beginnt.
Am späten Nachmittag besuchten wir noch ein Gitarrenkonzert in der Konzertmuschel an der Bansiner Strandpromenade. Die beiden älteren Herren von „Left Hands“ spielten vor allem Rockklassiker, das war ganz nach unserem Geschmack. Leider begann das Konzert mit Verspätung, weil einer der Musiker im Stau gesteckt hatte, so dass wir schon vor Konzertende gehen mussten, denn wir hatten für 19 Uhr einen Tisch reserviert, diesmal im Café Florian, das wir allein wegen seines Namens ausgesucht hatten. Es handelt sich dabei um ein italienisches Lokal und war tatsächlich unser einziges Abendessen auf Usedom komplett ohne Fisch 😉
Freitag, 11. September: Neu-Sallenthin, Benz, Mellenthin, Bansin
Heute war es wieder Zeit für eine Radtour. Die führte uns diesmal ins Landesinnere und zunächst in den nahe gelegenen Ort Neu-Sallenthin zu einem Aussichtsturm namens Sieben-Seen-Blick. Denn von hier aus kann man tatsächlich sieben Seen sehen, zumindest theoretisch. Weil jedoch die Bäume ring herum groß und dicht belaubt waren, sahen wir nur den Großen und den Kleinen Krebssee sowie den Gothensee. Aber auch so war der Ausblick schön und der Abstecher durchaus lohnenswert.
Unser nächstes Ziel hieß Benz. Hier besuchten wir zunächst die Kirche Sankt Petri, die mir ein Reiseführer wegen der herrlichen Decke mitsamt ihrem Sternenhimmel empfohlen hatte. Von dort aus war es nicht weit bis zur Holländermühle.
Bis hierhin hatten wir sehr schöne Radwege oder kombinierte Rad-/Fußwege nutzen können, doch auf der Weiterfahrt in Richtung Mellenthin standen wir bei Neppermin plötzlich vor einer Straßensperrung, der Radweg endete im Nichts und es gab auch keinerlei Hinweisschilder. Es blieb uns nichts anderes übrig, als ein Stück weit auf der B111 zu fahren, was nicht gerade angenehm war. Bei nächster Gelegenheit bogen wir nach rechts in einen Feldweg ab und näherten uns so von hinten unserem nächsten Ziel, dem Wasserschloss Mellenthin. Das hatte ganz weit oben auf meiner Sightseeing-Liste gestanden, weil ich schon mehrfach Berichte darüber in diversen Reisesendungen gesehen hatte. Das Schloss umfasst ein Hotel, ein Restaurant, eine eigene Brauerei, eine Kaffeerösterei und einen Hofladen. Um das Schlossareal betreten zu dürfen, muss man 2 Euro Brückenzoll bezahlen, die aber dann in der Gastronomie angerechnet werden. Alles an sich ganz nett, aber mir war es hier zu touristisch und auch zu voll. Zum Beispiel bildeten sich vor dem Hofladen lange Schlangen, weil nur wenige Personen gleichzeitig hinein durften. Auch der Service im Lokal war nicht ganz so optimal, so waren u.a. drei verschiedene Bedienungen für unseren Tisch zuständig (oder eben auch nicht), das schien nicht wirklich koordiniert. Wie läuft das dann erst, wenn es dort richtig voll ist?
Aber egal, wir haben gut gegessen und fuhren dann recht bald wieder weiter zur Kirche Mellenthin. Die war zwar leider geschlossen, aber auch der alte Friedhof mit den vielen von Efeu überwucherten Grabkreuzen hatte definitiv seinen ganz eigenen Reiz:
Von hier machten wir uns wieder auf den Rückweg und wählten dafür eine andere Route als auf der Hinfahrt. Die Karte zeigte uns einen Radweg entlang des Gothensees, doch in der Realität führte der Radweg leider nur an der Straße entlang, nicht am Seeufer. Dafür machten wir in Bansin noch einen Abstecher zum Schloonsee, bevor wir endgültig zur Ferienwohnung zurückkehrten:
Am Nachmittag ruhte Jens sich in der Wohnung aus, während ich noch einen Shoppingbummel durch Bansin unternahm, die Souvenirläden besuchte und im Buchladen einkehrte, aus dem ich natürlich nicht mit leeren Händen wieder heraus kam: Das Buch „Bernsteinhexe und Kaiserbäder“ beinhaltet nicht nur die Originalnovelle zur Bernsteinhexe von Wilhelm Meinhold, sondern auch viele andere Texte über die Insel, u.a. von Günter Grass, Theodor Fontane, Hans Werner Richter und vielen anderen mehr. Den Abend ließen wir dann im Restaurant des Hotels am Fischerstrand bei leckerem Essen ausklingen.
Samstag, 12. September: Ückeritz, Kölpinsee, Heringsdorf
Auch heute schwangen wir uns wieder auf die Räder, diesmal führte uns die Tour nach Norden in Richtung Kölpinsee. Dabei waren wir besonders froh um unsere eBikes, denn gleich nach Bansin ging es erstmal bergauf, schließlich beginnt hier die Steilküste, die mit einem herrlichen Buchenwald bewachsen ist. Zwischen den Bäumen schimmerten immer wieder die Ostsee und der weiße Strand hindurch:
Nachdem es eine ganze Zeit lang über unbefestigte Wege bergauf und bergab gegangen war, wurde die Route angenehmer, denn wir erreichten eine lang gezogene Camping- und Bungalowanlage. Die Privatstraße, die für Fußgänger und Radfahrer aber geöffnet ist, trennt die Ferienunterkünfte vom Strand und ist geteert, so dass es sich hier wirklich angenehm radeln ließ. In regelmäßigen Abständen führten Wege über die Düne zum Strand und an jedem dieser Wege standen ausreichend stabile Fahrradständer zur Verfügung, sehr vorbildlich!
Witzig fanden wir, dass es am Strand von Ückeritz auch einen Strandkorbverleih gibt, der neben Normalgrößen auch Strandkörbe in XL und XXL anbietet.
Wir radelten weiter bis zum Ort Loddin. Hier liegt nur wenige Meter hinter dem Deich der Kölpinsee. Wenn man oben auf dem Deich steht, muss man sich also nur einmal um 180 Grad drehen, um wahlweise Meer- oder Seeblick zu haben – herrlich!
Auf dem Rückweg machten wir nochmal in Ückeritz Halt, wo wir auf der Terrasse der Strandklause Toscana noch einen Tisch in vorderster Reihe mit herrlichem Meerblick ergatterten. Eigentlich ein italienisches Lokal, konnte man hier Berliner Fassbrause trinken und die Bruschetta gab es auch mit extra Matjes obendrauf, was ausgesprochen lecker war:
Nach unserer Rückkehr und einer Kaffeestunde daheim machten wir uns am Nachmittag erneut auf, diesmal zu Fuß, denn das herrliche Wetter lockte zu einem ausgedehnten Strandspaziergang. Der führte uns bis nach Heringsdorf. Über die Strandpromenade ging es wieder zurück nach Bansin und dabei hatte ich erneut Gelegenheit, die herrliche Bäderarchitektur zu bewundern und zahlreiche Fotos zu machen:
Zum Abendessen stiegen wir heute ausnahmsweise mal wieder ins Auto und fuhren nach Neppermin. Dort hatten wir am Vortag, als wir wegen der gesperrten Straße ausweichen mussten, ganz zufällig den Nepperminer Fischpalast entdeckt, sehr idyllisch am Ufer des Achterwassers gelegen. Dort hatten wir für heute Abend einen Tisch reserviert. Das Lokal entpuppte sich als Selbstbedienungslokal mit einer Art Schauküche, denn man konnte vom Tisch aus zusehen, wie der Fisch direkt aus der Theke in die Pfanne wanderte und zubereitet wurde.
Sonntag, 13. September: Bansin, Heringsdorf
Unser letzter Tag auf Usedom begann mit einem evangelischen Open Air-Gottesdienst mit Posaunenchor in der Bansiner Konzertmuschel. Dann kehrten wir in unsere Ferienwohnung zurück, kochten uns zu Mittag ein leckeres Essen aus den Resten unserer Vorräte und machten uns ans Kofferpacken.
Am späten Nachmittag radelten wir nach Heringsdorf, denn dort sollte heute Abend der Auftakt zur „Woche der Bäderarchitektur“ mit einer Licht- und Windinstallation stattfinden. Bevor es allerdings richtig dunkel wurde, genossen wir nochmal einen Bummel über die Seebrücke und durch den Ort:
Unser nächster Weg führte uns zum Strand und zur Diashow „Bilder im Meer.“ Heringsdorf hat nämlich seit der Fußball-EM 2012 eine riesige LED-Leinwand am Strand, vor der damals ZDF-Moderatorin Katrin Müller-Hohenstein zusammen mit Oliver Kahn das Fußball-Geschehen kommentierte. Seitdem wird die Leinwand auch für andere Veranstaltungen genutzt, beispielsweise für Open Air-Kinovorführungen. Bei „Bilder im Meer“ zeigen verschiedene Usedomer Fotografen abwechselnd ihre Sicht auf die Insel. Das Publikum nimmt dabei in Liegestühlen am Strand Platz (die Liegestühle werden gratis ausgegeben), kann gemütlich etwas essen und trinken und dabei die tollen Bilder genießen. Großartig! Nur den Moderator, der wohl als Einziger seine Sprüche witzig fand, hätte es echt nicht gebraucht, aber der war während der Fotoshow zum Glück still.
Die Bilder des Fotografen Mathias Blum fand ich sehr schön und unglaublich inspirierend. Wie gut, dass wir danach selbst einen schönen Sonnenuntergang erlebten und ich mich mit meiner Kamera austoben konnte!
Dann begann aber die Licht- und Windinstallation des Künstlerkollektivs „WiKuKu“ auf der Heringsdorfer Strandpromenade und an drei ausgewählten Villen, auf die Bilder projiziert wurden. Nachdem wir diese eine Weile bewundert hatten, fuhren wir zurück nach Bansin und gingen ein allerletztes Mal auf die dortige Seebrücke, um Abschied von diesem wunderschönen Urlaubsort zu nehmen.
Montag, 14. September: Usedom – Weimar
Am Montag Früh hieß es dann endgültig Abschied nehmen. Für die Rückfahrt hatten wir eine Zwischenübernachtung in Weimar eingeplant. Leider gestaltete sich auch diesmal die Fahrt äußerst zäh, es gab viele Baustellen und wieder herrschte Stau rund um Berlin, so dass wir dieselbe Ausweichroute nutzten wie auf dem Hinweg. So kamen wir nach sechseinhalb Stunden Fahrt inklusive nur einer kurzen Pause schließlich in Weimar an. Hier hatten wir ein Zimmer in der Pension Villa Gisela gebucht, die ein kleines Stück außerhalb des Zentrums liegt, aber wir hatten ja unsere Räder dabei.
Mit denen fuhren wir auch gleich nach dem Bezug unseres Zimmers los. Erstes Ziel: ein Café, um uns von der anstrengenden Fahrt zu erholen. So landeten wir gleich an dem hübschen Platz Frauenplan, direkt an Goethes Wohnhaus, das aber wie die meisten Museen montags geschlossen hatte. Nach dieser ersten Stärkung erkundeten wir die kleine, aber sehr hübsche Stadt, bummelten durch die Schillerstraße, an der Schillers Wohnhaus liegt, und landeten dann auf dem Theaterplatz, wo sich nicht nur das Haus der Weimarer Republik befindet, sondern auch das Nationaltheater und direkt davor das bekannte Goethe-Schiller-Denkmal.
Wenige Meter weiter erreichten wir den Goetheplatz. Hier befand sich den Sommer über der „City Skyliner“, laut Prospekt der höchste und modernste mobile Aussichtsturm der Welt. Den Prospekt samt Ermäßigungsgutschein hatten wir in unserer Pension entdeckt und so schwebten wir nun in einer drehbaren Plattform 81 Meter hoch über Weimar und genossen von dort einen fantastischen Rundblick über die Stadt – perfekt zur ersten Orientierung!
Von dort oben hatten wir auch bereits das Bauhaus-Museum entdeckt, das wir als nächstes ansteuerten. Es war schon zu spät für einen ausgedehnten Besuch, aber wir konnten zumindest im Foyer und im Museumsshop noch ein wenig stöbern. Nächster Stopp war die Jakobskirche. Hier hatten sich einst Goethe und Christiane Vulpius vermählt, außerdem liegt hier Lucas Cranach der Ältere begraben.
Von dort ging es weiter zur Stadtkirche Sankt Peter und Paul, der sog. Herderkirche, die aber leider schon geschlossen war. Johann Gottfried von Herder war hier im 18. Jahrhundert tätig und ist in der Kirche auch begraben. Außerdem besitzt die Kirche ein berühmtes Altargemälde von Lucas Cranach, aber wir konnten heute nur das Herder-Denkmal außen vor der Kirche bewundern.
Mich plagten inzwischen Kopfschmerzen nach der langen Autofahrt und ich war ziemlich k.o., also beschlossen wir, zeitig Abendessen zu gehen. Doch mittlerweile herrschte im Zentrum ziemlich tote Hose: Sämtliche Läden hatten um 18 Uhr ihre Pforten geschlossen, für uns sehr ungewohnt, nachdem in Bansin viele Geschäfte bis 20 Uhr oder sogar noch länger geöffnet hatten. Wir warfen noch einen kurzen Blick auf das berühmte Hotel Elephant und suchten nach einem Restaurant, vorzugsweise eines mit thüringischer Kost. Doch die Lokale, die wir fanden, waren entweder zu oder es war alles reserviert. Schließlich landeten wir in einer Seitenstraße bei „El Burrito“ – na gut, dann eben keine Rostbratwurst, sondern mexikanische Küche und das auch noch sehr, sehr lecker!
Dienstag, 15. September: Weimar – München
Nach einem ausgedehnten Frühstück machten wir uns noch einmal auf den Weg ins Zentrum. Denn ich wollte unbedingt die berühmte Herzogin-Anna-Amalia-Bibliothek besichtigen, die am Montag wie die meisten anderen Museen der Stadt geschlossen gewesen war. Nach einem verheerenden Brand im Jahr 2004 wurde die Bibliothek nur drei Jahre später wieder eröffnet.
Als wir gegen 9.30 Uhr dort ankamen, war bereits eine lange Schlange vor der Tür. Coronabedingt durfte nur eine begrenzte Zahl von Besuchern hinein, also hieß es warten. Gut eine halbe Stunde dauerte es, bis wir endlich ins Gebäude durften (ich bin froh, dass Jens so geduldig blieb!), doch das Warten hatte dort noch lange kein Ende, vor dem Rokokosaal mussten wir erneut abwarten, bis wieder genügend Besucher den Raum verlassen hatten. Doch die Warterei hat sich gelohnt:
Gleich neben der Bibliothek befindet sich die nach Franz Liszt benannte Musik-Hochschule, wenige Schritte weiter kommt man zum Stadtschloss. Das jedoch war gerade eine Baustelle und konnte deshalb nicht besichtigt werden.
Stattdessen radelten wir noch einmal durch die Stadt. Auf dem Marktplatz herrschte heute reges Markttreiben und ich kaufte spontan noch einen wunderschönen neuen Einkaufskorb, der perfekt auf mein Fahrrad passte. So einen hatte ich mir schon länger gewünscht, nun hatte ich mein Radl sogar dabei, um den Korb direkt vor Ort auszuprobieren, dieser Kauf machte mich also sehr glücklich und jedes Mal, wenn ich seitdem meinen Korb zum Einkaufen benutze, denke ich an Weimar zurück.
Noch ein letzter Kaffee und auf dem Rückweg noch ein Abstecher zum Alten Friedhof und ein Blick zur Fürstengruft, wo u.a. Goethe und Schiller begraben sind, dann kehrten wir endgültig zur Pension zurück, luden unsere Räder auf den Anhänger und machten uns auf den Weg nach Hause. Glücklicherweise schafften wir die letzte Etappe störungsfrei in rund vier Stunden.
Ein wunderbarer Urlaub ging zu Ende, aber die schönen Erinnerungen daran werden uns noch lange begleiten, ebenso wie das Wissen, dass es auf Usedom und auf der Strecke dorthin noch viele weitere schöne Ziele zu entdecken gibt.